Ist das tatsächlich so? Bisher dachte ich: Einmal gut getestet und man hat eine prima Kamera?
Ich werde Dir mal meine "Leidensgeschichte" erzählen - vielleicht verstehst Du dann, warum es doch nicht so einfach ist.
Ich habe eine 40D, die ich mit folgenden Objektiven betreibe:
- Tokina 2.8/11-16mm (erste Version)
- Tamron 2.8/17-50mm (non-VC)
- Tokina 2.8/50-135mm
- Tamron 70-300mm VC
- Tamron 18-270mm (erste Version)
Gelegentlich kommen noch andere Objektive zum Einsatz, aber wirklich nur äußerst selten. All diese Objektive sitzen an der 40D auf den Punkt. Das 17-50er wurde seinerzeit bei Tamron auf eben meine 40D justiert, nachdem es mit einem massiven Frontfokus geglänzt hat (Scharfstellung auf den Horizont, also deutlich mehr als 1000 Meter, die Fokusebene lag bei unter 50 Meter - oder Scharfstellung in der Kirche auf den Altar, der etwa 40 bis 50 Meter entfernt war, Fokusebene lag bei etwa 2 Meter). Ein mir vom Importeur angebotenes Austausch-Objektiv (originalverpackt) hat vor Ort exakt den gleichen Fokusfehler (dem Kollegen sind fast die Augen aus dem Kopf gefallen, weil der Fehlfokus schon am Display der 40D sichtbar war). Übrigens: ich kenne noch weitere 3 Fälle, wo eben dieses Objektiv den exakt gleichen Frontfokus aufwies. Aber: es gibt auch Beispiele, wo eben dieses Objektiv perfekt sitzt, von Beginn an.
So - jetzt habe ich mir die 70D gekauft und auch erstmal getestet, ob die Kamera den beschriebenen Fokusfehler hat. Einfach meine 2.8er Linsen geschnappt und nach draußen gegangen, um Fotos zu machen; und zwar ausschließlich mit dem mittleren AF-Messfeld. Daheim angekommen, war ich mehr verwirrt als vorher. Es zeigte sich kein eindeutiges Bild. Manche Bilder waren dermaßen unscharf und schienen das beschriebene Problem zu bestätigen - beim nächsten Bild saß der Fokus auf dem Punkt. Weitere Tests mit den lichtstarken Objektiven eines Kollegen (Canon 1.4/50mm, Canon 1.8/85mm und Tamron 2.8/90mm Macro) zeigten keinerlei Auffälligkeiten.
So nach und nach zeichnete sich ein klareres Bild:
Mein 11-16er arbeitet mit der 70D gar nicht zusammen. Hier kommt immer nur Matsch raus (ausgenommen ich verwende den LiveView); dabei ist es egal, welches AF-Messfeld oder welche Gruppe von Messfeldern und egal, welche Blende (ok, ab Blende 11 ist es bei 11mm eh egal, weil die Schärfentiefe groß genug ist, um alles scharf zu zeichnen). An der 7D meines Kollegen und an einer 70D eines Forumusers zeigte sich exakt das gleiche Problem. Somit ist dieses Problem offenbar schon seit der 7D vorhanden. Beim 17-50er geht es nur am kurzen Ende - am langen Ende hin gibt es nur noch Matsch. Ebenfalls egal, welches Messfeld genommen wird. Und hier habe ich es sogar schon zustande gebracht, dass bei 50mm nicht mal bei LiveView eine korrekte Schärfeebene gefunden wird. Das 50-135er gibt es überhaupt nichts zu klagen, das sitzt sowohl bei der 40D als auch bei der 70D auf dem Punkt. Das 70-300er ist auch total daneben (am langen Ende ist das 18-270er wesentlich besser), aber auch am kurzen Ende ist es nicht so wie ich an der 40D gewohnt war.
Was sagt mir das? Und erst recht im Zusammenhang mit den Problemschilderungen hier im Forum?
Nun, ich will Dir meine Theorie (!) präsentieren:
Canon hat zusehends ein massives Problem mit den Herstellern von Fremdzubehör. Zwar verkaufen sich die Kameras sehr gut, aber bei den Objektiven könnte es besser laufen. Also muss man etwas dagegen tun, um die Käufer davon abzuschrecken, zu Fremdobjektiven zu greifen. Am Besten geht das, wenn man schaut, dass möglichst viele Fremdobjektive mit einer neuen Kamera zum Problem werden. Canon veröffentlicht ja bewusst ihre Schnittstellen nicht, um eben den Mitbewerbern das Leben möglichst schwer zu machen. Hier wird dann häufig genug eine Änderung initiiert, die sich möglichst ausschließlich bei Fremdzubehör auswirkt. An sich ist es ja leicht, weil Canon ja weiß, wie ihre eigenen Zubehörteile auf Änderungen reagieren werden.
