Das ist eben das Problem mit Kunden im untersten Preissegment. Man muss es leider so ehrlich sagen: diese Kundschaft ist meist nicht gerade mit Einsichtsfähigkeit, Realismus und geschäftlicher Erfahrung gesegnet.
Kunden im "unteren Preissegment" haben da regelmäßig mehr Realismus als die in höheren "Segmenten". Wer wenig Geld hat, lernt meistens ganz gut, damit vernünftig umzugehen.
Davon abgesehen: die berechtigten Ansprüche des Kunden sind im "Billigpreissegment" genauso groß wie im "Hochpreissegment".
Eine Kaffeemaschine für 19,95 Euro muß genauso funktionieren wie eine für 1995 Euro, sie muß elektrisch genauso sicher sein, und die Gewährleistungsansprüche des Kunden an den Verkäufer sind exakt dieselben.
"Hat ja auch nur 19,95 Euro gekostet, da darf man sich nicht beschweren, wenn sie nach 4 Monaten den Geist aufgibt" ist schlicht falsch. Doch, da darf man sich beschweren.
Und dann auch noch überkreuz mit halbgaren Bekanntschaften - volle Deckung, sowas geht meistens schief.
Andere Baustelle - mit Freunden und Familie macht man keine Geschäfte. Wenn, dann arbeitet man da gratis, und nimmt es als Möglichkeit zum Üben oder um Referenzen zu erstellen. Generell aber würde ich eher davon abraten - es gibt nämlich neben anderem noch das merkwürdige Phänomen, daß die Leute oft bei kostenlosen Leistungen viel kritischer sind als bei solchen, die sie teuer bezahlt haben...
Was übrigens nachvollziehbar ist: wenn ich 5000 Euro für Hochzeitsfotos ausgegeben habe, dann muß ich vor mir selbst meine Entscheidung rechtfertigen. Die Fotos
müssen gut sein - anderenfalls müsste ich nämlich einen sehr teuren Fehler zugeben, bei der Auswahl des Fotografen. Bei "gratis" kann gemeckert werden, da kann ich ja keinen Fehler gemacht haben.
Ich kann nur jedem empfehlen, ein Praktikum in einem Mediamarkt an der Supporttheke oder in einem Aldi zu machen, bevor er sich in den Kundenverkehr stürzt. Nach einer Woche Genuss von Kunden aus der Preisklasse ist klar, wie der Hase mit dieser Klientel läuft
Kann nie schaden.
-> Ansprüche aus der Luxusklasse, aber Geiz-ist-Geil-Zahlungsbereitschaft
Siehe oben. Auch im 1-Euro-Laden habe ich als Kunde Anspruch auf intakte, funktionstüchtige Ware und die volle gesetzliche Gewährleistung. Das ist keine "Anspruchshaltung", sondern pure Selbstverständlichkeit. Und wenn ein Anbieter diese Leistung für 1 Euro nicht bieten bzw. gewährleisten kann, dann darf er es eben nicht tun. Er kann es aber nicht auf die Kunden abwälzen.
-> null rechtliche Erfahrung oder Belesenheit, dafür aber Kenntnis jeder Menge urban Legends
Da unterscheidet sich Otto Normalkunde leider in keinem Stück von Otto Normalhändler...

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-> vorher die Zähne nicht auseinander kriegen, aber sich hinterher um so lauter beschweren
Das ist nur menschlich, und muß durch ein gutes Kundenmanagement aufgefangen werden. Als Anbieter muß ich den Kunden ermuntern, Kritik zu üben. Ich muß sicherstellen, daß er wirklich zufrieden aus dem Laden geht, und nicht nur schweigend, weil er sich nicht traut.
Wer die Annahme solcher Kundschaft (noch) nötig hat, tut mir wirklich leid.
Wer heute über seine Kunden meckert, ist spätestens übermorgen pleite.
Der Kunde hat immer recht.
Wenn der Kunde unzufrieden ist, habe ich als Händler, Hersteller, Dienstleister etwas falsch gemacht.
Ganz abgesehen davon, dass man keine Rohdaten zur Bearbeitung durch Kunden übergibt. Das ist ruftechnisches Harakiri ...
Das ist meistens so, kommt aber letztlich auch nur auf den Kunden an, und kann insofern nicht so pauschalisiert werden.
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*) Vor einigen Jahren. Ich kaufe in einem Ichbindochnichtblöd-Markt einen Steckeradapter, Maus-DIN auf PS/2 (oder irgendsowas, ein kleiner Adapter jedenfalls).
Zuhause ausprobiert: geht nicht.
Angenehmerweise: genug PC-Geraffel rumstehend, andere Kombination getestet, über Kreuz - ok,
Adapter muß defekt sein.
Ich am nächsten Tag mit Adapter und Kassenbon in den Ichbindochnichtblöd-Markt. Nun denke ich mir: bevor ich mich mit irgendwem an der Kasse oder am "Service-Counter" absabbele, woher ich denn wissen wolle, daß der Adapter kaputt sein muß, und nicht etwa die Maus usw., gehe ich gleich in die Computer-Abteilung, dort wird sich wohl ein Verkäufer finden lassen, der das nötige "Fachwissen" besitzt, um nachvollziehen zu können, wieso ich mit Sicherheit behaupten kann, daß der Adapter 'ne Macke haben muß...
Ich finde auch einen Verkäufer, und trage dem mein Anliegen vor. Sage: "Hier, Adapter, sogar noch mit Originalverpackung, hier Kassenbon, von gestern." Was kann man mehr verlangen. (Die Verpackung wäre an sich unerheblich, aber ich hatte sie eben noch zufällig.)
Was antwortet mir der Schnösel????





