So, nun sind meine 622er auch angekommen. Gekauft in England, von einem asiatischen Händler (dream2buy), absolut geniale Kombination: Nur eine Woche Versand, Zoll & Steuern schon drin und trotzdem günstig (ca. 35€ /Stck. bei 4 Stck.).
Gleich mal etwas zu den Kanälen, selbst in irgendwelchen Blogs liest man da dauernd Falsches: es sind 7 Kanäle, nicht 3! Es gibt auch keinen 'Trigger-all' Kanal. Es sind einfach 7 Kanäle und Sender und Empfänger müssen auf dem gleichen Kanal sein, um sich zu verstehen. Wer das Binärsystem versteht, weiß auch was sich Yongnuo bei den 3 LEDs gedacht hat. Die Beschriftung C1-C3 ist dabei etwas unglücklich, Bit 1-3 würde es besser treffen. Es sind einfach 3 Bits, die eben 8 'Zustände' erlauben, minus der 0, die ja nicht genutzt wird - keine LED würde leuchten, Kanal 0 gibts also nicht. Ob das nun 7 verschiedene Frequenzen sind (unwahrscheinlich), oder nur 3 zusätzliche Kanalbits im Datenstrom (wahrscheinlicher), ist eigentlich egal. Stören tut man andere so oder so nicht, wenn man auf verschiedenen 'Kanälen' arbeitet, da im 2,4GHz Band nur ganz kurz gesendet werden darf. Es wäre also großer Zufall, wenn 2 Fotografen exakt in der gleichen Millisekunde auslösen und sich dabei auf der gleichen Frequenz stören würden.
Natürlich hab ich gleich die HSS-Option mit Studioblitzen ausprobiert. Was soll ich sagen: fantastisch und verblüffend. Ich hab auf die Schnelle 2 Blitzköpfe von 'Cude' probiert (wahrlich keine Markenblitze), einen 300Ws und einen 500Ws, also auch keine 'Klopper' mit ewiger Abbrenndauer. Beide funktionieren auf
allen Leistungsstufen mit allen Zeiten, runter bis 1/8000 (5DIII). Bei 1/8000 mit gedrosselten 300Ws wirds auch bei f1.2 eng mit der Belichtung, aber man kann trotzdem sehen, dass keine Streifen durch evtl. Fehlsynchronisation auftreten. Das Ganze erweitert die Verwendung von Studioblitzen schon ungemein - ich fasse es kaum, dass sowas jetzt so beiläufig in Form dieses China-Auslösers 'daherkommt'

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Nachdem ich ein 'Hardware-Fuzzy' bin, musste ich einen 622 natürlich auch gleich zerlegen und ihn mir aus der Sicht des Elektronikers ansehen. Für die Hardcorefans hab ich ein Bild von der Platine angehängt (interessante Seite, auf der anderen sind keine Bauteile, nur 2 Stecker für den Laser und den Blitzschuh). Man muss einfach feststellen, dass spätestens mit dem YN-622C Yongnuo 'erwachsen' geworden ist. Die Qualität des 622 ist absolut auf der Höhe der Zeit, ich seh da nichts mehr von 'Hinterhofschmiede' oder auch nur Kompromisse für den Preis. Anders ist ein iPhone auch nicht gefertigt, nur die Strukturen sind natürlich nicht so fein, weils schlicht nicht nötig ist. Das Gehäuse ist wirklich Klasse, gratfrei, passgenau, die LED-Anzeigen in den Gehäusekanten und somit von oben und der Seite zu sehen - das ist wirklich alles sehr schön. Der Blitzschuh ist aus Metall und die Verriegelung realisiert sogar den kleinen Stift, der in den Kameraschuh ausfährt und das Teil eigentlich 'Verriegelt', ohne dass man die Schraube 'festknallen' muss. Mein erster Metz 58 AF-1 für über 300€ hatte einen deutlich lumpigeren Schuh ...

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Auch innen ist einiges direkt verschwenderisch aufwändig gelöst. 'Anti-klapper' Schaumstoffauflagen zwischen den Tasten und der Platine, oder lösbare Steckverbindungen zwischen der Platine und dem Blitzfuß (unten), sowie dem AF-Assist Laser (Stecker sind relativ teuer) sind nette Details, die man früher vergeblich bei günstigen Asienprodukten suchte. Es ist auch alles servicefreundlich geschraubt, sogar der Blitzschuh (oben) ist nicht verlötet, was meist irreversibel ist. Stattdessen wird er mit einzelnen Federchen und vergoldeteten Kontakten auf der Platine beim Festschrauben kontaktiert, wirklich fein.
Ordentlich gelöst finde ich auch den HF-Teil, also die 'Funkabteilung'. Die gesamte, störempfindliche Elektronik ist unter einer ordentlichen Abschirmung angebracht und die Antenne befindet sich ganz vorne, oben am Gerät (auf der Platine). Somit ist auf dem Kamera die beste Reichweite gewährleistet. Außer man ist wirklich auf den letzten Meter angewiesen, glaube ich ja sowieso, diese Stabantennchen sind mehr eine Show der teuren Funkauslöser, als eine technische Notwendigkeit. Wers nicht glaubt, auch an den teuersten Handys ziehen wir keine Antennen mehr aus

