AW: Die E-510 und ihr Belichtungsspielraum in der Praxis
Wenn wir das dynamische Bild am Monitor oder am Kameradisplay sehen wollen, müssen wir es in den RGB-Farbraum bringen. Dabei weisen wir den dunkelsten Pixeln den Wert Schwarz (0), denn hellsten den Wert Weiß (255) zu. Bei einer Ausbelichtung ist das ähnlich. Der Kontrastumfang liegt also bei jeder Ausgabe oder Anzeige von vornherein fest, er wird durch das Medium definiert. Das Problem der Dynamik sind also nicht die Lichter oder Tiefen, sondern die Informationen, die dazwischen liegen. Wenn der Kontrastumfang der Aufnahme höher war, als es das Ausgabemedium zuläßt, dann werden entweder die Lichter beschnitten, indem helle Partien heller, bzw. weiß werden (das ist dann der RAW-Headroom), oder dunkle Partien werden dunkler, bzw. schwarz. Alternativ könnte man die Lichter und Schatten schützen, muss dann aber die Tonwerte dazwischen beschneiden, und damit wird das Bild zwangsläufig flau. Es geht nicht anders. Der Farbraum ist wie ein Koffer, in den wir Bauklötzchen packen. Wenn er voll ist, passen keine weiteren rein, und um trotzdem noch neue hineinzukriegen, müssen wir dafür andere, die drinnen sind, herausnehmen.
Kommen wir nun nochmal zur Lichterreserve, bzw. dem "RAW-Headroom". Wenn wir die nicht angezeigte, aber noch vorhandene Lichterinformation zurückholen, dann müssen wir dafür andere Informationen aus dem Bild herauswerfen. Wir beschneiden damit die Mitteltöne und/oder Schatten. Zwangsläufig. Weil einfach nicht mehr Klötzchen in den Koffer hineinpassen. Ist unser Bild gleichmäßig(!) überbelichtet, dann können wir das in bestimmten Grenzen tatsächlich korrigieren. Wollen wir aber in einem korrekt belichteten Bild lediglich die Lichterzeichnung verbessern, dann tun wir damit der "korrekten" Information im Bild Abbruch. Es wird damit global dunkler, oder flauer, oder beides. Wenn wir nicht wollen, dass das geschieht, dann müssen wir ziemlich an der Gradationskurve herumbiegen. Wir verändern damit die Tonwerte im Bild, aber wir erhöhen damit nicht seine Dynamik. Wir ersetzen bestimmte Farb/Tonwerte im Bild durch andere. Wir komprimieren damit den tatsächlichen Dynamikumfang des Bildes in unser Ausgabemedium hinein, und wir verlieren dabei dieselbe Menge an Information, die wir gewinnen. Rein rechnerisch ist das ein Nullsummenspiel, aber ästhetisch können wir dabei sogar gewinnen, wenn wir es richtig machen, aber das ist ein völlig anderes Thema. Ein gelungenes Bild muss ja auch nicht zwangsläufig eines mit hohem Dynamikumfang sein. Je größer der Dynamikumfang unseres Sensors wird, umso mehr Informationen müssen wir in Zukunft aussortieren. Ein extrem hoher Dynamikumfang macht eigentlich nur dann Sinn, wenn man ihn so in das Ausgabemedium übertragen kann, dass das Ergebnis nicht allzu befremdlich aussieht. Aber das zu erreichen, ist nicht ganz einfach. Wir müssen der Kamera, bzw. der Software dazu beibringen, die Welt so zu sehen, wie wir sie sehen.
Warum jetzt eigentlich das Ganze? Es sollte eigentlich der Widerlegung der Behauptung dienen, die E-510 hätte einen im Vergleich zur Konkurrenz eingeschränkten Dynamikumfang. Untermauert wurde diese Behauptung mit JPEGs mit ausgefressenen Lichtern, und mit dem Magentastich. Vielleicht hat die Kamera ja wirklich einen im Vergleich zur Konkurrenz geringeren Dynamikumfang, ich weiß es nicht. Aber vom JPEG auf den tatsächlichen Dynamikumfang der Kamera zu schließen, ist problematisch, weil wir dabei die Gradationskurve außer Acht lassen, die jeweils zur Anwendung kommt.
Die ganze Sache ist also nicht ganz so einfach, wie sie manchmal dargestellt wird. Als Folge davon wird mir unterstellt, ich würde nur testen. Dabei stimmt das gar nicht. Ich habe lediglich den einen oder anderen Vergleich erstellt, um hier im Forum zeigen zu können, was ich meine. Ich habe mir auch jede Menge Mühe gegeben, um zu erklären, warum es problematisch ist, bei der Belichtung zu schlampen, und das Bild nachher per RAW und Photoshop zurechtzubiegen. Natürlich kann das jeder halten, wie er will. Aber wenn man glaubt, dass man damit an technischer Bildqualität oder gar Dynamik gewinnt, dann irrt man. Die ganze Sache ist deswegen so ermüdend, weil eine Behauptung kurz und prägnant vorgetragen werden kann, ihre Widerlegung jedoch ziemlich aufwändig ist. Die Reaktionen zeigen jedoch, dass ein Aufklärungsbedarf gar nicht vorhanden ist. Dann bliebe in Zukunft aber nur noch, entweder zu schweigen, oder Behauptungen mit knappen Gegenbehauptungen zu begegnen. Mit ersterem kapituliert man, mit zweiterem fährt man den Leuten eigentlich nur über den Mund. So stelle ich mir eigentlich keine Diskussion vor.