AW: Nikon Df • Diskussion
Unglaublich, was für Emotionen eine neue Kamera wecken kann, die Diskussionen schwappen in allen Foren förmlich über. Wenn es denn tatsächlich die Absicht gewesen wäre, mit "Retro" an Emotionen zu appellieren, dann ist dies Nikon damit zweifelsohne gelungen, wenn sie es denn gewollt hätten.
Nur nun, nach Lektüre vieler, vieler Beiträge, baut sich mir das Bild von Leuten auf, die denken, dass Nikons einziges Ziel angeblich eine "Retro"-Kamera gewesen sein soll. Und um dieses "Retro" drehen sich eben viele Diskussionen, sehr viele Ablehnungen, und einige Zuneigungen. Aber, leider, nichts ist so falsch, wie es sich gefühlt ca. 90% der Kommentatoren hier, und in anderen Foren, so in ihren Vorstellungen zurechtgezimmert haben.
(Diejenigen, die sich über den Preis ereifern, lasse ich mal getrost beiseite, die hätten keine Kamera gekauft wenn sie 100€ oder auch 1000€ weniger gekostet hätte, man könnte den Eindruck haben, denen geht´s nicht ums fotografieren bei der Df sondern anscheinend nur ums lamentieren, wie ungerecht die Welt mal wieder ist, dass gerade ihnen da so eine Kamera nicht geschenkt worden ist.)
Worum geht es denn eigentlich wirklich bei der Df? Diejenigen, die wie ein Stier auf´s rote Tuch auf Nikons "Retro" Df anrennen, müssen sich die Frage stellen, ob es ihnen denn *überhaupt* um Fotografie geht. Wie kann man sich denn über Äußerlichkeiten so in Rage bringen, wenn da ein Werkzeug zur Fotografie besprochen wird? Hallo? Es geht hier um Fotos! Und *weil* es um Fotos geht, ist es eigentlich schnurzegal, wie die Kamera aussieht, ob sie nun schwarz, silber oder grün und blau gestreift, mit irgendwelchen Strass dran versehen ist, es kommt auf das Foto an. Und mir ist es völligst, ich wiederhole, *völlig* egal, wenn ich ein gutes Foto betrachte, wie die Kamera aussah, die einmal das Bild aufgenommen hat.
Die Schlussfolgerung drängt sich auf, dass diejenigen, die sich aufs "Retro" der Df stürzen, erst einmal anscheinend noch nicht einmal Amateure (Liebhaber), im wortwörtlichen Sinne sind...
Bleiben also dann noch die Primaballerinas über, die augenscheinlich keine guten Fotos machen können, wenn z.B. ihr kleiner Finger der rechten Hand mit 3 Gramm mehr belastet wird als der Ringfinger der linken Hand. Diese Leute machen sich bei Df dann Sorgen darüber, da sie ja angeblich "Retro" ist, dass sie die Df nicht richtig in beiden Händen halten können weil sie ja anscheinend in ihrer ganzen physiognomischen Stabilität in irgendeine Richtung kippen wenn sie durch den Sucher schaun weil die Df sie aus dem Gleichgewicht bringt.
Hallo? Leute? Wie, bitteschön, wurden denn VOR der Zeit der digitalen Kameras fotografiert, als es noch keine abgerundeten und aufgeblasenen Gehäuse gab? Alles nur Sch*** Fotos geworden, mit den unergonomischen Kameras? Das war wahrscheinlich auch der Grund, weswegen die Hasselblads, Rolleis oder Mamiyas, mit ihren völlig kubischen Formen, den Fotografen auch ständig aus den Händen gefallen sind, bzw. diese immer beim Fotografieren umgekippt sind, nur deshalb mussten schliesslich Stative erfunden werden damit sich die Fotografen abstützen konnten?
Nein, Spaß beiseite Leute, diese Argumente sind so wenig Argumente wie sie lächerlich sind. Den einen ist die Kamera zu eckig, den anderen zu klobig und wieder anderen Mimosen fehlt der Batteriegriff, ohne den anständiges Fotografieren sowieso nicht möglich ist.... Hört auf.
Bleiben noch die Einstellräder, die Dials bei der Df. Irgendwie grassiert hier anscheinend auch die galoppierende Gedankenlosigkeit. Wieso, um alles in der Welt, soll ich nicht die Parameter eines Werkzeuges mit einem einfachen mechanischen Griff verstellen können, wenn dies dem Bediener den Umgang erleichtert? Und wieso soll eine Verbesserung "Retro" sein, nur weil sie irgendwann vor 20 Jahren auch mal eingesetzt worden ist? Das ist eines der Argumente, die ich am wenigsten verstehe. Analoginstrumente und analoge Einstellungen gibt es schon lange, einige Konstrukteure meinten, etwas einsparen zu können, die anderen hielten alles Neue gleich für Fortschritt, auch wenn damit das fotografieren viel komplizierter durch die vielen Menüs wurde und folglich wurde alles schön, ohne großartig über Ergonomie nachzudenken, zusammengemixt. Nun kommt eine Firma daher und meint, was fast 100 Jahre gut für die menschliche Hand funktionierte, ist nur, weil wir im Digitalzeitalter leben, nicht deswegen obsolet geworden und baut das wieder in ihre Kamera ein.
