Ich frage mich, was ariovist nun von uns möchte ?
[Zitat ariovist]
"Hinzu kommt, dass viele leichte Unschärfen gar nicht sehen (wollen). Was bei 1200 px Seitenlänge scharf aussieht, reicht denen offensichtlich ... Ich muss aber in voller Auflösung öfters Bilder verkaufen, da sind Unschärfen durch SS nicht hinnehmbar."
Gut, die meisten sind danach angeblich mit schlechter Qualität zufrieden ...
Vielleicht hat es aber auch mit der Packungsdichte der Sensoren zu tun (+ Weglassen des AntiAliasing-Filters); wie ich gelesen habe, hatte auch die Pentax K20 diesen Effekt, es wurde aber nie zu einem Problem, weil das Auflösungsvermögen des Sensors nicht ausreichte, das im Bild als Unschärfe auch wirksam werden zu lassen.
Was kann man also tun ?
- immer nur weiter testen, welche Zeiten und Objektive betroffen sind
- ariovist könnte, da er ja damit auch Geld verdienen will, sich eine andere mFT-Kamera kaufen (denn der Effekt ist nicht eine grundsätzliche Eigenschaft des mFT-Sensors!)
- oder er könnte versuchen, den Effekt abzumildern, versuchen, einen Ausweg zu finden
Leider hörte sich die Diskussion streckenweise eher nach "dem einen gegen den Rest der Welt" an.
Sei’s drum …
Objektiv betrachtet gilt aber:
- es ist unbestritten, dass es den Shuttershock gibt ! (das sollten aber auch Fans wissen; ich hatte zu dem Thema vor Jahren schon mal was geschrieben und es dann einfach ad acta gelegt)
- er tritt besonders bei leichten mFT-Kameras auf
- in Kombination mit bestimmten (ebenfalls leichten) Objektiven, speziell: 1,8/17mm,, 1,8/45mm, 1,8/25mm, das 75-300 u.ä. am langen Brennweiteneende ...
Wenn man also wirklich mal ein ein paar Tipps ausprobieren möchte statt ellenlange Testreihenanzufertigen, habe ich dazu hier ein paar Sachen noch einmal komprimiert zusammengestellt:
Sie gehen im Wesentlichen auf Reinhard Wagner zurück, der sich nun wirklich viel Mühe gegeben hat, in ausführlichen Testreihen die Ursachen dieses Phänomens auszuloten (auch wenn er die kritischen Zeiten jeweils bei 1/100 - 1/250 sieht; ariovist hat ja wahrscheinlich gezeigt, dass es je nach verwendeten Objektiv auch andere Zeiten geben kann; die Vermutung von ariovist, dass es grundsätzlich auch bei z.B. 1/400 auftritt,
egal welches Objektiv man verwendet, ist aber wahrscheinlich falsch).
also:
(1.) Haltung der Kamera
Es war ja schon auffällig, dass nicht alle dieselben Phänomene auch im fertigen Bild erkennen können (das führte ja letztendlich zu diesen verbalen Ausfällen hier im Forum). Das hat aber nichts mit Unvermögen zu tun oder zu geringem Qualitätsbewustsein (s. das Zitat von ariovist am Anfang); der Shuttershock findet immer statt (auch bei anderen Zeiten, bei kürzeren wird er aber durch die Art und Weise des Verschlußablaufs höchstens nur als Unschärfe am unteren Bildrand sichtbar).
Ein Faktor kann auch die Haltung der Kamera sein (auch wenn das von ariovist angezweifelt wurde). Diese kann den Schwerpunkt des Gesamtsystems nämlich erheblich ändern (ein Weichteilkörper dämpft nämlich auch immer das Gesamtsystem, es wirkt genauso wie alle weiteren Anbauten ander Kamera, s. dazu Punkt 3). Vielleicht ist das Grund, dass manche viele unscharfe Bilder haben, andere dagegen kaum.
Aber nicht zu früh gefreut über diejenigen, die dann angeblich die Kamera “fasch“ halten (hatten wir hier als versteckte Anspielung ja auch schon); bewusst beeinflussen kann man es nämlich nicht, dafür ist wohl der zugrundeliegende Beschleunigungsvorgang zu kurz (Shutter Shock bedeutet einen Bewegungsimpuls von etwa zweihundertstel Millimeter in einem sehr engen Zeitfenster). Am wenigsten Probleme bekommt man anscheinend, wenn man die Kamera nicht zu verkrampft hält und nicht vorne am Objektiv anfasst. Man kann das ausprobieren, es bleibt aber eher Zufall, da es dem Fotografieren auch zu viel vom kreativen Impuls nimmt. Also nicht praktikabel.
