AW: Weißabgleich per Hand (im warsten Sinne des Wortes)
Ermittelt denn die Kamera nicht einen Mittelwert aus der aktuellen Farbsituation?
Hier wird es zumindest so erklärt.
Also demnach konnte ich mir vorstellen, dass es mit der Hand funktionieren könnte. Was es ja leider nicht tut.
Ich glaube, man sollte hier zwischen Belichtungsmessung und Weißabgleich unterscheiden.
a) Korrektur der Belichtungsmessung
Benutzt man keinen Handbelichtungsmesser, so korrigiert man den Vorgabewert des P/A/S/M-Modus (ermittelt mit Matrix, mittenbetonter Selektiv- oder Spotmessung).
Zu Analogzeiten hatte man meist folgendes Belichtungsproblem zu meistern: Matrix und mittelbetonte Messung lag bei den Motiven falsch, wo z.B. ein kleines mittiges weißes Motiv vor schwarzem Hintergrund stand. Aus Schwarz bzw. Weiß wurde dadurch Grau etc. Man behalf sich wie bei der OM-4 dann z.B. mit einer Multispotmessung, um den Belichtungsumfang des Motives zu ermitteln (ähnlich das Zonensystem in der Schwarzweißfotografie, mit dem man gleichzeitig den Kontrastumfang des Motivs abschätzen konnte).
Farbflächen spielten da nur insofern eine Rolle, als z.B. Grünflächen für den Kamerasensor "dunkler" waren als für das menschliche Auge. Die EV-Korrekturwerte musste man auswendig lernen (war also Erfahrungssache).
Heute mit der DSLR ist das viel einfacher, macht man dann doch einfach ein Probefoto und korrigiert sofort. Man kann aber immer noch alternativ eine Graukarte anmessen (mit der Kamera oder einem Handbelichtungsmesser). Das nennt man dann "Ersatzmessung".
Diese Graukarte reflektiert genau 18% des einfallenden Lichtes (+-1%). Die weiße Seite dieser "Zebrakarten" nimmt man, wenn man in Available Light Situationen fotografieren will und z.B. der Handbelichtungsmesser da nicht mehr "greift".
Hatte man damals keine Graukarte zur Hand, konnte man auch für die Ersatzmessung "Ersatzobjekte" nehmen, die zwar keinen Reflexionsgrad von 18%, dafür aber einen anderen gleichbleibenden Wert hatten. Man musste dann nur den Wert kennen, den man als EV-Korrektur an der Kamera einstellen mußte (Hand +1, grünes Gras -1 usw.). Auch das muß man auswendig lernen (gerade, wenn Farbflächen dominieren und keine Motivanteile mit "mittlerem" Grau vorhanden sind.
b) Weißabgleich
Bei analogen Kameras benutzte man Konversionsfilter, um einen unnatürlichen Farbstich zu verhindern oder zu erzeugen. DSLRs sprechen sehr empfindlich auf Mischlicht an. Ein Farbstich fällt bei Hauttönen oder weißen Sachen dem Betrachter sofort auf.
Dafür kann man von der Graukarte jetzt die weiße Seite benutzen. Grundsätzlich (und gerade bei RAWs) kann man das aber auch in der EBV korrigieren. Allerdings gibt es dann das Problem der "Erinnerungsfarben". gerade wenn die Aufnahme schon länger zurückliegt. Das sieht man in manchen Fotoreportagen, wenn die Farben nachträglich "kodakmäßig" hochgezogen oder viel zu warm korrigiert wurden.
Dann ist die Kartenmethode besser:
Die weiße Karte kontrolliert man visuell gleich am Kameramonitor beim sogenannten "manuellen Weißabgleich". Man kann aber auch hier die graue Kartenseite nehmen, um dann in der EBV mit der Pipette auf dieses "Graubild" zu gehen und den so ermittelten Wert (evt. Farbstich) dann auf alle folgenden Fotos per Batchroutine zu übertragen bzw. zu korrigieren.
viele Grüße
Michael Lindner
Es gibt da noch Feinheiten (wie die Metamerie), weil nicht Karte gleich Karte ist; die lasse ich jetzt aber mal weg.