In der Regel arbeitet die Technik einwandfrei und es ist der Anwender, der zu Fehlfokussierungen führt.
Ich habe selbst mit einem Fotokollegen das Thema näher betrachtet.
Er schob seine Fehlfokussierungen auf das Objektiv (70-200L und 50 1.4). Ich selbst bin beim Fotografieren sehr diszipliniert und habe mir einen Rythmus angewöhnt. Bei einem gemeinsamen Modeshootingauftrag (ca. 3000 Bilder) haben wir festgestellt, dass er tatsächlich deutlich mehr Fokusprobleme hatte als ich.
Daraufhin haben wir einen Versuch gemacht.
Ich fotografierte 10x das gleiche unbewegte Motiv mit seinem Equipment, er mit meinem und umgekehrt.
Das Ergebnis war: ich 90% korrekt fokussiert, er 60% korrekt fokussiert, egal mit welchem Equipment.
Danach haben wir das wiederholt, bei sich wenig bewegenden Motiven (Portrait, wie beim Modeshooting - Fotograf bewegt sich, sucht den besten Bildschnitt, geht einen Schritt vor und zurück, Model korrigiert sich, etc).
Ergebnis: ich 90% , er 40% korrekt fokussiert
Also habe ich ihn beim Fotografieren beobachtet und folgendes herausgefunden:
a) er "zappelt" zuviel herum, wie die Fotografen in Spielfilmen, mit viel Sprechen dazu "Ja, toll, das sieht gut aus"

Das funktioniert nicht.
b) er nimmt die Kamera zu schnell vom Motiv (sieht cool aus

) Das reicht in vielen Fällen, gerade bei Verschlusszeiten bis 1/100s, zu Verwackelung.
c) er hat keinen Rythmus
Wir haben das optimiert, ihm einen Rythmus gemacht und geübt:
a) Kamerahaltung, wie bei Sportschützen (die machen das nicht ohne Grund so)
b) Motiv suchen
c) Ausatmen (1s)
d) Fokussieren (1s)
e) Bildschnitt (1s)
e) Auslösen (1s)
f) Warten (!) (1s)
g) Einatmen (nicht vergessen

)
Danach die Vergleichstests wiederholt
Seine Ausbeute hat sich mittlerweile auf ebenfalls 90% korrekte Fokussierungen gesteigert, und wie gesagt, bei nicht statischem Modeshooting.
qed
Viele Fotografen sind zu undiszipliniert und fotografieren mit zu langen Verschlusszeiten. Die eigene Bewegung gleicht ein IS zum Teil noch ganz gut aus, aber die z.B. eines Models eben nicht.
Oft ist die Verweilzeit zwischen Bildschnitt suchen, Fokussieren und Auslösen zu lange. Die Eigenbewegung des Fotografen führt zur Fehlfokussierung. Man muß sich immer im Hinterkopf behalten, dass die Eigenbewegungsamplitude durchaus 1-2 cm beträgt. Bei Motiven mit bis zu 1m Bildhöhe und dann noch großer Blende hat das einen sichtbaren Effekt.
Und dann ist da noch die Fokusverkürzung oder -verlängerung bei Wählen des Bildschnitts. Bsp.: Portrait, Fokussierung auf das Auge, Bildschnitt verändern, Auslösen.
Durch die Änderung des Bildschnitts verkürzt sich die Fokusentfernung (oder verlängert sich). Das ergibt sich aus den Winkelgesetzen. Da hilft nur, ein anderes Fokusfeld zu verwenden oder die Schärfentiefe zu erhöhen.
Alles in allem können viele Parameter zu Fehlfokussierungen führen, an denen alleine der Fotograf die Schlud hat. Das nicht zu überdenken und es auf die Technik zu schieben, ist aber die einfacherer Sache

Selbst der Test auf Stativ und festem Motiv ist da vorsichtig zu beurteilen. Ich denke da nur an Erschütterungen beim Auslösen mit schwerem Objektiv, selbst bei Profistativen.
Ich streite nicht ab, dass es Objektive gibt, die einen Fehlfokus haben, gerade bei Zoomobjektiven kann das vereinzelt auftreten (und je nach Brennweite). Ich persönlich hatte noch nie so ein Objektiv in der Hand - und ich hatte schon viele in der Hand.