Leute, die Df ist *keine* Retro, sie ist die Wiederkehr der Vernunft mit digitalen Komponenten. Wieso werden analoge Instrumente benutzt, obwohl digitale doch viel genauer sind? Weil der MENSCH ein analoges Wesen ist, mehr nicht. Und der Mensch kann deswegen eben auch mit analogen Werkzeugen und Instrumenten besser umgehen als mit Instrumenten, denen, aus Kostengründen, die Bedienbarkeit wegoptimiert wurde. Und das ist auch der Grund, weswegen man z.B. in vielen teuren Autos, aber nicht nur in teuren, z.B. auch wieder analoge Instrumente sieht, die, witzigerweise, durch digitale Displays emuliert werden. Wieso sollte, z.B. die Geschwindigkeitsanzeige beim Auto nicht aus einer simplen Ziffer bestehen, wie in den billig Wagen mit ihren billig Display? Weil man inzwischen wenigstens wieder so vernünftig geworden ist, dass man das Offensichtliche erkannt hat: Der Mensch kann eben analoge Anzeigen besser und schneller interpretieren als irgendwelche Ziffern, für die er keinen Bezugspunkt hat. Und deswegen sieht man, selbst *wenn* dort ein digitales Display verbaut ist, einen analogen Zeiger auf einem Bildschirm, der einen analogen Zeiger, wie früher, simuliert

) Schaut Euch mal Eure Autos an.
Deswegen ist die Df nämlich kein nutzloses "Retro"-Objekt, welches Reminiszenzen an längst vergangene Zeiten anklingen lässt. Es ist die logische Weiterentwicklung zu einer besseren Bedienbarkeit und die Abkehr von vielen gedankenlosen technischen Spielereien, die zum einen billig sind, aber zum anderen von ebensolchen gedankenlosen Designern in die Welt geschleudert wurden.
Stellt die Zeit mit einem Rad ein. Man sieht es. Selbst wenn die Kameras ausgeschaltet ist, sieht man Zeit, ISO, Über- Unterbelichtungs Einstellungen, etc. Und es ist schneller. Was man bei den aktuellen digitalen Kameras mühsam lernen muss, ist bei der Df ganz offensichtlich. Sie ist praktisch. Und es geht hier, wie auch schon behauptet, nicht um die alten Herren, die früher so etwas bedient hatten, die Reaktionen bei der Arbeit zeigte mir, dass gerade die jüngeren Kollegen und Kolleginnen die Df als "schön" finden. Komisch nicht?
Das alles ist es nicht. Die Df ist der richtige Schritt in die richtige Richtung. Die wichtigsten Bedienparameter völlig offen und prominent auf der Kamera platziert, volle Transparenz in der Übersicht und im Handling.
Das Innere ist schon fast ein Schnäppchen: Die D4 zum halben Preis. Die Verschlusszeit "nur" eine 4000stel? Guckt doch noch mal in Eurer Fotoarchiv, wann Ihr das letzte Mal mit einer 8000stel aufgenommen habt. Ein, zwei Mankos finde aber auch ich an der Df, und diese Kritik geht eher dahin, dass mir das angebliche "Retro" nicht konsequent genug umgesetzt wurde: Es fehlt der Schnittbildentfernungsmesser. Gerade durch die Flexibilität bedingt, bezüglich aller alten Nikon-Objektive und die anderer Hersteller, die keinen Autofocus haben, ist eine manuelle Hilfe unabdingbar. Wer schon mal, z.B. mit einem Planar oder Apo Sonnar versucht hat, an der D800E scharf zustellen, der würde so einen Schnittbildentfernungsmesser (oder einen Fresnell-Bereich, am besten beides) sehr begrüßen.
Aber das sind doch nur Marginalien. Wichtig ist, dass Nikon sich aus dem ganzen Einheitsbrei herauslöst (ich weiss, andere haben das vorher gemacht, aber das sollte doch mal zu dem Gedankengang führen, ob es tatsächlich "Retro" ist, oder ob dem Ganzen nicht doch in Wahrheit ein viel besseres Bedienkonzept zugrunde liegt) und weiter in diese Richtung entwickelt.
Alles in allen, man kann Nikon nur gratulieren und so, wie sich hier so viele Menschen über die Df ausgelassen haben, und in anderen Foren, kann man ganz sicher seine Hose drauf verwetten, dass die Df ein ziemlicher Erfolg wird. Natürlich kann man hoffen, dass der Preis runtergeht. Ich warte auf die Df 2 mit einem Schnittbildentfernungsmesser und einem besseren AF-Feld, nicht dieses kleine 39er, das muss auch dringend ausgebessert werden. Aber dann hätte Nikon die perfekte Kamera. Nichts da "retro", nichts da "puristisch" usw. das ist eine hochgradig State-od-theArt Kamera in einem bedienungsfreundlichen Gehäuse. (und schön ist es auch noch, meinetwegen könnte es ein klein wenig kleiner sein...
Obwohl ich so die Df auch unwahrscheinlich sexy finde....
Mit freundlichen Grüßen
p.s.: vergesst das "Retro". Konzentriert Euch auf den Inhalt