Ich denke schon, dass die X-M1 mit Kit auch mit der neuen RX100 konkurriert und hier den einen oder anderen ins Grübeln bringt. Die Preise sind nahezu gleich, und kompakt sind beide. Fuji wirbt ja nicht umsonst mit "DSLR-Qualität", das ist ein Begriff und Sinnbild, das auch der qualitätsbewusste Laie direkt versteht. Sony kann bei der RX100 so nicht werben, sie kostet aber trotzdem nicht viel weniger.
Wenn man sieht, wie viele fotografisch unbeleckte Knipser an typischen Touridestinationen mit Kit-DSLRs herumlaufen, scheint der Qualitätsbegriff "DSLR" durchaus in der breiten Masse zu ziehen. Sonst hätten die großen Hersteller ja auch kaum so viele Einsteiger-DSLRs mit Kits im Programm. Der Markt ist also vorhanden, und Fuji möchte sich hier ein Stück herausnehmen, indem gezielt mit DSLR-Qualität in einem handlichen Paket geworben wird, aber natürlich soll es auch unkompliziert sein und keinesfalls vollkommen anders, als diese Kundschaft es erwartet. Deshalb orientiert sich die Bedienung der Kamera eher an der XF1 oder X20, und sie übernimmt von dort auch viele Automatiken. Alles in allem also ein vollkommen stimmiges Konzept für diese angepeilte Zielgruppe.
Dass ein Teil der bestehenden X-Pro1 und X-E1 Kunden die X-M1 als Zweitgehäuse betrachtet, nimmt man natürlich gerne mit, das ist aber nicht die Zielgruppe. Selbst wenn jeder einzelne der bestehenden X-System-Kunden sich noch eine X-M1 dazukaufen würde, würde Fuji damit nicht mal annähernd das Absatzziel erreichen. Nein, die X-M1 ist für Kunden gedacht, die bisher keine X-Systemkamera haben, weil die bisherigen Angebote nicht ihren Anforderungen entsprechen, weder preislich noch konzeptionell.
Diejenigen, die in einigen Foren nun mehr oder weniger theatralisch jammern und schimpfen und zum Teil recht wüste Vorwürfe über Verrat, Richtungswechsel, gebrochene Versprechen und so weiter absondern, übersehen in ihrer Rage womöglich, dass sie mit dieser Kamera gar nicht angesprochen werden sollten, obgleich sie sich offenbar (negativ) angesprochen fühlen. Ist wohl ein bisschen so, wie wenn Porsche einen erschwinglichen Sportwagen für breite Schichten herausbringen würde, der sich eher am Mainstream als am Rennsport orientiert. Manche haben vielleicht wirklich das Gefühl, dass eine X-M1 für "Hinz und Kunz" am elitären Image ihrer leica-esken X-Pro1 kratzt, mit der sie sich bisher ganz erfolgreich von der Masse abgehoben haben. Und nun werden sie ausgerechnet von dieser Masse eingeholt.
Insofern sehe ich zumindest bei einigen auch starke (negative) Emotionen mit Spiel. Manch einer hatte wohl ernsthaft (wenngleich auch fälschlich) geglaubt, dass Fuji es bei der X-Pro1 belassen bzw. das System wenn dann nur nach oben Richtung Kleinbildformat erweitern würde, aus diesem Grund gab es auch schon zur X-E1 die eine oder andere negative Stimme, die weniger im sachlichen als im emotionalen Umfeld angesiedelt war.
Branchenkenner, die Fujifilm eine Gewinnabsicht unterstellen, gingen wiederum seit jeher davon aus, dass das System letztlich aus mindestens drei, besser vier gestaffelten Kameras bestehen muss, um profitabel und konkurrenzfähig zu sein. Wer in diesem Sektor technologisch vorne mitspielen will, muss kräftig investieren, und das kostet sehr viel Geld, das man verdienen muss, und das klappt nicht, indem man weltweit deutlich unter 100.000 Kameras verkauft. Fuji muss also wie Sony und die anderen auch in die Breite gehen. Und genau das tun sie nun, insofern gibt's an diesem Ansatz prinzipiell nichts auszusetzen.
Grade jene, die eher elitär und puristisch denken, sollten Fuji deshalb alles Gute wünschen, denn letztlich ist es auch ein finanzieller Erfolg der X-M1, der dafür sorgt, dass die Nachfolger der X-Pro1 und X-E1 keine "Leica Vario X" werden, sondern innovative Kameras, die fotografische Maßstäbe setzen. Von nichts kommt nunmal nichts.