Ich habe mir jetzt mal den gesamten Thread durchgelesen und auch den Nachbarthread, aus dem dieser ja entstand. Es ist äußerst erschreckend, wie rapiad hier einige beschuldigen, aber leider nicht argumentieren können. Die meisten hier genannten echten Argumente (also empirisch nachprüfbar) oder Erfahrungen sprechen dagegen, dass Blitzlicht die Augen der Tiere schädigt.
Für mich selbst gibt es da zwei Punkte:
1) Schädigt der Blitz das Auge physisch?
Dazu ein Auszug aus Wikipedia über die Funktion von Zapfen (den Farbsehzellen im Auge):
Quelle
Im Dunkeln wird von der postsynaptischen Membran des Zapfens fortwährend die maximale Menge des Neurotransmitters Glutamat ausgeschüttet. Trifft Licht auf den Zapfen, werden durch eine Signaltransduktionskaskade Natrium-Ionenkanäle in der Zapfen-Zellmembran geschlossen. In der Folge ist der Zapfen hyperpolarisiert und schüttet kein weiteres Glutamat aus. Man könnte sagen, der Zapfen verhält sich wie ein Dunkelsinnesorgan, je heller es ist, desto geringer ist seine Erregung.
Über die genaue Funktionsweise von Stäbchen drückt sich Wikipedia nicht ganz klar aus. (siehe
hier) Allerdings legt der Artikel über Zapfen nahe, dass diese genauso funktionieren, nur ein anderer Sensorstoff verwendet wird:
Quelle
Im Aufbau sind die beiden Typen von Fotorezeptoren – Zapfen und Stäbchen – ähnlich organisiert und bestehen aus einem Zellkörper, einer Synapse sowie einer Zellspezialisierung: dem Innen- und Außensegment.
Es gibt jedoch auch Unterschiede:
* [..]
* Bei beiden Zelltypen findet im Außensegment („Outer segment“, OS) die Phototransduktion mittels des mit Retinal gekoppelten Sieben-Transmembranproteins Opsin statt. Das Sehpigment (Opsin plus Retinal) heißt bei den Zapfen Iodopsin und ist in vielen Membraneinfaltungen eingelagert. Bei den Stäbchen befindet sich analog dazu das dem Iodopsin ähnliche Rhodopsin („Sehpurpur“) in sogenannten „Disks“.
Die Aussage, dass die Sehzellen wie Dunkelsensoren arbeiten, also ihr Ausgang zum Eingang invertiert ist, lässt darauf schließen, dass es eine Untergrenze Null im Ausgang gibt und entsprechend dazu eine maximale Helligkeit. Über dieser Helligkeit kommt keine weitere Information mehr aus der Sehzelle. Nach dem maximalen Hell gibt es kein Heller mehr. Also kann durch zu große Helligkeit anscheinden nichts beschädigt werden. Die Sehzellen werden also in der Sättigung betrieben, dadurch gehen sie aber noch lange nicht kaputt.
Hinweis: Ich habe mit Biologie eher weniger am Hut. Generell und speziell für diesen Absatz gilt: Sollte ich etwas falsch interpretiert haben oder falsche Schlussfolgerungen gezogen haben, so weißt mich bitte drauf hin und korrigiert mich. (Bitte mit Belegen, damit ich auch noch was lernen kann.)
