Das Wesen des Web ist es, dass digitale Inhalte schnell und beliebig oft reproduziert und verteilt werden können. Diese Tatsache ist völlig unabhängig von der jeweiligen Rechtslage oder irgendwelchen Rechtsbelehrungen als Bestandteil des Inhalts.
Das Wesen des Straßenverkehrs in größeren Städten ist es, daß Ein- und Ausfahrten und Rettungswege ständig zugeparkt werden...
Zunächst mal stellt man Schilder auf, um auf an sich banale Selbstverständlichkeiten noch mal hinzuweisen und hofft auf den Effekt der schlichten Drohung.
Das hilft in manchen Fällen - der Mensch ist nun mal so gestrickt, daß er angesichts eines Blechschildes "Widerrechtlich geparkte Fahrzeuge werden unverzüglich kostenpflichtig abgeschleppt!" eher darauf verzichtet, sein Auto falschzuparken, als wenn er an einer Stelle zu stehen kommt, bei der er sich fragt: "Ist das überhaupt 'ne Einfahrt? Und wenn ja - wird die überhaupt noch genutzt, so zugewuchert wie das hier aussieht?"
In anderen Fällen hilft es nicht. Da kommt dann der Abschlepper. Dann schimpft und greint der Autofahrer. "Aber ich war doch nur 2 Minuten... da hätten die doch auch warten... Sauerei!"
Die Schlussfolgerung daraus ist, wer nicht möchte, dass seine Bilder reproduziert und verteilt werden, legal oder illegal, der darf schlicht nichts im "digitalen Raum" veröffentlichen.
Diese Schlussfolgerung ist genauso unsinnig wie die Schlussfolgerung "Wer nicht möchte, daß sein Fahrrad geklaut wird, darf es eben in bestimmten Stadtvierteln nicht auf der Straße stehenlassen, auch nicht abgeschlossen."
Eine Veröffentlichung im Internet erhöht das Risiko, daß ein Bild "geklaut" wird.
Das ist ohne Zweifel vollkommen richtig.
Nur: es ändert a) überhaupt nichts an der Rechtslage und b) auch nichts daran, daß das Internet nun mal ein Medium ist, in dem viele veröffentlichen
möchten.
Und diejenigen, die das tun, überlegen sich nun eben: Was kann ich machen, um einen "Bilderklau" zu verhindern oder wenigstens zu erschweren?
Berechtigte, sinnvolle Frage.
Genauso wie die Frage: Was kann ich tun, um die Brandgefahr in meinem Hause zu verringern?
Völlig eliminieren kann ich sie nie, deutlich verringern kann ich sie schon. Je erfolgreicher ich sie verringere, desto unbequemer wird es - jede Türe zur Feuerschutztür zu machen ist ziemlich unbequem und lästig. Alles mit einer hochwirksamen Alarmanlage zu sichern, ebenfalls.
Ich habe aber noch niemanden getroffen, der ernsthaft gesagt hätte: "Feuerlöscher sind sinnlos, es brennt ja trotzdem dauernd irgendwo, also kann man sich die Dinger auch gleich schenken."
Also sucht der Mensch einen Weg und findet irgendeinen Kompromiß, den er für sinnvoll hält.
Das kann ein ©-Zeichen über das Bild gelegt sein, daß kann ein mahnend formulierter Hinweis sein. Ist der Hinweis völlig absurd formuliert, wird er seinen Zweck eher verfehlen, weil jemand, der vorsätzlich das betreffende Bild verwendet, vielleicht unterstellt: Hunde, die Unsinn bellen, beißen nicht. Lautet der Hinweis auf einer Website eines Unternehmens oder einer Institution dagegen "Wir verfolgen jede widerrechtliche Verwendung der hier veröffentlichten urheberrechtlich geschützten Inhalte umgehend mit einer kostenpflichtigen anwaltlichen Abmahnung!", dann wird sich der eine oder andere, der gerade darüber nachdenkt "Ach, kann ich das nicht doch einfach nehmen, das merkt doch keiner...", das noch mal überlegen.
Und schon hätte der Sermon seinen Zweck erfüllt.
- Veredlung von digitalen Inhalten
In der Regel stellt ein motivbeeinflussender Urheber- oder Verwertungshinweis auf einem digitalen Medium, anders etwa wie bei einem Kunstdruck mit Signatur und Echtheitszertifikat, keine Veredlung dar.