2. Man erhöht die Masse des Systems
Der Shutter Shock wird von allem gedämpft, was an Massen in der Nähe der Aufnahmeeinheit da ist (bei mFT-Kameras ist der Abstand von Bajonett zu Sensorebene bedingt durch den Strahlengang ja besonders kurz); alle Anbauten scheinen den Schwerpunkt des Systems positiv zu verschieben.
Sinnvoll ist und deutlich wirksam ist es z.B., einen Batteriegriff zu verwenden (falls für die eigene Kamera verfügbar); das zeigt mir zumindest, dass sich in diesem Fall der Trend zu immer leichteren Kamera gerächt hat. Oder man setzt andere (schwerere) Objektive ein (bei adaptierten FT-Objektiven tritt trotz ähnlicher Brennweite dieser Effekt nicht auf).
3. Man erhöht die Dämpfung
a) Theoretisch hat der Stabilisator nämlich schon einen Einfluss (deshalb hatte ich ja danach gefragt). Aber anders als ich gehofft hatte, greift der IS eben nur bei langsameren Störschwingungen (Händezittern); deshalb haben die Olympus-Konstrukteure ja den AS=0-Modus nachgeschoben (z.T. per Firmwareupdate), wo dann bei 1/320 dieses Phänomen dadurch gedämpft wird, dass man den Verschlußablauf verändert (grob gesprochen). Der AS=0-Modus ist bereits ein spezieller IS-Modus. Trotzdem war meine Idee falsch: Die besten Ergebnisse über das ganze Bild betrachtet ergab bei Reinhards Testreihen wirklich IS = Auto (wie das arivisto auch schon eingestellt hatte).
Die Einstellung IS = 1 ist deutlich schlechter (
da lag ich also mal voll daneben; unklar ist jetzt noch, ob man den IS sogar am Stativ entgegen sonstiger Gepflogenheiten auf Auto stellen sollte).
Und wenn man doch mal mit IS = 1 experimentieren will, sollte man dazu unbedingt Auslöseverzögerung = Kurz einstellen (bei IS = Auto konnte Reinhard keinen positiven Effekt beobachten). Eine stärkere Auslöseverzögerung bringt dagegen nichts (was man ja erst denken sollte).
b) was man auf keinen Fall machen sollte, ist, an der Sucherstabilisierung zu drehen; wenn man mit kritischen Brennweiten in Kombination mit kritischen Belichtungszeiten fotografiert (Einstellung Anwendermenü C, Halb. Auslöser mit IS). Also bei leichten kleinen mFT-Kameras auf AUS stellen bzw. nur aktivieren, wenn man die Gesamtmasse z.B. durch einen Batteriegriff erhöht hat
c) und: die Verwendung eines Kameragurtes reduziert die Unschärfe auf die Bildränder (wenn der Verschluss also losläuft) und zwar so, dass man es nur noch in der 200 (!) % -Vergrößerung erkennt. Dazu muss (!) der Gurt aber elastisch sein: bei kurzen Belichtungszeiten kurzen Gurt hinter dem Nacken herführen (langen Gurt diagonal am Rücken), dann Gurt spannen, deshalb kann man dann den Sucher natürlich nicht nutzen, sondern nur das Kameradisplay (ohne Werbung machen zu wollen, Reinhard Wagner hat dafür den Eddy - Cam ausprobiert: mit Erfolg). Bei langen Belichtungszeiten hilft das aber nicht.
d) Dämpfung unter der Kamera: der Effekt verschwindet, wenn man die Kamera auf ein gutes Stativ setzt (schlechte Stativköpfe können aber bei längeren Belichtungszeiten dazu führen, dass durch Resonanzanregung der Effekt sogar noch verstärkt wird; auch wenn manche das nicht gerne hören: Reinhard hat nicht gesagt, dass es ShutterShock auf Stativen nicht gibt); zur IS-Einstellung (trotz Stativ !) siehe weiter oben !
(4) Man kann natürlich auch die kritischen Zeiten meiden, das ist in der Praxis aber schwierig, also nicht praktikabel
Reinhard Wagner empfiehlt also Folgendes:
- IS = Auto
- Sucherstabi = Aus
- evt. mit Auslöserverzögerung = Kurz oder AS=0 experimentieren
- bei kurzen Belichtungszeiten Kameragurt verwenden
Ganz verhindern kann man das Phänomen mit kleinen mFT-Kameras nicht. Aber vielleicht helfen ariovist ja einige dieser Tipps doch weiter ?
Michael Lindner