AW: Die E-510 und ihr Belichtungsspielraum in der Praxis
Und genau das ist mein Problem. Je größer der sogenannte "RAW-Headroom" ist, desto mehr Dynamik verliere ich, wenn ich korrekt nach Histogramm und Spitzlichtanzeige für ein korrektes Bild belichte.
Vielleicht sollten wir den Begriff "RAW-Headroom" einmal genauer herausarbeiten... Ich habe den Verdacht, dass manches Missverständnis daher rührt, dass der Begriff selbst unscharf ist. Mir scheint vor allem nicht festgelegt, wo der RAW-Headroom überhaupt genau anfängt. Fängt er da an, wo die Kamera im JPEG anfängt, bei Kontrasteinstellung "0" die Lichter weiß (255/255/255) abzubilden? Oder da, wo die Kamera im JPEG mit flachstmöglicher Gradationskurve, d.h. geringstmöglichem Kontrast (-2) beginnt, die Lichter weiß abzubilden? Oder dort, wo der RAW-Konverter (welcher?) bei standardmäßiger Kurve (oder bei einer anderen?) anfängt, die Lichter zu weißen?
Dann haben wir meines Erachtens unabhängig davon, was der Sensor an Gesamtdynamik hergibt, mit "normaler" Kontrastabstimmung, das heißt bei JPEG mit Kontrast="0" oder bei RAW mit "normalem" Kontrast und Default-Kurve, schon mal immer den Fall, dass die Schatten früher absaufen als in den Sensor-Rohdaten, und dass die Lichter früher ins Weiß laufen als in den Sensor-Rohdaten. Das heißt, wenn Du normale Aufnahmen mit "normaler" Einstellung oder "normaler" RAW-Entwicklung machst, nutzt und brauchst Du sowieso nicht die volle Dynamik. Brauchst Du mehr, wirst Du Maßnahmen zur Dynamikerweiterung ergreifen - also etwa das Absenken des Kontrasts fürs JPEG oder das Nutzen entsprechender Möglichkeiten im RAW-Konverter. Und bei letzterem beginnt dann ab einem bestimmten Punkt irgendwo der RAW-Headroom eine Rolle zu spielen. Nur, ab welchem? Ich vermag es nur schwer zu sagen, aber davon hängt genaugenommen ja die Antwort auf die Frage ab, wieviel "Dynamik" Du gegebenenfalls "verlierst", wenn Du ihn nicht nutzt.
Hätte meine Kamera tatsächlich einen "Headroom" von drei (!) vollen Blendenstufen (von dem Wert war ja hier die Rede),
Nun, drei Stufen kann ich ja auch nicht sehen, ich gehe zumindest bei meinen Kameras (ohne genaue Messungen zu haben, aber dafür bliebe auch das oben genannte Definitionsproblem noch bestehen) mit Deiner weiter unten nochmal zitierten Beobachtung von 0,3-0,5 Stufen (bevor einer der Kanäle clippt) durchaus konform, die sich bei einer auf 8-9 Stufen beschränkten Gesamtdynamik für mich aber in Einzelfällen immer wieder als enorm hilfreich herausstellt.
dann würde ich damit diese drei Blendenstufen mit jedem Bild verschwenden. Möchte ich sie dagegen nutzen, dann muss ich die für das Motiv wichtigen Lichter exakt um den Wert dieses Headrooms überbelichten - wie soll das in der Praxis gehen? Verstehst Du, was ich meine?
Ich denke ja. Obwohl - wenn's so wäre, und wenn man genau wüsste dass es so funktioniert, wär's eigentlich kein Problem -- selektive Belichtungsmessung auf die Lichter und dann noch drei Stufen dazugeben, das ist, wenn man's nicht supereilig hat, ja eigentlich kein Problem.
