AW: Wird es bald noch Kameras ohne LifeView geben ?
Ich denke, es gibt da noch nen ganz anderen wichtigen Aspekt... und zwar den persönlichen Anspruch an sich und andere, was man für Kenntnisse haben MUSS, um ein gutes Foto zu machen.
Ich denke, ziemlich genau da liegt der Hund begraben. Es ist ein psychologischer Effekt, den ich bei mir selbst in anderem Zusammenhang auch schon festgestellt habe: Wenn man sich Fähigkeiten und Wissen mühsam erarbeitet hat und stolz darauf ist, möchte man einfach nicht, dass sich die Technik
1. so grundlegend ändert, dass man vieles neu lernen muss und
2. vereinfacht, sodass andere ohne die erarbeiteten Fähigkeiten ähnliche gute Ergebnisse erlangen können, das eigene Können und Wissen also (scheinbar) überflüssig wird.
Ein Beispiel ist etwa Programmierung in Assembler: Jemand hat sich über Jahre mühsam eingearbeitet, Routine entwickelt und schafft es nun, unter den schwierigen Bedingungen der Assembler-Programmierung gute Programme zu schreiben. Jetzt kommt plötzlich einer mit einem ersten C-Compiler. C ist einfacher, von den Tücken der Hardware wird ein Stück weit abstrahiert, die ganzen schönen Sachen, die man gelernt hat, sollen plötzlich automatisch gehen! Man möchte eigentlich nicht, dass das funktioniert und beäugt das alles skeptisch. Heute ist es aber so, dass Assembler noch für einige Anwendungen gebraucht wird (spezielle Architekturen, Effizienzoptimierung etc.), die breite Masse schreibt aber nur noch in Hochsprachen.
So ähnlich ist es bei Kameras eben auch: Wer über lange Zeit gelernt hat, wie man mit einer SLR gute Bilder macht, hat angesichts der Entwicklungen einfach Angst, dass bald jeder, der von Tuten und Blasen keine Ahnung hat, durch einfaches Drücken auf den Auslöser ein ähnlich gutes Bild macht.
LiveView ist sicher nicht der wichtigste Aspekt dieser Entwicklung, aber vielleicht einer der markantesten, was sie für Viele zum Sinnbild der Massenmarktorientierung und Computerisierung der DSLRs macht.
Ich persönlich bin erst vor Kurzem auf eine DSLR umgestiegen und kann sagen, dass ein optischer Sucher sicher Vorteile hat (beim Einstellen eines Pol-Filters an der Bridge habe ich ihn damals vermisst), es aber auch ziemlich umständlich sein kann, immer _in_ die Kamera gucken zu müssen, statt nur hinten drauf. Die Nase klebt am Display, man verschmiert sich die Brille, man muss für einige Einstellungen doch wieder die Kamera vom Auge nehmen, man sieht immer nur mit einem Auge hinein (kann auf die Dauer Kopfschmerzen geben), ... Ein Schwenkdisplay vermisse ich oft, ebenso wie einen Kontrast-AF bei der 40D.
Wenn man das Problem des für einige Anwendungen zu langsamen und lichtunempfindlichen Kontrast-AF lösen könnte (für den Phasen-AF braucht es ja nach meinem Verständnis einen Spiegel?) und vielleicht zusätzlich zum Display noch einen eVF für zu helle Umgebungen einbauen würde, könnte man für meinen Geschmack die große, laute, teure, anfällige, ... Spiegelmechanik getrost einstampfen. (Die in diesem Forum viel diskutierten und beklagten Justageprobleme des AF-Systems hätten sich bei ausschließlicher Verwendung des Kontrast-AF gleich mit erledigt.)
Kurz: Ich bin, was die Fotografie betrifft, eben mit einer digitalen Bridge "groß geworden" (oder "nicht mehr ganz so klein"?

) und fluche über die Nachteile des für mich ungewohnten optischen Suchers. Daher muss ich aber auch Verständnis dafür haben, dass umgekehrt diejenigen, die nur diesen gewöhnt sind, LiveView mit Argwohn betrachten.