... Die Reichweite hab ich nicht getestet, aber technisch spricht nichts gegen die angegebenen 100 Meter, natürlich wie immer unter 'Freilandbedingungen'. Die Verkürzung durch Wände etc. wird auch dem Normalen entsprechen.
Richtig geklotzt haben sie auch beim PC-Sync Anschluss, was dessen Robustheit anbelangt. Da schaltet ein fetter Leistungstransistor, der max. 300V, sowie 3,5-5 Amp. verträgt (nicht zusammen natürlich

, Leistung gehen so 3 Watt). Der Ausgang sollte also auch jeden älteren Blitz mit hoher Sync-Spannung überleben, was bei Yongnuo keinesfalls selbstverständlich war (Trauerspiel RF-602RX). Galvanisch getrennt (Optokoppler) ist der Ausgang leider immer noch nicht. Allerdings ist das bei einem batteriebetriebenen 'standalone' Gerät auch kein großes Thema. Aber Achtung: Am Mittenkontakt des Blitzschuhs ist der 622 nur mit dem üblichen Kleintransistor ausgerüstet, reicht für moderne Systemblitze ja auch locker (3-5V, < 1mA Triggerstrom). Falls also jemand einen Adapter hat (Schuh -> PC-Buchse, ich hab sowas von HAMA) oder gar einen Uralt-Aufsteckblitz mit Mittenkontakt und hoher Zündspannung, sollte er den
NICHT am Schuh des 622 verwenden. Wie gesagt, an der PC-Buches ist das safe, am Schuh nicht.
Was ich noch nicht endgültig klären konnte, ist der Timingzusammenhang zwischen dem Blitzschuh und dem PC-Anschluss. Fakt ist, die beiden sind nicht nur nicht miteinander verbunden, sie haben definitiv unterschiedliche Timings. Wie genau, weiß ich nocht nicht, es rentiert sich aber, wenn etwas nicht geht, es mit dem anderen Anschluss zu versuchen - so man ihn denn adaptieren kann.
Ein Wort noch zur Stromversorgung. Das Teil ist mit einem 'sparsamen' Schaltregler ausgestattet, der die Funktion von 2 - 3,5 V sicherstellt. D.h., dass auch Akkus runter bis zu ihrer Entladegrenze prima funktionieren, sprich ihre ganze Kapazität abgeben können. Bei 1V/Zelle ist eh nichts mehr drin. Der Standbyverbrauch liegt bei ziemlich genau 100mW (nur die rote LED hinten leuchtet). Der Sender kann auch 180mW verbrauchen, wenn die grünen LEDs leuchten. Das passiert aber immer nur ein paar Sekunden beim Auslösen. Schon mit guten Akkus (eneloop, 2 Stck. ca. 5500mWh) schafft man somit ca. 50 Std. Standby, mit guten Alkaline-Batterien sollten locker 80 Std. machbar sein (2 Stck. ca. 8000mWh).
Unterhalb 2V geht das Ding allerdings unvermittelt aus, eine Warnung oder Batterieanzeige gibts nicht. Kleiner Hinweis trotzdem: unter 2V geht nur die rote LED aus und das Gerät reagiert auf nichts mehr, es verbraucht aber weiterhin Strom. D.h. Akkus werden so tiefentladen und Batterien würden irgendwann auslaufen, wenn man den Ein/Ausschalter nicht auf AUS stellt. Das sollte man also besser nie vergessen.
Und gleich noch eine Warnung: die beiden Federn auf der gleichen Seite im Batteriefach sind ja nicht so intuitiv, was das Einlegen der Batterien angeht. Man sollte trotzdem SEHR genau drauf achten, da das Ding
keinerlei Verpolschutz besitzt (wer kann, kann sogar das Layout vom Schalter weg auf dem Bild verfolgen)!! Ich habs nicht probiert, aber ich schätze, falsch eingelegte Batterien führen zum sehr schnellen Exodus! Die von mir angesprochenen Schaltregler sind nicht sehr tolerant für Verpolung und gehen einfach, still und leise in die ewigen Halbleiterjagdgründe ein ...

. Also lieber 2x gucken, bevor man die Batterien einlegt! "Falsch einlegen" heißt in dem Fall übrigens, BEIDE Batterien falsch herum einlegen. Wenn nur eine falsch ist (z.B. beide mit (-) an den Federn), passiert gar nichts.
So, nun hoffe ich die Nicht-Techniker nicht zu sehr gelangweilt zu haben, aber manche interessieren sich halt doch auch fürs 'Eingemachte' und man versteht manches besser, wenn man auch mal reingesehen hat

. So richtig lässt uns Yongnuo eh nicht reinsehen, da der 'Hauptchip' (vermutlich irgendein kleiner Controller) fein säuberlich abgeschliffen und unidentifizierbar gemacht wurde - zumindest auf den ersten Blick. Klar ist auch, wenn Canon das Protokoll ändert, ist der 622 nur noch ein etwas teurer Mittelkontakt-Funkauslöser. Das aber geht immerhin immer und somit werden sie nicht ganz wertlos.
Ich werd jetzt doch mal mein altes, tragbares, batteriebetriebenes Speicherscope 'ausgraben' und mir eine Messvorrichtung für Blitze ausdenken. Mich interessiert nicht nur das Timing zur Auslösung, sondern auch die Abbrenncharakteristik der einzelnen Blitze. Daran muss nämlich auch etliches liegen, wie manche hier ja schon vermutet haben. Kann ein wenig dauern, aber dann meld ich mich wieder

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