Beim Erfolg in der Fotografie geht es aber nicht um den persönlichen Geschmack, sondern einzig allein darum wie das Bild bei der Mehrheit der Betrachter ankommt.
In einer globalisierten Welt, in der die Menschen über ein Kommunikationsmedium miteinander verbunden sind, ist die Kategorie "Mehrheit der Betrachter" aus meiner Sicht doch recht bedeutungslos geworden.
Hält man sich vor Augen, dass geschätzt 2,5 Milliarden Menschen auf der Erde Zugang zum Web haben, berücksichtigt man hierbei die unterschiedlichsten soziokulturellen Einflüsse auf die Art der individuellen Wahrnehmung, bedenkt man zudem, dass wohl die Mehrzahl nicht nur Konsument sondern auch in irgendeiner Form inzwischen "Fotograf" sein dürfte, wird einem aus meiner Sicht das "klein-klein" der Diskussion hier doch recht schnell deutlich.
Schon der Satz: "Übertriebene Nachbearbeitung mittlerweile Standard?" sagt doch mehr über das was wir zu wissen und zu kennen glauben aus, als über die tatsächlichen Gegebenheiten. Ist es nicht vielmehr so, dass in Deutschland und weltweit die weitaus größte Anzahl der Fotografien "unbearbeitet" aus einer Smart Phone Cam stammen?
Selbst subjektive Erfahrungen kommen kaum ohne Typisierung aus. Nach meiner Erfahrung liebt der Ami es buntig, der Russe kitschig und der Deutsche ist sehr sophistisch und wird schnell grundsätzlich.
Ein nicht unerheblicher Anteil des Erfolges von Gursky, dessen Bilder übrigens alle auf digitalem Composing beruhen, nach der Meinung vieler hier also gar keine Fotografien sind, liegt darin begründet, dass er Anfang der 80er der "reinen" Fotografie der neuen deutschen Sachlichkeit von Bernd und Hilla abgeschworen und verstanden hat, dass die New Yorker Yuppies für die riesigen Wände ihrer Lofts wirklich großformatige Fotografien brauchen, die aus jedem Betrachtungsabstand ihre Wirkung entfalten.
In Deutschland wiederum begegne ich nach wie vor regelmäßig Kuratoren und Galeristen, für die Fotografie als Kunstform entweder nicht existent oder höchstens als klein- bis mittelformatige S/W-Abzüge ihre Berechtigung hat.
Meine griechischen Freunde würden hingegen die ganze Diskussion hier nicht einmal im Ansatz verstehen.
Und so bleibt es strittig, kann es nur strittig sein, was denn überhaupt eine "übertriebene" Nachbearbeitung ist. Auch der subjektive Eindruck, dass "übertriebene Nachbearbeitung" mittlerweile Standard ist, bleibt am Ende nur eine Aussage darüber, welcher kleine Teil der globalen Fotografie-Szene als Grundlage für die Aussage gerade unter Beobachtung steht.
Greets
/bd/