Du befürwortest die Enteignung, die nach den 25jahren Patenlaufzeit eintritt, beim Urheberrecht sprichst du dich allerdings dagegen aus - warum?
Wenn es sich um technische Entwicklungen handelt, ja. Der Grund dafür ist, dass es sich um Problemlösungen handelt. Es gibt also irgendein Problem, jemand findet dafür als erster eine gute Lösung. Wenn jemand eine andere bessere Lösung findet, die von dieser unabhängig ist, dann kann er sie ja auch patentieren lassen. Aber man geht davon aus, dass innerhalb von 20 Jahren sowieso irgendwer anderer ein Problem auch erkannt hätte und die Lösung dazu auch erfunden hätte.
Das sieht man auch in der Vergangenheit. Beispielsweise die Schreibmaschine wurde völlig unabhängig ziemlich zeitgleich in den USA und in Österreich erfunden. Eine Spanne von 20 Jahren erscheint mir also als angemessen dafür, dass das dann einfach allgemeiner Stand der Technik ist.
Wenn jemand das, was er als erster erfunden hat sowieso weiterentwickelt und damit der allgemeinen Entwicklung um einen Schritt voraus bleibt, kann er ja das bessere wieder patentieren, aber die ursprüngliche Entwicklung wird dann früher allgemein verfügbar.
Bei eher künstlerischen Werken ist das ganz anders. Eine Melodie von Michael Jackson hätte genauso vor 1000 Jahren komponiert werden können und wäre heute ein Volkslied. Umgekehrt könnte ein heutiges Volkslied genausogut erst heute komponiert worden sein oder nie komponiert werden.
Ein Foto, das Du machst, ergibt sich nicht durch irgendeine aktuelle Entwicklung oder Problemstellung, sondern ist Dein Werk. Wer das verwenden will und daraus einen Nutzen ziehen kann, soll also davon einen angemessenen Teil an den Schöpfer des Werks zahlen. Das kann doch nicht zu viel verlangt sein.
Stelle Dir bitte eine Zeitung vor. Die besteht aus Fotos und Bildern. Ohne diese Fotos und Bilder gibt es die Zeitung nicht, das sind nur weiße Seiten, die niemand kaufen würde, niemand würde für eine Werbung in einer solchen Zeitung zahlen. Der Verleger kann nichts verdienen, wenn er keinen Content hat. Es ist also nur normal, wenn er für dieses Rohmaterial angemessen bezahlt.
Es ist eine falsche Überlegung, dass etwas Materielles einen Wert hat und Immaterielles nicht. Einen Wert hat alles, was andere haben wollen und dafür einen Teil ihrer Arbeitsleistung - also Geld - hergeben um es zu bekommen resp. konsumieren zu können.
Wenn also eine Zeitung immer so tolle Fotos und toll geschriebene Berichte drinnen hat, dann werden es umso mehr Leute kaufen, umso besser diese sind. Der Verleger kann alos mehr Zeitungen verkaufen und wird mit Freude den Content-Lieferanten ein gutes Honorar dafür zahlen um auch weiterhin gute Geschichten und Fotos zu bekommen. Nämlich auch, damit die ihre Werke nicht an die Konkurrenz verkaufen und diese dann das Geschäft macht.
Wenn Du als Verleger eine Zeitung mit mittelmäßigem Text und mittelmäßigen Fotos füllst, werden die Leser irgendwann sagen, dass das auch schon immer fader wird und irgendwann aufhören, die Zeitung zu kaufen.
Wenn Du in einer Zeitung immer wieder hochinteressanten Content hast - in einer Boulevard-Zeitung ist das das Bikini-Foto von einer Prinzessin, in einer Intellektuellen-Zeitung sind es geistreiche Kommentare - dann machst Du den Lesern eine Freude damit, sie werden Dir die Zeitung aus der Hand reissen, es werden die Firmen Werbung schalten, weil sie sehen, wie viele Leute sie in Deiner tollen Zeitung mit ihrer Werbung erreichen können und Du wirst große Gewinne machen. Freilich willst Du dieses Niveau halten und wirst nach immer besseren Inhalten suchen und diese bekommt man halt normalerweise nicht gratis.
Das heißt, wenn der Verleger mit einer tollen Geschichte und tollen Fotos 5 Millionen Euro zusätzlich verdienen kann durch höhere Auflage und mehr Werbung, dann ist es für ihn eine Kleinigkeit, wenn er denen, die das Material dafür geliefert haben, ein angemessenes Honorar dafür zahlt. Es klingt dann phantastisch, wenn jemand für ein Foto einer Prinzessin im Bikini 1 Mio. Euro bekommt, aber wenn der Verleger dadurch 5 Mio. zusätzlich verdient, ist das für alle Seiten großartig. Der Verleger hat einen zusätzlichen Gewinn, den er ohne das Foto nicht hätte, der Fotograf hat ein Bombengeschäft gemacht und die Leser haben eine Freude, die Prinzessin im Bikini zu sehen (ich halte davon nichts, aber es gibt auch unnötige materielle Produkte nach denen die Leute gieren und viel Geld dafür ausgeben).
Und dann gibt es das normale Mittelding. Also die guten Fotos und die guten Berichte, die den Qualitätsansprüchen der Zeitung gerecht werden resp. den Erwartungen der Leser entsprechen. Das sind also gute, aber nicht unbedingt sensationelle Fotos und Berichte. Damit kann die Zeitung normal existieren, verkauft ihre normale Auflage, verkauft in normalem Umfang Werbung. Auch dabei werden freilich Gewinne gemacht. Und diese nicht so dramatischen Fotos und Texte könnte man auch teilweise von Amateuren bekommen und denen erzählen, dass sie ja dafür in der Zeitung sind. Selbstverständlich generieren auch diese Inhalte einen Gewinn für den Verleger. Und von diesem sollen sie einen Anteil abgeben. Das finde ich nur fair. Das tun die konventionellen Medien aber sowieso.
Es gibt halt auch ärmere Zeitungen - beispielsweise manche Bezirkszeitungen - die machen tatsächlich keine oder kaum Gewinne. Die sind tatsächlich mehr vom Idealismus des Verlegers getragen. Die zahlen halt dann überhaupt nichts oder sehr schlecht. Das kann man ja dann selbst entscheiden, ob man da etwas dazu beitragen will. Dann bereichert sich aber auch niemand. In diesem Fall wird der Fotograf auch nicht ausgenützt, wenn er kein Honorar erhält. Das machen übrigens auch gut verdienende Profi-Fotografen, wenn es sich um eine Zeitung aus ihrem Wohnbereich handelt, an denen ihnen etwas liegt.
Die Content-Aggregatoren sind dann Websites, die sich den Content im Internet zusammensammeln und diesen praktisch nur als Füllmaterial brauchen um ihre Werbebanner zu verkaufen. Und diesen Content wollen die am liebsten kostenlos haben. Das ist nicht fair.
Ob das eine Zeitung, ein Internet-Medium oder ein Fernsehsender ist, ist im Prinzip freilich egal.