Ein Haufen verschiede Meinungen hier, welche die uneinheitliche Einstufung von „Kunst“ wiederspiegeln.
Nun, damit es nicht zu übersichtlich wird, möchte ich auch eine weitere Einschätzung abgeben:
„Kunst kommt von Können, käme es vom Wollen hieße es ja Wunst“ ist ein beliebter Spruch wenn es um belanglose Monumente oder wenig attraktive künstlerische Objekte geht.
Nur wie definiert man „Können“ bzw. „Wollen“? Nun, dass ist relativ einfach. Jemand mit Erfahrung, der schon länger einen bestimmten Stil pflegt und sich mit bestimmten Anordnungen oder Problemen regelmäßig auseinandersetzt fällt in die Kategorie „Können“. Ein anderer, der etwas zum ersten Mal macht oder evtl. eine Auftragsarbeit (Kreiselmitten mit mysteriösen Skulpturen füllen) ausführt welche nicht seiner üblichen Arbeitsweise entspricht, ist meistens in der Kategorie „Wollen“. Selten passiert das letzterer durch eine geniale Idee oder ein perfektes Arrangement ein Kunstwerk schafft. Der übliche Fall ist jedoch, dass unspektaktuläre Ideen oder Versuche einen Anfang bilden aus dem heraus eine Entwicklung stattfindet welche im Idealfall zu neuartigen Varianten und künstlerischen Ausdrucksformen führt.
Aber Vorsicht: Manche Ideen nutzen sich schneller ab als andere, ganz besonders jene die einem großem Publikum präsentiert werden. Je mehr Präsenz, umso schneller wird das Besondere langweilig oder kopiert. Dies ist wichtig, da künstlerische Ideen eine bestimmte Botschaft transportieren (sollen).
Fairerweise muss man auch dem „Könnern“ zugestehen zu versagen und zwar auf der Ebene der Entwicklung. Das Können ist nur die Basis, darauf aufbauend sollte sich eine persönliche Entwicklung abzeichnen, welche für den Aha-Effekt oder die Botschaft beim Betrachter sorgt. Damit ist eigentlich ein Wechselspiel aus „Können“ und „Wollen“ für einen Künstler wichtig um seinen eigenen Stil entwickeln zu können.
Ein sehr gutes Beispiel ist Picasso, auch wenn ich seine Arbeiten persönlich wenig mag (oder vielleicht ist er gerade deswegen ein gutes Beispiel). Die Entwicklung ist gut zu sehen und führte dazu, dass er als einer der größten Künstler geführt wird. Dieser Erfolg war von harter Arbeit begleitet und dem Risiko, dass seine neuen, andersartigen Bilder als Schund verlacht werden. Letztlich hatte er bereits eine solide künstlerische Basis auf die aufbauen konnte bis er mit Experimenten und Beharrlichkeit seinen eigenen Stil erschuf.
Davon ausgehend stelle ich die Behauptung in den Raum, dass der Begriff „Kunst“ stets auf ein Einzelwerk zu beziehen ist, dass entweder durch eine einzelne herausragende Idee entstand oder durch stetige Verfeinerung eines Ansatzes geschaffen wurde. Im ersteren Fall gibt es keine weiteren vergleichbaren Kunstwerke aber die Fertigkeiten(=Können) des Künstlers ermöglichten ihm diese Idee umzusetzen. Im zweiten Fall sind alle einzelnen Werke die im Laufe der Entwicklung geschaffen wurden als Kunstwerk betrachtbar und das Gesamtwerk als solches ebenfalls. Damit sind auch „lächerliche“ Gehversuche am Anfang als einzelnes Kunstwerk einzustufen, selbst wenn diese aus damaliger Sicht Schund war – die konsequente Verbesserung und Perfektionierung einer Idee trägt dem Rechnung.
Weitere Einschränkung ergeben sich noch aus dem Wechselspiel von „Können“ und „Wollen“: Es muss Können vorhanden sein, einer der Gründe warum Kinder eben nicht Kunstwerke abliefern außer diese Bilder bildeten den Anfang ihres künstlerischen Lebens UND ihres Stils. Diese Einschränkung gilt auch für große Künstler, wenn urplötzlich mit dem gepflegten Stil gebrochen wird. Alle bisher geschaffenen Werke bleiben Kunstwerke, alle neuen müssen dies erst unter Beweis stellen. Es reicht nicht aus zu sagen: Ich bin Künstler, das ist Kunst! Das Können wurde unterbrochen und durch Wollen ersetzt, damit muss erst wieder Können erarbeitet werden um diese Werke Kunst nennen zu können.
Und dann gibt es noch triviale Werke und damit komme ich endlich(!) zum Eingangspost. Es steckt zwar eine Idee dahinter aber diese ist schon alt, ausgelutscht und wird exakt so präsentiert wie es viele andere getan haben. Da hilft nicht die hilflose Begründung der Motivwahl oder der Art der Präsentation oder was es transportieren soll, es bleibt einfach trivial. Es ist keine neue Idee und es wurde kein bestehender Ansatz verbessert, es gibt nur Blah-Blub-Blah dazu. Wenn bei der heutigen technischen Perfektion(=Können) bei der Bilderstellung Erfolg durch technische Imperfektion erzielt werden soll, muss diese Imperfektion eine in sich schlüssige und neuartige Idee haben! Oder diese verfolgen, aber dies lässt sich erst im Nachhinein feststellen. Im Moment ist es keine Kunst.
Gleiches Spiel mit Kacke als Kunstwerk oder ähnlichen Krempel. Immer wieder unsinniges Zeug in Ecken zu stellen, zeigt zwar das man perfektes Können hat, beharrlich chaotisch Dinge irgendwo hinzustellen, doch da fehlt das Wollen sich weiterzuentwickeln. Ganz besonders schlimm finde ich bei den beiden letztgenannten Beispielen das viele Gerede um die „Kunst“. Ein Kunstwerk transportiert etwas Besonderes und muss nicht mit ewigen Worten erklärt werden. Da wäre ich wieder bei Picasso, sein „Guernica“ ist ein merkwürdiges Bild aber es transportiert seine Botschaft ohne Worte. Jede Beschreibung welche Bedeutung die einzelnen Figuren haben ist irrelevant, der Titel und der geschichtliche Kontext führen dazu, dass das Werk für sich selbst spricht und innerhalb dieser Grenzen frei vom Betrachter interpretiert werden kann.
Wer es bis hier ausgehalten hat, vielen Dank fürs Lesen und Kritik ist auch willkommen.