Für mich ist die Perspektive meine Position* innerhalb einer gegebenen (ggf dynamischen) Szene.
Also nur 3 Koordinaten. Wenn die Blickrichtung Teil der Perspektive sein würde, um zu definieren was ich zu sehen bekomme, müsste dann nicht auch die Brennweite (definiert auch was im Bild zu sehen ist) und die Verzeichnung des Objektivs (definiert zT auch was zu sehen ist - z.B. Fisheye) Teil der Perspektive sein?
Die Szene gehört natürlich dazu (sonst wäre die Perspektive in der Tat sinnlos). Aber die Perspektive sagt in meinem Verständnis eben nicht aus, was zu sehen ist, sondern nur wie die Abstände und Winkel der Gegenstände zu mir und untereinander sind.
Das ist eine sinnvolle und nachvollziehbare Verwendung des Begriffs Perspektive.
Wenn man den Begriff jedoch (und auch das ist sinnvoll und nachvollziehbar) dazu verwendet, die Darstellung der Gegenstände im entstandenen Bild zu beschreiben, bekommt die Blickrichtung der Kamera (also der Hauptstrahl) auch eine Bedeutung: dadurch wird nämlich festgelegt, welche Art der Perspektive (der perspektivischen Darstellung) das Bild zeigt - Zentralperspektive (@Harmannus: ein zentraler Fluchtpunkt auf Horizontlinie), Froschperspektive (@Harmannus: mindestens zwei Fluchtpunkte), Vogelperspektive...
Das ist ein anderer (größerer) Einfluß als der der Brennweite, welche nämlich nicht die grundsätzliche Art der Darstellung, sondern nur den Ausschnitt festlegt.
Da die genannten perspektivischen Darstellungen alle auf einer Zentralprojektion durch das Objektiv beruhen, führt eine geänderte Projektion durch das Objektiv wiederum zu anderen Darstellungen: Verzeichnung führt zu als fehlerhaft anzusehenden Abweichungen derart, daß eigentlich gerade darzustellende Linien gebogen erscheinen, die Fisheye-Projektion beinhaltet grundsätzlich die gebogene Darstellung nichtzentraler Geraden.
Alle diese Faktoren (Richtung des Hauptstrahls, Art der Projektion, Brennweite, Ausschnittwahl) haben eines gemeinsam: sie ändern nichts an der Anordnung der Dinge, nichts daran, was Du von Deinem Standort aus sehen kannst und nichts daran, was auf dem Bild zu sehen ist. Letzteres ist natürlich nicht im Sinne der Ausschnittwahl zu verstehen, sondern z.B. darin, wieviel von einem Haus ein davor stehender Baum verdeckt*: das wird ausschließlich durch Deinen Standort festgelegt -
Deine Perspektive.
Teilweise (nämlich in der Blickrichtung des Hauptstrahls und in der Art der Projektion) ändern sie allerdings etwas daran,
wie diese Dinge erscheinen (werden Parallelen als solche dargestellt oder laufen sie auf einen Fluchtpunkt zu, bleiben Winkel erhalten, erscheinen Geraden gerade oder gebogen...), entscheiden also über die Art der perspektivischen Darstellung: hier kann man von der Perspektive
des Bildes sprechen.
Teilweise (nämlich in Brennweite und Ausschnittwahl) entscheiden sie nur,
ob etwas innerhalb oder außerhalb der Bildfläche erscheint.
*Den Sonderfall des objektseitig telezentrischen Objektivs können wir hier wohl außer Betracht lassen, da er in der "normalen" Fotografie keine Rolle spielt.