Kannst du das mal präzisieren, wann zählt für dich das Bild und wann geniesst du? Meinst du damit beruflich und privat?
Nein, mit beruflich oder privat hat das ganze nichts zu tun. Es ist vielmehr eine Frage der Herangehensweise an die Photographie, die bei mir zwei recht gegensätzliche, aber harmonisch nebeneinander existierende Seiten hat.
Ich persönlich bin ein Freund von klassischer Mechanik und benutze sie gern. Ich erfreue mich am klackern der Spiegelmechanik, an der Konstruktion eines Messuchers, an der Genauigkeit eines Verschlusses, an der Darstellung des optischen Suchers genauso wie an mechanisch gekoppelten Einstellrädern, einem Blendenring und optisch korrigierten Objektiven. Mich faszinieren die Möglichkeiten, und diese Faszination wird stärker, je mehr die Elektronik Einzug in unseren Alltag hält. Wenn ich solch eine Kamera benutze, dann ist das letztlich aufgezeichnete Bild gar nicht ausschlaggebend. Natürlich bemühe ich mich, es so gut es geht meinen Vorstellungen entsprechend umzusetzen. Aber der Akt des Photographierens hat vorrang.
Die andere Seite der Medaille ist die Umsetzung meiner Ideen für Bilder, die lange im voraus geplant sind oder eben auch kurzfristig aus der Situation heraus entstehen können. In diesen Fällen ist mir jedes Hilfsmittel recht, dass meine Kontrolle über den kompletten Prozess von der Auswahl der Einstellungen bis zur fertigen Ausarbeitung des Drucks vereinfacht. Der elektronische Sucher mit seiner deutlich besseren Belichtungsvorschau inklusive Histogramm, dem genauer dargestellten Schärfeverlauf und der Vergrößerung bis auf Pixelebene zur genauen Fokussierung und Fokuskontrolle ist da für mich ein deutlicher Schritt nach vorn, ähnlich wie es die vorausberechnenden Autofokusmodule gegenüber der manuellen Fokussierung vor etlichen Jahren waren. Gleiches gilt für die vielen anderen elektronischen Hilfsmittel, die es ermöglichen, die Konzentration auf das Bild selbst zu bündeln.
Beides Seiten sollten dabei auch nicht falsch verstanden werden. Im ersten Fall lege ich schon Wert auf eine saubere Ausarbeitung des Bildes, und im zweiten Fall macht auch das Aufnahmen selbst Spaß. Es ist allerdings eine andere Form des Genießens. Ich hoffe das ist ansatzweise nachvollziehbar.
Glücklicherweise treten beide Seiten bei mir nie gleichzeitig auf und ich kann sie auch gut getrennt halten, so dass ich neben der E-M5 aktuell viel häufiger wieder zur rein mechanischen Kleinbildkamera greife und so viel mehr chemisch photographiere als früher. Natürlich würde ich mich freuen, beide Bereiche in einem Modell vereinigen zu können. Nur hat dies die DSLR in ihrer bisherigen Form nicht wirklich geschafft, und ich befürchte, auch die CSC wird das in ihrer heutigen Auslegung nicht schaffen. Aber damit bleibt immerhin die Zukunft spannend.