Das ist völlig richtig, aber eben das Problem des jeweiligen Urhebers. Es gibt Frauen, die strippen nackt auf der Bühne, und andere lüpfen nur mal kurz die Bluse und sagen "Nur mal kurz gucken!"
Wenn meine Absicht es ist, möglichst der ganzen Welt wunderschöne Fotoalben meiner Reisen nach Kafiristan zu zeigen, ist ein dickes, fettes, halbtransparentes ©-Zeichen über allen Bildern eher kontraproduktiv. Das rechte Bildgenußerlebnis wird sich bei den Betrachtern dann eher nicht einstellen...
Wenn es meine Absicht ist, potentielle Käufer mit meinen Bildern aus Kafiristan "anzufixen", damit sie schöne Posterprints im Online-Shop bestellen, dann ist ein dickes, fettes, halbtransparentes ©-Zeichen ein probates Mittel der Wahl.
Absurd wird es aus meiner Sicht immer dann, wenn der Hinweis die einfache Nutzung in Form des Anschauens unmöglich macht.
Ob das "absurd" ist, hängt zunächst mal allein vom angestrebten Zweck ab. Der ist ja nun aber bekanntlich nicht immer gleich.
Davon abgesehen: wir leben in einem freien Land, und es gehört zu den elementarsten Grundrechten jedes Bürgers, sich absurd zu verhalten.
- Schutz vor Vervielfältigung
Wie oben ausgeführt ist ein Urheber- oder Verwertungshinweis kein grundsätzlicher Schutz vor Vervielfältigung. In Zeiten digitaler Bildbearbeitung ist aber auch der Schutz vor der Entfernung des Hinweises nicht gegeben. Ausnahme - siehe vorheriger Punkt.
Kein Tesor ist "unknackbar". Tresorhersteller verkaufen -
Zeit.
Die Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen hängt einzig und allein davon ab, wie umständlich es im jeweiligen Zusammenhang ist, sie ggf. auszuhebeln oder zu umgehen. Je aufwendiger dies ist, desto mehr Leute werden darauf verzichten, sich an der Aushebelung der Schuztmaßnahmen zu versuchen.
Auch Flash z.B., für meinen Geschmack eine echte Pest, lässt sich durch einen Screenshot umgehen. Viele Knalldödel werden indessen schlicht zu faul für den Aufwand sein.
- Rechte
Die Wahrung der eigenen Rechte ist bei illegaler Nutzung eines digitalen Inhaltes, gelinde gesagt, schwierig, kostspielig und in nur wenigen Fällen umsetzbar.
Nein. Das ist unrichtig, jedenfalls in dieser Pauschalität. Sofern der Täter in Deutschland sitzt, ist es eigentlich sehr einfach. Und die Tendenz - siehe z.B. Frankreich - geht im Moment klar dahin, den Urhebern und Rechteinhabern bessere Instrumente in die Hand zu geben, ihre Rechte zu wahren.
Der Schutz von Urheberschaft und Verwertungsrecht ist aber in jedem Fall auch ohne entsprechenden Hinweis auf dem digitalen Inhalt gegeben.
Ja. Und trotzdem steht an fast jeder Ein- und Ausfahrt ein Schildchen "Ausfahrt freihalten! Widerrechtlich parkende Fahrzeuge werden..."
- Werbung und Information
Dies ist der einzige Punkt, bei dem aus meiner Sicht die Verwendung eines Hinweises auf die Urheberschaft sinnvoll ist - natürlich nur, wenn dieser Hinweis die einfache Nutzung nicht unmöglich macht.
Der Hinweis auf die Urheberschaft ist immer sinnvoll. Allein schon, um dem Betrachter deutlich zu zeigen, wer das Werk denn geschaffen hat... Soviel Eitelkeit darf sein...
- CC Lizenz
Aus den zuvor aufgeführten Gründen schützt die CC-Lizenz in der Praxis nicht so sehr den Urheber oder Inhaber der Verwertungsrechte. Vielmehr gibt die CC-Lizenz vor allem dem Nutzer eine gewisse Rechtssicherheit - bei allen damit verbundenen Schwierigkeiten.