Das bekannteste Problem war der Err99 Fall, der sich bei alten Sigma-Objektiven zeigt, sobald man nicht mit Offenblende fotografiert. Sigma hatte damals insofern reagiert, als dass sie bereit waren, den Steuerchip im Objektiv gratis zu tauschen. Ich hab damals selbst davon Gebrauch gemacht, indem ich 3 Objektive zum Umchipen gebracht habe.
Das nächste Problem hat Tamron getroffen - da wurde hier im Forum aufgezeigt, dass bei manchen Tamron-Objektiven die äußeren Kreuzsensoren 'kastriert' wurden, die dann eben nur noch Liniensensoren waren. Hat man auch lange Zeit nicht geglaubt, da hat man auch ein paar als "Spinner" dargestellt. Bis sich halt genügend Leute gefunden haben, eben diesem Problem auf den Grund zu gehen. Canon hat hier auch lange Zeit bestritten, dass dies überhaupt technisch möglich sei, da nichts in den Kameras eingebaut wurde, um so ein Verhalten zu ermöglichen. Nightshot ist es dann zu verdanken gewesen, dass man dem Problem auf die Schliche kam: es war die LensID=62 (so aus der Erinnerung), welche dieses Verhalten in der Kamera ausgelöst hat. Er konnte das nach etlichen Versuchen auch nachweisen, dass es die LensID ist, weil er es geschafft hat, der Kamera eine andere LensID "unterzujubeln", worauf dann die Kreuzsensoren wieder aktiv waren. Ein Test mit einem uralten Canon-Objektiv, welches ebenfalls diese Lens-ID hat, hatte exakt das gleiche Problem. Und erst, nachdem man Canon mit diesen Fakten konfrontiert hatte, hat man zugegeben, dass es tatsächlich so ist, dass die LensID 62 (und noch eine oder zwei weitere) dazu führen, dass die äußeren Kreuzsensoren abgeschaltet werden. Angeblich deswegen, weil sich der AF sonst bei dem einen Canon-Objektiv problematisch verhält. Wieder meine Theorie: wohl eher, um Tamron-Objektive anzupatzen.
Und mit der 70D scheint Canon wieder einen Schritt weiter gegangen zu sein. Irgendwas ist hier an der Schnittstelle geändert worden, was bei manchen Objektiven ein seltsames Verhalten hervorruft. In meinem Fall trifft es nur Fremdobjektive und hier ist Canon, zumindest rechtlich, aus dem Schneider. Sie können ja nicht für Fremdanbieter garantieren. Aber - und davon bin ich überzeugt - es scheint zusehend auch die eigenen Objektive zu treffen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass eine Objektivreihe über einen längeren Zeitraum hergestellt wird, ohne dass es immer wieder zu geringfügigen Anpassungen kommt. Und genau das entgleitet Canon derzeit beim Versuch, Fremdhersteller auszusperren. Weil eines ist tatäschlich seltsam: das beschriebene AF-Problem (Fehlfokus nur beim mittleren AF-Messfeld, alle anderen Messfelder funktionieren klaglos) scheint hauptsächlich Canon-Objektive zu betreffen. Bei Fremdobjektiven gibt es ganz andere Unschönheiten, wie man bei mir deutlich sieht. Und ob jetzt jemand das Problem hat, ist im Moment nur reine Zufall, eben die Kombination der 70D mit einem ganz bestimmten Produktionszyklus eines ganz bestimmten Objektivtyps.
Wie gesagt: Das ist mal meine Theorie!
Und sollte diese Theorie nicht ganz daneben liegen - na, dann kann es sehr wohl so sein, dass ein gebraucht gekauftes Objektiv an der 70D eben nicht so funktioniert wie es soll, obwohl ein anderes Exemplar keine Probleme verursacht.
Für mich jedenfalls ist das mittlerweile Grund genug, zu sagen: die 70D war endgültig meine letzte Canon-Kamera. Dass das 17-50er damals generell einen Fehlfokus hatte, obwohl etliche Besitzer keine Probleme damit hatten, schiebe ich ebenfalls Canon in die Schuhe. Die hatten hier ganz bestimmt nicht nur das Problem mit den abgeschalteten Kreuzsensoren ersonnen, sondern auch noch den Fehlfokus mitverursacht.
Ich glaube schon, dass es Canon weh tut, wenn ich nur den Body kaufe, aber keine Objektive. Aber Canon stellt nun mal nicht das her, was ich gerne hätte. Es gibt nun mal kein Pendant für ein 2.8/11-16mm von Canon ... und es gibt auch kein Pendant für ein 2.8/50-135er von Canon (das Equivalent zum beliebten 70-200er am KB-Sektor).
Aber vielleicht ist das ja alles nur Zufall ...
Übrigens: Jetzt stell Dir vor, ich verkaufe guten Glaubens mein 2.8/11-16er, ohne dass ich die 70D jemals gekauft hätte. Und dann kaufst Du diese von mir als hervorragend abbildende Linse und Du kannst an Deiner 70D kein vernünftiges Bild machen. Ich könnte Dir jedenfalls ganz leicht beweisen, dass es an meiner 40D hervorragend funktioniert. Würde Dir dann allerdings auch nichts helfen.