Moinsen,
wie jetzt. die äusseren sind alle schlechter als die meiner 60d? das ist natürlich mies. ist die frage, ob ich mit dem kompromiss klar komme, oder nicht. das gilt aber nehme ich an nur für schlechte lichtverhältnisse, oder? im halbwegs normalen licht dürfte das egal sein, richtig?
Auf die Gefahr hin Off-Topic zu sein: Die 60D hat 9 AF-Messfelder, wobei auf jedem ein Kreuzsensor liegt, der mit relativ wenig Licht auskommt (für die Offenblendenmessung mit Objektiven mit einer Lichtstärke von mindestens 1:5,6). Auf dem mittleren Feld liegt ein zusätzlicher Kreuzsensor, der mehr Licht benötigt, aber dafür präziser arbeitet. Er funktioniert nur mit Objektiven mit einer Lichtstärke von mindestens 1:2,8. Das Messsystem soll (bei 23°C und ISO 100) ab LW -0,5 funktionieren, das wäre also bei Blende 1,4 eine Belichtungszeit von 3 Sekunden, wenn ich mich nicht vertue. Dabei weiß ich nicht, welche Komponenten im einzelnen wie gut bei welchem Lichtwert funktionieren. Daher sind alle diese technischen Angaben zwar nett, sagen aber nur bedingt etwas darüber aus, wie gut das AF-System tatsächlich funktioniert.
Die 6D hat 11 AF-Messfelder, wobei auf allen außer dem mittleren "einfache" Sensoren liegen. Lediglich auf dem mittleren Feld liegt ein Kreuzsensor. Alle diese sind wiederum ab Lichtstärke 1:5,6 einsetzbar. In der Mitte liegt wiederum zusätzlich ein präziser Sensor, der ab einer Lichtstärke von 1:2,8 funktioniert. Dieser ist hier allerdings so ausgelegt, dass er nur vertikale Linien erkennt. Das zentrale Messfeld soll (wieder unter den genannten Bedingungen) ab LW -3 funktionieren, also bei Blende 1,4 eine Belichtungszeit von 16 Sekunden, wenn ich nicht irre.
Alle diese Informationen stammen aus den Handbüchern der jeweiligen Kameras. Aus technischer Sicht hat also die 6D zwei Vorteile (LW -3 gegenüber LW -0,5 als Minimum sowie 2 Messfelder mehr) und zwei Nachteile (alle Sensoren außer dem mittleren nur linear sowie präziser zentraler Sensor ebenfalls nur linear). Technisch mag man argumentieren, dass ein Linearsensor schlechter ist als ein Kreuzsensor, da er nur vertikale oder horizontale Linien, nicht aber beides erkennt. Prinzipiell aber sagt das erst einmal auch nichts aus, denn – geeignete Linien im Bild vorausgesetzt – können beide Sensoren gleich gut arbeiten. Ob sich ein Unterschied ergibt, der jenseits einer rein technischen Betrachtung relevant wird, lässt sich daher nur aus der Praxis beantworten.
Wenn du also vorwiegend Motive fotografierst, bei denen sich in der Bildmitte keine erkennbare Struktur befindet, mittig ober- und unterhalb nur waagerechte Linien und ansonsten ausschließlich senkrechte Linien im Bild sind und du nicht verschwenken kannst, hast du mit der 6D tatsächlich verloren. Ich habe mein Bildarchiv noch nicht daraufhin untersucht, würde aber vermuten, dass ich eher wenige derartige Motive darin finden würde. Aber natürlich gibt es auch andere Motive, mit denen eine 6D wohl eher zu kämpfen hat als eine 60D.
Ein paar Spielereien habe ich eben einmal gemacht: Ich habe eben ein Verkehrsschild mit dem 70-200 f/1:4 anvisiert. Wenn ich der Spotmessung vertrauen darf, entsprach die Helligkeit einem Lichtwert von etwa -1. Weder die 6D noch die 60D hatten mit dem mittleren Sensor irgendein Problem. Ein schwarzes Dach mitten in der Nacht (Lichtwert etwa -4) konnte keine der beiden Kameras scharf stellen (Überraschung!). Eine Raufasertapete bei Lichtwert 3 konnten beide Kameras scharfstellen, ebenso einen eher schwach beschienenen, strukturarmen Parkettboden bei Lichwert 5. In all diesen Fällen war die 6D deutlich schneller, wenn ich entweder nur den mittleren Sensor oder aber alle Sensorfelder aktiviert hatte. Probleme gab es mehrfach, wenn ich gezielt nur einen der äußeren Sensoren aktiviert hatte; da fand die 6D mitunter den Fokus gar nicht und die 60D geriet ins Pumpen, bevor sie schließlich in fast allen Fällen den Fokus fand.
Was ist nun die Schlussfolgerung? Es gibt Situationen, in denen der AF der 60D dem der 6D überlegen ist, da erstere den Fokus findet, wo letztere versagt. Es gibt außerdem Situationen, in denen der AF der 6D schneller den Fokus findet als der der 60D. Und alle diese Situationen, in denen ich das ausprobiert habe, waren extrem gesucht. Denn normalerweise fotografiere ich weder Rauhfasertapeten noch Parkettböden im Schummerlicht und wenn ich mitten in der Nacht Straßenschilder mit einer Belichtungszeit von mehreren Sekunden fotografieren will, habe ich viel Zeit und kann manuell scharfstellen, solange wenigstens ich überhaupt noch etwas erkennen kann. Das soll nicht heißen, dass es nicht Situationen gibt, in denen das dennoch relevant werden kann. Aber ob man Gefahr läuft, in diese zu geraten, muss dann wohl jeder für sich überlegen.
Bei dem, was ich so üblicherweise fotografiere, sehe ich momentan noch nicht, wo das AF-System der 6D mich irgendwie beschränken sollte, zumal ich ohnehin fast ausschließlich mit dem zentralen Messfeld arbeite und keine Probleme mit dem Verschwenken habe, da das bei der Mehrzahl meiner Motive wenig relevant ist. Bei anderen Leuten wird das sicher anders aussehen und vielleicht kommt ja auch der Tag, an dem ich die 6D verfluchen werde. Aber bis dahin glaube ich, dass ich erstmal gut mit ihr arbeiten kann.
Und nun zu guter Letzt dann doch noch der Bogen zurück zur 5D Mk III, damit ich keinen Rüffel kriege: Ohne dass ich je mit ihr fotografiert hätte, bin ich sicher, dass sie das bessere AF-System hat. Und ich kann mir auch gut vorstellen, dass man es nicht mehr missen möchte, wenn man erst einmal damit gearbeitet hat. Wie angenehm es ist, anstelle einzelner AF-Flecken einen großflächig abgedeckten AF-Teppich zu haben, kenne ich von der EOS 3, der einzigen Kamera, bei der ich mich fast nie auf das mittlere AF-Feld beschränke.