In diesem Zusammenhang ist die CC-Lizenz ungefähr so etwas wie die Idee, sein Geld freiwillig zu verschenken, bevor einem die Geldbörse gestohlen wird. Kann man natürlich machen, ist aber mit dem Attribut "absurd" nicht ganz unzutreffend charakterisiert.
Etwas anderes ist es, wenn ein Urheber
möchte, daß seine Werke auch von anderen genutzt werden. Sei es aus Eitelkeit, sei es aus Altruismus. Dann gibt die CC-Lizenz allen Beteiligten eine
gewisse Sicherheit vor unliebsamen Überraschungen. Die einschlägigen Urheberpersönlichkeitsrechte und bestimmte Rechtsansprüche des Urhebers bleiben trotzdem gewahrt, soweit sie qua Gesetz unverzichtbar sind. Das allerdings kann dem Urheber in diesem Zusammenhang herzlich egal sein, es zwingt ihn ja keiner, ggf. später einmal gewisse Rechte geltend zu machen. Für den Nutzer, der auf Grundlage einer CC-Lizenz o.ä. in Deutschland (oder anderen WIPO-Vertragsstaaten) das Werk nutzt, bleibt hingegen immer ein unauflösbares Restrisiko. Aber das ist nicht das Bier des Urhebers, und in der Praxis ja auch meistens rein akademisch.
Was bleibt also?
Letztlich doch nur die Feststellung, dass gerade motivverändernde Hinweise allem möglichen dienen, nur nicht dem irgendwie gearteten Schutz des digitalen Inhalts.
Und genau das ist m.E. falsch. Natürlich dienen solche Hinweise dem Schutz des Werkes (
Inhalte sind ohnehin nie urheberrechtlich geschützt...). Je nach dem wie sie ausgestaltet sind, schützen sie auf Kosten der Benutzerfreundlichkeit oder sogar der Wiedergabequalität.
Das aber muß dann der Urheber/Rechteinhaber mit sich und seinen Nutzern abmachen...

Es kann doch genauso gut auch sein, daß dem Urheber/Rechteinhaber der erzielbare Schutz die Beeinträchtigung Wert ist. Wenn's dem Betrachter dann nicht gefällt, geht er eben woanders gucken. Andere Mütter haben auch schöne Töchter, so what? Wo ist das Problem?
Nicht mehr lustig finde ich es hingegen, wenn die Indoktrination des "Copyrightwahns" soweit geht, dass Politik und Wirtschaft das Recht auf Privatkopie anzweifeln oder gar das Recht auf ein Zitat, ja auch ein Bildzitat, in Frage stellen.
Es gibt ja auch kein "Recht auf Privatkopie"...

(Jedenfalls nicht im Sinne von Rechts
anspruch.)
Wenn es mir als Urheber gelingt, eine Kopie (fast völlig) wirksam zu verhindern, z.B. indem ich einen Text in grüner 4-Punkt-Schrift auf gelb-rot-gerastertem Papier drucke und so jede lesbare Fotokopie und jeden OCR-Scan unmöglich mache, dann ist das mein gutes Recht, dann guckt der "Privatkopierer" in die Röhre. (Bzw. muß den Text abschreiben...)
Das UrhG sagt: "einzelne Kopien zu ausschließlich privaten Zwecken" sind
zulässig -
wenn man sie denn machen kann. Der Urheber oder Veröffentlicher muß sie keineswegs möglich machen, er darf sie verhindern, wenn er das hinkriegt.
(Feiner, aber entscheidender juristischer Unterschied - "es ist zulässig, xy zu tun" ist etwas völlig anderes als "ich habe einen Rechtsanspruch, xy zu tun"... Und bei Noten z.B. gibt es übrigens noch nicht mal die Zulässigkeit der Privatkopie...)
Das "Zitatrecht" stellt niemand in Frage, es ist sogar vor kurzem noch im UrhG erweitert worden. Allein: ein Zitat ist ein Zitat ist ein Zitat. Eine Vervielfältigung ist eben kein "Zitat". Ein Zitat setzt immer eine quantitativ größere eigene Geistesanstrengung voraus als das Zitierte es ist. (Stark vereinfacht gesagt.)
Es liegt in der Natur des "Zitatrechts", daß es eine Grauzone gibt, in der ein Abgrenzungsbedarf besteht - diesen erledigen im Streitfall die Gerichte. Wer auch sonst? (Moskau-Inkasso? Die Mafia?)