Ich denke man kann schon Geschichten in ein einzelnes Bild hinein packen. Vor der Fotografie gab es ja schon Gemälde, Wandteppiche oder gar Höhlenzeichnungen, die versuchten ein Geschehen fest zu halten. Man denke nur an eine leicht bekleidete Frau, die einem ebenso leicht bekleideten Mann einen Apfel reicht und das vor einem Baum mit einer Schlange drin. Gut, was ein Amazonasindianer jetzt darin sieht mag ich mir nicht vorstellen, aber mit christlichem Background wird man das mit einer sehr bekannten Geschichte verbinden.
Mit der Geschichte im Bild ist es ein wenig wie mit der Bildgestaltung. Eigentlich ist ein Bild ja eine furchtbar zweidimensionale Sache, wie soll da ein räumlicher Eindruck entstehen? Man bekommt es aber hin. Man kann mit Größenverhältnissen arbeiten, Perspektive nutzen, mit Vorder-, Mittel- und Hintergrund arbeiten, um nur einiges zu nennen. Dank unserer Erfahrungen gaukelt uns die graue Masse im Kopf eine gar nicht vorhandene räumliche Tiefe vor.
So ähnlich sehe ich das mit der Geschichte im Bild. Kann ich da mehrere Bildbestandteile mit Erfahrungen verbinden, dann fange ich an mir die Zusammenhänge zusammen zu reimen. Im schlechtesten Fall entschlüssele ich das Bild sofort und stelle fest, dass es keinen für mich interessanten Inhalt hat. Wenn es besser läuft dann geht das Kopfkino an und ich beschäftige mich länger mit dem Bild.
Braucht jetzt jedes Bild eine Geschichte um ein gutes Foto zu sein? Meiner Meinung nach auf gar keinen Fall. Natürlich stehen Ausstellungs- und Wettbewerbsbilder bei uns Hobby-Fotografen hoch im Kurs, aber das ist nur ein Teil des Fotouniversums. Für ein Fotobuch ist es schön einfach mal ein paar Texturen für den Hintergrund zu haben. Die „Dia-Show“ lebt erst durch „Zwischenbilder“. Derek freut sich, wenn er auf dem Foto alle Details erkennen kann, auch die störende Zigarettenkippe. Der Astronom jubelt über den Pixelhaufen, der sich nur ihm als neues Sternensystem offenbart. Nicht alle Fotos werden gemacht um Kunst zu produzieren.
Beim Thema Unbekanntes im Bild finde ich, dass das durchaus funktioniert, solange noch so viel Bekanntes im Bild ist, dass mich das Neue nicht überfordert. Ich mag es sogar, wenn ich nicht nur Altbekanntes sehe. Aber selbst der Pixelhaufen funktioniert, wenn mir der Astronom eine Erklärung darüber liefert, was ich da sehe. Man sieht, selbst Bilder, die einer Erklärung bedürfen haben ihre Existenzberechtigung.
Was ist jetzt aber das Faszinierende an Bildern mit Geschichten? Wir leben in einer Welt in der schon alles tausendfach abgelichtet wurde. Es ermüdet mich die immer wieder gleichen Motive zu sehen. Mit einer Geschichte stehen die Chancen besser, dass dieses Bild so ähnlich nur vielfach hundertfach zuvor gemacht wurde.