AW: Welche Filter machen Sinn?
Moinsen,
ich habe noch nirgends gehört, dass bei der Nutzung von Filter die Aufnahme in RAW sowie die Nachbearbeitung verboten sind.
Das
Video Landscape Photography - Do We Need Filters Anymore? von Thomas Heaton wurde ja hier schon verlinkt. Seiner Position, die er in den ersten zweieinhalb Minuten dieses Videos darlegt, kann ich mich im Wesentlichen anschließen: Polfilter ist für mich ebenfalls der wichtigste. ND-Filter kann man nutzen; deren Effekt kann man aber auch auf anderem Weg erreichen – allerdings dann mit erheblichem Mehraufwand (und auch gewissen Mehrwerten). Und ND-Verlaufsfilter lassen sich in der Tat durch Belichtungsreihen ersetzen.
Ich würde aber niemals sagen, dass es nur den einen richtigen Weg gibt. Wer Filter einsetzen möchte (und ich neige in letzter Zeit ebenfalls dazu, obwohl ich bislang eher auf Mehrfachbelichtungen und Nachbearbeitung gesetzt habe), kann das doch tun. Wenn die möglicherweise tatsächlich technisch unterlegenen Aufnahmen anschließend so aussehen, wie die Aufnahmen beispielsweise eines Thomas Heaton, kann ich mit der "minderen Qualität" sehr gut leben. Dass man auch in der Landschaftsfotografie ohne ND-Verlaufsfilter auskommen kann, zeigen viele andere Fotografen wie beispielsweise
Alex Nail: Nachbearbeitung ist aus seiner Sicht "much easier than messing around with filters in the field and you can save 500g or more". (Wobei er beim Gewicht übertreibt: Ein Filterhalter mit Polfilter, Adaptern für drei verschiedene Objektivgrößen, zwei Verlaufsfilter und zwei ND-Filter wiegt ca. 400g; entsprechende Schraubfilter plus Adapterringe wiegen ab ca. 130g – wenn man Nails Empfehlung für ein Polfilter pro Objektiv folgt, um sich das Umschrauben zu sparen, eher 200g – je nach Objektivgrößen; die Gewichtsersparnis liegt also eher bei unter 300g.)
Was Gewicht und Zeitaufwand vor Ort angeht: Wenn man lediglich mit Polfilter unterwegs ist, benötigt man nicht unbedingt ein Stativ (wobei sich die Belichtungszeiten natürlich gegenüber einer Aufnahme ohne Filter verlängern, wenn man die Blende und die Empfindlichkeit beibehalten möchte) und kann es auch für Schnappschüsse verwenden. Für alle anderen Filter ist aber ein Stativ m. E. sehr wichtig (oder man behilft sich, indem man die Kamera irgendwo ablegt, womit man sich natürlich stärker in der Bildkomposition einschränkt). Bei den Verlaufsfiltern sehe ich das weniger wegen der langen Belichtungszeiten als vielmehr wegen der Präzision der Ausrichtung als wichtig an; bei den ND-Filtern ist das Ziel ja meist gerade, sehr lange Zeiten zu erreichen, die man aus der Hand eher nicht halten kann. Üblicherweise wird das Stativ eher mehr wiegen als ein Filterset; der Zeitaufwand, die Filter vor Ort passend auszuwählen und einzusetzen, ist aber natürlich dennoch vorhanden und somit braucht man meist wohl eher länger für die Aufnahmen als wenn man nur mit Stativ oder gar einfach aus der Hand fotografiert.
Das sind zwei unterschiedliche Ansätze, die beide zu aus meiner Sicht hervorragenden Ergebnissen führen. Welchem Ansatz man folgen mag, soll doch bitte jeder für sich entscheiden.
Bezogen auf die Eingangsfrage:
- Polfilter würde ich immer mitnehmen; das Ding wiegt nicht viel und kann im Zweifelsfall in der Tasche bleiben, wenn man es doch nicht braucht. Ob einen pro Objektiv oder nur einen mit dem größten benötigten Durchmesser und Step-up-Ringe (oder down, je nach Sichtweise) – das ist Geschmackssache.
- Für Langzeitbelichtungen bei Nacht ist in der Regel kein oder höchstens ein schwacher ND-Filter erforderlich.
- Für Langzeitbelichtungen am Tag ist ein ND-Filter nett. Notfalls kann man auch dort mit Mehrfachbelichtungen arbeiten und diese dann in Photoshop oder ähnlicher Software miteinander verrechnen, wobei dann sowohl der Aufwand vor Ort als auch der Aufwand in der Nachbearbeitung höher ist. Ich würde da ein Set mindestens aus ND8 und ND64 sowie evtl. ND1000 o.ä. mitnehmen (3, 6 bzw. 10 Blenden).
- Für Aufnahmen mit deutlichen Helligkeitsunterschieden – beispielsweise Landschaft mit hellem Himmel – kann man natürlich mit Mehrfachbelichtungen arbeiten. Wenn man Filter nutzen möchte, bietet sich ein ND-Verlaufsfilter an. Aus meiner Sicht sind die nur sinnvoll mit einem Filtersystem nutzbar (auch wenn man auch Schraubfilter nutzen kann, wenn man unbedingt möchte), was entsprechend hohe Kosten bei der Anschaffung verursacht. Wenn ich nur ein Verlaufsfilter mitnehmen möchte, wäre das idealerweise ein "3 stop ND medium", alternativ ein "3 stop ND soft". Die harte Variante ist bei sehr geraden Horizonten zu empfehlen (Blick über das Meer beispielsweise) und daher für dich vielleicht eine Überlegung wert; ich halte die beiden anderen aber für vielseitiger einsetzbar. Mehr Flexibilität bekommt man, wenn man ein "2 stop"- und ein "4 stop"-Filter nimmt – und noch mehr Varianten gehen immer, wenn man das nötige Kleingeld ausgeben und die Filter mitnehmen mag.
- Für Sonnenauf- und -untergänge kann ein "Reverse Grad"-Filter interessant sein – da könnte ich keine Empfehlung zur Stärke abgeben, würde aber denken, dass ich da eher auf eine etwas stärkere als eine schwächere Variante setzen würde (also 4 Blendenstufen beispielsweise).