Bleibt noch die Frage, ob das Auge thermisch geschädigt werden kann. Dazu möchte ich mir hier nicht zu detailiert auslassen, da es schon viele Diskussionen dazu im Forum gab. Hier einige Links dahin:
https://www.dslr-forum.de/showthread.php?t=254759
https://www.dslr-forum.de/showthread.php?t=252247&highlight=handytasche+blitz
https://www.dslr-forum.de/showthread.php?t=381012
https://www.dslr-forum.de/showthread.php?t=93829
https://www.dslr-forum.de/showthread.php?t=82894
und jede Menge anderer Threads aus dem Forum
Nur soviel dazu: Unter extremen Umständen, also maximale Leistung bei größeren Geräten und nächster Nähe könnte es zu einer Schädigung kommen. Unter normalen Umständen aber nicht. Und bei dieser Problematik ist es egal, ob es sich um ein Tier oder Menschenauge handelt, da in diesem Punkt alle Wirbeltieraugen gleich reagieren. Je kleiner das Auge, umso unempfindlicher wird es sogar noch. (da bei konstanter Leistung pro Fläche bei weniger Fläche auch weniger Leistung aufgenommen wird)
Übrigens war ich erst vor wenigen Tagen im Vogelpark in Niendorf, die eine beachtliche Sammlung an nachtaktiven Vögeln dort haben. Ich war am späten Nachmittag dort zum fotografieren. Da die Sonne noch am blauen Himmel stand, war ich nicht auf einen Blitz angewiesen. Und erstaunlicherweise saßen ein Großteil der Vögel im Außenbereich ihres Käfigs. Trotz knallenden Sonnenscheins. Und hatten auch ihre Augen offen und haben mich mit riesigen Augen angeguckt. Und keiner davon war in irgend einer Weise geblendet oder konnte nichts mehr sehen.
2) Schädigt der Blitz das Tier psychisch?
Dazu wurde sich hier im Thread schon mehrfach geäußert. Wenn die Tiere der Blitz stören würde, dann würden sie ihn meiden. Im Tierpark würden sie vor den Besuchern fliehen, sobald sie eine Kamera sehen, oder der erste Blitz kommt. Da sie dies offensichtlich nicht tun, scheint es sie nicht zu beeinträchtigen. Offensichtlich fühlen sie sich durch den Blitz noch nicht einmal gefärdet. Also kann man getrost davon ausgehen, dass die Tiere auch keine psychischen Schäden davontragen.
Auch die Nahtvögel in Niendorf saßen draußen. Wenn die Helligkeit so schlimm für ihre empfindlichen Augen wäre, dann hätten sie sich mit Sicherheit im Innenraum ihres Geheges oder zumindest im dunkleren Teil des Käfigs aufgehalten. Haben sie aber nicht!
Jetzt wird bestimmt trotzdem gleich jemand kommen: "Aber das Tier könnte seelischen Schaden oder Spätschäden erleiden." Das möge derjenige bitte nachweisen, oder wenigstens Erfahrungen berichten. Helleborus und Frank2010 konnten ihre Annahmen wenigstens mit einer Beobachtung untermauern. Dessen Richtigkeit für die Allgemeinheit ist aber damit auch noch nicht bewiesen, sondern nur möglich. Bei Fallbeispielen sollte man auch immer im Hinterkopf behalten, dass dies für das eine Exemplar und damit noch nicht Allgemein gilt.
Für Wildtiere würde ich das nochmal etwas differenzierter betrachten. Der Blitz blendet, je nach Stärker mehr oder weniger, das Tier. Wenn das Tier den Blitz nur aus den Augenwinkeln sieht ist es vermutlich nicht weiter schlimm. Wenn es aber geradewegs in den Blitz gesehen hat, kann man davon ausgehen, dass es sich wie bei Menschen verhält, und diese für einige Augenblicke nur wenig sehen, sich die Sehfähigkeit aber kontinuierlich wieder erholt. Wie lange das dauert, kann durchaus anders sein, als beim Menschen. Gefühlsmäßig erscheint mir eine halbe Stunde Orientierungslosigkeit aber etwas hoch gegriffen.
Ich finde es also unfair, eine Maus direkt anzublitzen, solange ein Mäusebussard über ihr kreist. Aber wenn hunderte Fledermäuse ausschwärmen, hätte ich keine großen Bedenken, diese mit Blitz zu fotografieren.
Nachwort:
Das Thema ist sicher kein Spass, aber vielleicht sollten einige doch mal überlegen, wie viel Intensität sie in diese Diskussion stecken, wo es nur um Tiere geht. Ich bezweifle, dass die meisten von denen auch so rapiad reagieren würden, wenn sich das Thema darum drehen würde, ob man mit einer 3000€-Cam unterernährte und vollwaise Kinder ins Gesicht fotographieren darf. Ich finde diese Diskussion auf jeden Fall zu einem gewissen Grad absurd. (Bitte diesen Punkt nicht weiter ausdiskutieren, sondern einfach selber mal kurz darüber nachdenken.)