Hallo Scorpio!
Zufällig lese ich Deinen Artikel - jetzt erst. Sprichst mir voll aus dem Herzen!
Es ist das, was ich jedem predige - ob er/sie´s hören will oder nicht: Fotografie beginnt, wie jede Kunst, im Kopf.
Einer der Gründe, weshalb ich nicht nur beruflich gerne und oft auf Großformat arbeite ist neben der tatsächlich digital nicht zu erreichenden Auflösung auch die "Anmutung" analogen Films UND der entsprechenden Arbeitsweise - man entdeckt die Langsamkeit wieder. Und die Genauigkeit.
Abgesehen davon ist es wie im Kino, wenn man unter´s schwarze Tuch geht und auf eine ca. 20x25cm große Mattscheibe blickt . . auch, wenn alles auf dem Kopf steht: es ist bereits ein BILD.
Allerdings möchte ich betonen, daß man selbstverständlich auch mit einer Digitalkamera so arbeiten kann . . langsam, genau, überlegt und bereits mit einer Vorstellung im Kopf, wie etwas werden soll.
Ob man es dann so macht - ob man sich die Zeit für Genauigkeit und Überlegtheit lässt oder nicht - liegt nat. nicht am Medium . . es liegt an der eigenen Hingabe, der Leidenschaft, der Vision.
Fotografen (!) MÜSSEN "Visionäre" sein - sie müssen ein Konzept haben, eine Vorstellung, die sie verfolgen.
Selbst bei bewegter Fotografie - ich habe lange Zeit Mode fotografiert - MUSS man zuvor eine Art Drehbuch machen . . mit Notizen für Licht, Location usw., wenn man eine "Strecke" fotografieren will, die aus miteinander korrespondierenden Bildern besteht.
Aber selbst ein einzelnes Foto "baue" ich immer auf. Das ist auch der Grund, weshalb ich schonmal für einen einzelnen Schuss einen ganzen Tag ansetze. Und die Kunden das auch verstehen - und bezahlen. Obwohl ein Tagessatz für den Fotografen, das Model, Visagist/in, Stylist/in, Studio usw. ziemlich ins Geld geht.
Aber Kunden, die was auf sich halten verstehen die Gründe und honorieren das - und beileibe nicht nur im pekuniären Sinn.
Prinzipiell ist es egal, ob man das mit einer KB-Kamera oder auf 8x10" fotografiert. Allerdings ist in meinen Augen 8x10" die "Königsdisziplin" in der Fotografie. Nicht nur die Materialkosten und der Aufwand zwingen einen, sich jeden Schuss zu überlegen - es passiert ganz von allen, wenn man unter das schwarze Tuch schlüpft: man ist wie in einer "anderen Welt" . . und das führt dazu, abstrakt zu sehen und zu denken.
GERADE das Auf-dem-Kopf-Stehen des Mattscheibenbildes ist es, das zur Gestaltung beiträgt, weil es zur Konzentration auf Wesentliches und zur Interpretation des Wesentlichen bereits VOR dem Auslösen zwingt.
Nur - um auch das zu betonen - es kommt natürlich auch bei diesen Formaten und Arbeitsweisen nicht von allein . .

oder automatisch zu einem guten Bild . .

(ich sag das weil es Leute gibt die glauben, ein Großformat sei bereits bedeutungsvoll, WEIL es ein Großformat ist . . )