Deswegen kann ich mir auch nicht vorstellen, dass die Hersteller tatsächlich mit Absicht eine so große Reserve einbauen - ich hab's auch noch bei keiner DSLR so erlebt. Es wäre außerdem unlogisch. Für die dunklen Motivpartien kommen ja sowieso nie genug Photonen auf dem Sensor an. Je mehr man oben als "RAW-Headroom" reserviert, desto mehr rauscht es dann unten.
Theoretisch ja. Praktisch erlebe ich, dass bereits bei -0,3 bis -0,5 Korrektur per RAW Clipping, bzw. Tonwertabrisse auftreten, dass das Anheben der Mitteltöne oder Tiefen um diesen Wert aber praktisch nicht zu vermehrtem Rauschen führt.
Mag sein, aber es macht mehr Arbeit, wenn man das Ergebnis vom Tonwertverlauf her so haben will, wie wenn man gleich richtig belichtet hätte, und verschenkt Dynamik.
Ich denke, das kommt daher, dass die Konverter standardmäßig den "Headroom" nicht berücksichtigen.
Tja, hier schlägt wieder die Unschärfe des Begriffs durch - wo fängt er jetzt genau an, dieser "Headroom"? Und, wie gesagt, ich weiß nicht, wie andere Konverter das machen, aber bei Silkypix arbeitet die Kurve definitiv auf den bereits durch Anwendung derjenigen internen Kurve verarbeiteten 8-Bit-Tonwerten, wie man sie durch Voreinstellung der Helligkeits- und Kontrastparameter erzeugt. Da ist dann genau soviel "Headroom" mit drin, wie man durch diese Parameter (einschließlich etwaiger Aktivierung der "DR-Expansion") mit reingeholt hat.
Um die verlorenen Lichter zurückzuholen, muss man sie irgendwie, z.B. per Minus-Korrektur oder Sonderfunktion vor den Wert "255", also vor die "Lichtergrenze", nach links ins Histogramm, bzw. in den sichtbaren Bereich bringen. Was da kommt, hat in aller Regel aber keine Farbinformation mehr (oder eine falsche).
Und hier sind wir wieder bei der Frage, wie groß ist der
nutzbare Bereich des "Headrooms", das heißt von dem Punkt, welchen auch immer wir als Anfang definieren wollen (wie oben problematisiert), bis zu dem Punkt, an dem einer der Kanäle clippt. Und da ist, meine ich, jede Drittel-, ach was, jede Sechstelblendenstufe hilfreich...
Bei Wolken im grauen Himmel fällt das nicht weiters auf, wenn die Wolken grau werden. Bei einem Produktfoto (z.B. Unterwäsche, Schmuck etc.) könnte ein Highlight-Recovery dagegen tödlich sein.
Soweit völlig klar.
Jetzt versuch mal, bei einer Armbanduhr oder einem polierten Messer den "Headroom" perfekt auszunützen, und die Spitzlichter exakt so überzubelichten, dass sie gerade noch weiß sind, und noch nicht grau, und auch nicht zu groß, bzw. nicht ausfressen. Und das ohne Hilfe von Histogramm und Highlight-Anzeige. Ich würde mich wahrscheinlich nach einer Stunde erschießen. Deswegen will ich gar keinen großen "Headroom", mir ist möglichst viel Information im normalen Farbraum lieber.
Ich denke, der Unterschied zu Deiner herkömmlichen Herangehensweise wäre so groß gar nicht (Belichtungsmessung und -korrektur ggf. wie weiter oben angedeutet). Und sowohl Histogramm als auch Spitzlichteranzeige sind für den RAW-Fotografen ja ohnehin nur als Näherung zu gebrauchen, da sie sich nur auf das JPEG-Resultat (bei RAW-only das eingebettete 1600x1200-JPEG) beziehen, dessen Helligkeitsverteilung und dessen Highlight-Clipping durch die Kontrasteinstellung an der Kamera bestimmt werden. Wenngleich bei Kontrast -2 wohl immerhin eine halbwegs vernünftige Näherung dafür herauskommt, was im RAW drinsteckt.