Wie war es eigentlich früher?
Vor 15 Jahren war ich in der Weltgeschichte unterwegs und produzierte Reisereportagen, wie viele andere Fotografen. Die Reportagen wurden als Diashows gezeigt, an Reiseveranstalter verkauft, bzw. über Bildagenturen vertrieben. Und das alles auf DIAFILM. Hier galt die Devise: "was liegt das pickt". Es gab keine Möglichkeiten von nachträglichen Belichtungskorrekturen oder Weissabgleichen. Man musste mit seiner Kamera so weit fit sein, dass man unterwegs ordentliche Bilder produzieren konnte. Die Endkontrolle gab es oft erst Wochen später bei der Sichtung der Filme. Ich hab das Gott sei Dank nicht verlernt und bin in der Lage zu 99% auf Anhieb gut belichtete und farbrichtige Bilder aus der Digicam zu bekommen. Es wird zwar ein RAW mitfotografiert, aber in den meisten Fällen nur auf einer externen Festplatte archiviert. Bis jetzt hat noch kein Kunde das RAW File angefordert, weil ihm das gelieferte jpg qualitativ nicht gepasst hat.
Hm joa... wieder die Diskusssion "Was war den früher, hm?"...
Ne unsinnigere Frage fällt mir wie gesagt nicht ein... Ganz früher gabs keine Kameras, und da haben die alten Meister super belichtete, UND farbechte Bilder gemalt! Ganz ohen RAW! HAHAHA!!! Top Argument gegen RAW!
Und wenn wir unbedingt über die Analogzeit sprechen müssen:
Also zu dem bisschen was ich noch von der Analogen Fotografie mitbekommen habe (ich bin sehr sehr sehr früh in die Digitale eingestiegen),
gehört definitiv die Diskussion über das beste Labor in der Region.
Da gabs die ganzen weniger ambitionierten Kleinknipser... Die haben ihre Bilder halt im Drogeriemarkt entwicklen lassen... Da kam am Ende auch was raus, mit dem die dann zufrieden waren, und es hat auch nur kleines Geld gekostet... Die Ambitionierten Hobby und Profifotografen haben sich aber gegenseitig die Fachlabore um die Ohren geschlagen... Da giengs dann darum, in welchem Labor die das bessere Papier haben, wer ist grade der angesagte Entwickler, und wo arbeitet er, usw... "Ne, zu XY kannste nicht mehr gehen, der Herbert arbeitet da nimmer, und seither stimmt bei denen einfach irgendwie was mit den Farben nicht mehr - ick sach et dir! Ausserdem hat YZ jetzt ein deutlich besseres Papier, geh lieber da hin"
...Und die ganz extremen haben sich die nötigen Geräte angeschafft, und haben ihre Bilder beim fröhlichen Chemiekalienplanschen selber entwickelt...
Mit RAW ist diese Diskussion heute sicherlich größer, jedoch muss man auch mal sehen, wieviele Digicams (auch professionelle) Heutzutage unterm Volk sind, und natürlich auch, wieviele Bilder im Verhältnis zu früher geschossen werden...
Für mich persönlich geht es garnicht um die Diskussion "Bild retten, oder nicht", oder darum "Liefert JPEG hübsche Ergebnisse"... Ich gehöre zu denen, die schon früher davon geträumt haben ein eigenes Labor zuhause zu haben, um den Bildern den eigenen letzten schliff zu geben... Und heute geht das besser den je, und dazu noch nondestruktiv...
Für mich ist Fotografie eben noch nicht in der Sekunde beendet, wenn der Spiegel wieder runterklappt.
Und RAW bietet mir eben alle Möglichkeiten, UND spart mir Zeit im gegensatz zu JPEG... Hab das auch hier schonmal angeführt: Auch als ich noch mit JPEG gearbeitet habe, hab ich jedes Bild, das an den Kunden gieng, das Gedruckt wurde, oder das ich in eine Auswahl genommen habe, irgendwie nochmal angepackt... In PS öffnen, manchmal Gradationskurve, manchmal Tonwertkorrektur, manchmal Sättigung, vielleicht auch manchmal etwas unscharf maskieren, und in diversen Fällen auch mal ne Retusche.
Mit nem gescheiten RAW Entwicklungsprogramm brauch ich heute nurnoch einen Bruchteil der Zeit, die ich früher zum JPEG korrigieren gebraucht, und ich kann sehr viel genauer, und Qualitativ hochwertiger Arbeiten.
Aber ich sehs ja ein, das es auch Leute gibt, die mit JPEG glücklich sind... Ich sehs sogar ein, das es Anwendungsbereiche gibt, wo JPEG definitiv Vorteile hat... Wenn Heinz Kunze mit seiner Gisela ne Woche auf Malle is, und am Ende 3000 Knipsbilder mit heimbringt, die ohne Umwege und völlig asorted dazu missbraucht werden, die liebe Verwandschaft zu Quälen, dann is RAW eher nich so sinnvoll...
Auch Wenn der ambitionierte Amateur lieber Lichtbilder macht, anstatt wirklich Lichtbildwerke zu schaffen, und Tonnenweise Bilder für sich zuhause archiviert, dann reicht dem unter umständen JPEG... Selbst der Profi, der Eben als Reporter einfach irgend etwas fotografisch dokumentiert, ist vielleicht mit JPEG besser beraten.
RAW hingegen ist genau da unumgänglich, wo es auf das letzte bisschen Qualität, und unter umständen auch auf eine eigene Handschrift ankommt (genau wie die Profis früher, die ihre Bilder selber entwickelt haben, eben mit ihrer eigenen Handschrift)... Und das Argument "Merkt der Kunde ja eh nicht" lasse ich ebenfalls nicht gelten, denn ich bin der absoluten Überzeugung, das ich nur deshalb so ne gut bezahlte Anstellung habe, weil ich eben versuche das letzte bisschen Qualität was mir irgendwie möglich ist zu liefern, und deshalb den ganzen "Merken die ja eh nicht - Quäkern" vorgezogen werde.