"Haben Sie sich denn am Eingang einen Eigentumsnachweis ausstellen lassen?"
"Äh - einen was?" "Wenn Sie mit hier gekaufter Ware in den Laden kommen und etwas reklamieren wollen, sind Sie verpflichtet, sich zuerst mal unten am Eingang einen Eigentumsnachweis ausstellen lassen, sonst können wir ja gar nicht nachvollziehen, ob Sie das Teil nicht gerade hier aus dem Regal genommen haben..."
Ich - nach erstmal tief Luft holen: "Also, guter Mann.
Ich bin zu gar nichts verpflichtet.
Sie haben eine gesetzliche Gewährleistungspflicht. Und die nehme ich jetzt in Anspruch. Dieser Adapter hier, den ich - hier ist der Kassenbon - gestern hier gekauft habe, ist defekt. Das können Sie gerne nachprüfen. Ich möchte jetzt entweder einen anderen, intakten Adapter, oder mein Geld zurück, oder meinetwegen können Sie den Adapter auch reparieren. Das dürfen Sie sich jetzt aussuchen."
Er hat dann dreimal geschluckt und mir ganz schnell einfach einen anderen Adapter aus dem Regal gegeben. Wahrscheinlich konnte man meinem Gesichtsausdruck ansehen, daß ich die weitere Abwicklung dieser Gewährleistungsforderung ohne zu Zögern meinem Leib- und Magen-Anwalt übergeben hätte...
Deutscher Einzelhandel...

Ich wohne in bequemer Laufweite eines Baumarktes. Und im Sommer gehe ich gern auch ein paar Strecken zu Fuß, gesund ist's ja. Eines Montags komme ich also von der Post, wo ich mein Postfach geleert hatte, mit einem Stapel überwiegend A4-Umschläge sowie einem frisch im Zeitungsladen am Bahnhof erworbenen FOCUS auf dem Weg nach Hause am Baumarkt vorbei. Gute Gelegenheit, denke ich, kannste kurz nach aktuellen Preisen für Wandfarbe gucken.
Ich marschiere also in den Baumarkt, FOCUS und Post in der Hand, gehe zur Wandfarbe, notiere mir die Preise, und gehe wieder aus dem Baumarkt raus.
Als, in einem Ton, der sich nicht so ganz zwischen KZ-Kommandeuse und Kindergärtnerin entscheiden kann, eine Baumarkt-Dame, die in der Info-Insel neben den Kassen steht, hinter mir herblökt: "Und was ist mit der Zeitung??"
Ich stoppe für einen Augenblick, überlege "Gehst Du jetzt einfach weiter? Oder wollen wir das mal ausdiskutieren?" Entscheide mich dann - ja, manchmal bin ich ein Schwein - für "ausdiskutieren".
Ich wende mich also der Dame in der Info-Insel zu und sage freundlich: "Was _ soll _ mit _ der _ Zeitung _ sein?"
"Ja... die haben wir auch, hier!" (Stimmt. Der FOCUS lag auch am Zeitungsregal, daß die Dame übrigens die ganze Zeit genau im Blick gehabt hatte.)
"Ja. Und?"

Du wirst jetzt nicht erleben, Du blöde Ziege, daß ich in vorauseilendem Gehorsam sage "Die habe ich am Bahnhof gekauft!" Das geht Dich nicht die Bohne an, wo ich meine Zeitung kaufe, solange ich sie nicht bei Dir kaufe...
Ansatz von Zurückrudern. "Das müssen Sie dann hier an der Information abgeben, bevor sie in den Laden gehen."
Gut. Es gibt ein mental-intellektuelles Niveau, unterhalb dessen ich
nicht mehr diskutiere. Es ist, wirklich, nicht sehr hoch angesetzt, aber es gibt es. Und hier wurde es nun klar unterschritten.
Ich dreht mich also wortlos um und verließ den Laden.
Abends schrieb ich einen sarkastischen Brief an die Konzernleitung der Baumarktkette, und beschwerte mich freundlich. Davon abgesehen, daß es unzumutbar sei, sein Eigentum einfach an der Information abzugeben, wenn in dem Laden offenbar schon so viel geklaut wird, stelle sich ja auch die Frage: bekommt man dafür eine Quittung? Und zwar eine, auf der genau vermerkt ist, was man dort deponiert hat? Der Baumarkt selbst verweist übrigens mit großen Schildern darauf, keine Wertsachen in den Autos auf dem Parkplatz zu lassen...
Und wo könne das eigentlich noch hinführen - man stelle sich nur vor, der Baumarkt käme eines Tages mal auf die Idee, Schnürsenkel auf einem Grabbeltisch anzubieten...
Müssten die Kunden, die den Laden betreten, dann ihre Schnürsenkel an der Information abgeben???
(Man braucht sich übrigens über das Verhalten der Mitarbeiter nicht wundern - die Konzernleitung beantwortet keine Kundenbeschwerden...)
Deutscher Einzelhandel...

Wenn man es offen und ehrlich betrachtet, gibt's eigentlich keinen Laden, egal ob groß oder klein, der in den letzten Jahren pleite gegangen ist, der sich seine Pleite nicht redlich verdient hätte...
