Trotzdem möchte ich einwenden, dass ich in der beruflichen Praxis die feste Überzeugung gewonnen habe, dass die DSLR-Technik die SLR-Technik tatsächlich vor Jahren überholt hat. Und zwar, ich sage das nicht als Provokation, mit der Canon 1Ds Mark II.
Noch im Jahr 2001 hatte ich geschätzt, dass wir (ich als Leiter Visuelle Kommunikation, PR-Bereich, eines großen Konzerns, und die Photographen, die für uns arbeiten) frühestens 2005 oder 2006 ganz auf Digitaltechnik umsteigen würde.
Ich bin selbst Photograph und hatte als Bildredakteur und stellvertretender CvD in einer globalen Nachrichtenagentur die erbärmlichen ersten Schritte der digitalen SLR-Photographie miterlebt: eine sündhaft teure, unzuverlässige Kamera, die unsere Agentur zusammen mit Nikon entwickelt hatte, um einen Zeitvorteil in der aktuellen Berichterstattung zu bekommen. 1-Megapixel-Technik mit wirklich schlimmem Rauschverhalten.
Die nächste Generation kam von Kodak und Canon, kostete nur noch die Hälfte, mit doppelt so vielen Pixeln, eine Generation später war es eine Canon mit 3 Millionen Pixeln. Eine Ausstellung, die ich im Bundestag noch in Bonn organisierte, wurde mit Abzügen bis etwa 35x50cm bestückt, zur Hälfte mit analogen Bildern, zur Hälfte aus digitalen (mit 3 MP!), und einige Laien kamen schon ins Grübeln! Schon zu dieser frühen Zeit beeindruckte mich die gute Schattenzeichnung, in der Hinsicht waren die Digitalbilder gelegentlich schon besser, als die - zugegeben manchmal etwas rustikal entwickelten - Farbnegativfilme.
Trotzdem meine Einschätzung: Nicht vor 2005! Dann kaufte sich 2004 einer unserer Photographen, ich war schon lange nicht mehr bei der Nachrichtenagentur, eine der ersten Canon 1Ds Mark II. Die erste Ds hatten wir schon im Einsatz, aber mehr als Lösung für besonders eilige Jobs.
Ich verglich typische analoge Bilder (meist Diafilme zwischen ASA 50 und 100) mit entsprechenden Digitalbildern und wusste - die sind auf einem Level! Etwa gleiche PRAXIS-Auflösung, bessere Schattenzeichnung, dafür Clipping-Probleme in den Lichtern, weshalb ich bis heute meist leicht unterbelichte, auch wenn das inzwischen vielleicht nicht mehr notwendig ist.
Ich war "von den Socken"! Dann ging alles ganz schnell und innerhalb kurzer Zeit gab es bei uns keine analogen Bilder mehr - obwohl ich den Photographen keine Vorgaben machte, wer wollte, durfte zunächst auch analog weitermachen.
Ich greife immer noch regelmäßig selbst zur Kamera, und mich hat die gewonnene Flexibilität (eben noch ein 50-ASA-Bild, im nächsten Augenblick kommen 1600 ASA aus der gleichen Büchse), die gute Schattenzeichnung und der klar gewachsene Bereich, der gut durchgezeichnet wiedergeben wird - sowie die flexible Reaktion auf unterschiedlichste Lichtsituationen sehr fasziniert und, ja, begeistert, so etwas hatte ich mir immer gewünscht! Ich photographiere fast ausschließlich im RAW-Modus, das muss ich hier nicht erläutern, alles andere ist Verschwendung.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis die DSLRs vorbeizogen an den analogen SLRs - das war 2007, als die 1DS Mark III das Licht der Sonne erblickte, was für ein grotesk-poetischer Ausdruck, wenn es sich um Kameras handelt...
Wie ich schon früher hier gesagt habe, im SW-Bereich sind sie noch knapp vorne, die analogen, aber im Bereich der Farbphotographie sehen sie nur noch Rücklichter!
Natürlich gibt es noch viel zu tun, und wenn es einen noch feiner zeichnenden Sensor ohne sensor-bedingte Vignettierung in den Bildecken (Vollformat ) gibt, und ich einen feinmechanisch begabten Elektroniker finde, werde ich diesen Sensor in meine Contax G einbauen lassen, und wenn es mich mein letztes Hemd kostet - wenn ich das arme Ding nicht vorher verkauft habe. Um die tollen Biogone tut's mir wirklich Leid, da könnte ich heulen!