Jetzt werde ich meine Eindrücke der V1 auch einmal hier niederschreiben.
Für eilige Leser mit zwei Worten: interessant zwiespältig
Nun zum V1-Epos:
In 2012 habe ich in einem Anfall von Wahnsinn (ich besaß bereits zwei FX-Gehäuse) dann doch ein V1 Set mit 10-30 und 30-110 gekauft. Bereits nach 18 Monaten hatte ich dieses Set fast zerlegt. Wie kam es dazu?
Nur wenige Wochen alt hatte ich das 30-110 nach der Ankunft in LA in der Lufthansa-Maschine liegen lassen. Es wurde, obwohl ich 2 Stunden später am Schalter den Verlust meldete nie gefunden. Das 30-110 ist klein und kompakt. Derart kompakt, dass es in der engen Rücklehnentasche nicht auffällt (waren ja noch Prospekte drin). Gott sei Dank hatte ich noch meine D800 mit genug Brennweiten dabei. Ärgerlich war es trotzdem. In LA habe ich mit der V1 keine Fotos gemacht. Ich war sauer und konzentrierte mich auf die D800.
Später benutzte ich die V1 nur selten. Kein Wunder. Wenn man die D800 kennt, dann weiß man um die Quali und Reserven dieser Cam. So fristete die V1 ein Schattendasein. Erst dieses Jahr zum Karneval holte ich sie für timelapse Aufnahmen wieder aus der Vitrine. Montierte sie an einem Doppelsaugnapfstativ in ca. 1,2 m Höhe, über einem Betonboden und wurde nur 5 min später mittels Gravitation Richtung Betonboden befördert. Das Objektiv trennte sich etwas von der Cam (irgendwie schief) und das Stativ hielt stur die innige Verbindung zum Gehäuse aufrecht. Dafür hat der Akkufachdeckel ordentlich etwas abbekommen, bzw. die Kante/Ecke in der Region (Vermutlich Ort des ersten Aufschlages). Das Akku rutschte aus dem Fach. Bei dem Anblick war mir eigentlich klar, das damit nicht nur die Timelapseaktion beendet seit musste. Das ganze sah nicht mehr sehr vertauenswürdig aus. Die vorsichtige Demontage und Remontage des 10-30 gelang erfolgreich. Aber der Funktionstest von AF und Auslösung, die wirren Darstellungen am Display liessen das Schlimmste befürchten. Also die Cam weggelegt und versucht sich mit dem Gedanken arrangieren, die Cam für Bastler bei Ebay zu verschleudern. Eine Reparatur wäre zu teuer bei dem Preisverfall der V1. Der Schock sass tief. Fuck! I´m idiot.
Ich legte die Cam weg und machte mit den anderen Cams mein Fotoprojekt. Nach 5 min habe ich mich vom ersten Schock erholt und das Adrenalin abgebaut. In Ruhe habe ich die Cam untersucht. Das Objektiv nochmals de- und remontiert, um ggf. weitere Schäden zu erkennen, die Cam eingeschaltet und siehe da. Sie funktionierte.

Löste auf einmal wieder aus, der AF arbeitete und ich konnte mit der Cam die timelapse Aufnahmen fortsetzen. Alles funktionierte - bis heute. Zu Hause erwartete ich dann die Ernüchterung in Form unscharfer Fotos. Ich konnte nichts dramatisches feststellen, zumindest nicht sichtbar. Seit dem nutze ich die Cam meist als zusätzliche videocam und diesen Job machte sie gut, bis heute. In den letzten Wochen fing ich wieder an mit der V1 zu fotografieren. Naja, mit der D800 kann sie nicht mithalten. Aber wenn ich an des schwere Gerödel meiner FX-Ausrüstung denke (bis zum 200-400) war mir der Gedanke nach dem Erscheinen des Nikon 1 70-300 etwas abzurüsten sehr verlockend. Da ich bei der V1 trotzdem optische Fehler vermutete und mir die V2 und V3 zu teuer war, kaufte ich vor wenigen Wochen hier im Forum eine gebrauchte V1. Und siehe das der AF meiner alten V1 hat doch eine Macke. Er arbeitet im Fotomodus so, als wäre ein Adapter FT1 mit F-Mount-Linsen dran. Ein optischer Vergleichstest beider Cams steht noch aus. Ganz ehrlich, ich bin zu faul.
Mit der "neuen" V1 habe ich seit dem fast nur mit FX-Linsen (70-200 VRII und AF-S 85/1.8) fotografiert, seit gestern auch mit einem 40mm Makro DX.
Meine Eindrücke aus den bisherigen Fotos (alles Raw und Pict:Neutral) der letzten zwei Wochen (sind noch nicht so viele). (Bewertung nicht im Vergleich zu FX-Cams)
1. mit dem 40er makro bei ISO 100, Kunstlicht und auf Stativ: sehr gut, siehe Anhang (Motorradmodel), Originalausschnitt auf 1000x667 verkleinert und 1:1-Crop(DxO, dann PS Bearbeitung).
Man sieht sogar den nicht entfernten feinen Staubbelag, der mir ohne Brille kaum auffiel)
2. mit dem Setobjektiv gelingen gute Schnappschüsse, der AF schnell, für Schnappschüsse gut geeignet. Selbst bei dem heutigen "Zimmerlicht" (draußen Hochnebeldecke) packt der AF (AF-S Modus) auch in weniger gut beleuchtete Ecken zu. Die Bildquali ist ordentlich.
3. Bei Highiso 3200 sind auch Ergebnisse zu erreichen, die für Monitordarstellungen und Prints um 10x15 ausreichend gut sind.
4. Mit dem 70-200 VRII war ich bezüglich Auflösung, Kontrast und Farben zufrieden. Das Licht war jedoch etwas "mager" (leicht dunstig), siehe
Anlage (Kirche 1:1 Crop, Iso 100 bei 200mm 70-200 VRII = "540mm", ohne Stativ mit VR)
5. Um näherungweise das Gefühl für das 70-300 der 1er Reihe zu bekommen hatte ich ein TC17 an das 70-200 geflanscht. Siehe Anlage (Blüte), Originalausschnitt auf 1000x667 verkleinert, ISO 160, 340mm, F5, 1/250), VR on, freihändig). Es geht auch freihändig. Ich in aber mit dem Ergebnis zufrieden, wenn man die technischen Umstände (FX auf CX-Format und Konverter dazwischen, freihändig) berücksichtigt. DAs 70-300 ist ein heisser Kandidat.
6. Dann habe ich mir die Sensor-Laborwerte der DxO Chartliste angesehen. Das hätte ich nicht gedacht. Die V1 schneidet bildtechnisch quasi genauso gut ab, wie V2 und V3. Das mehr an Pixel-Auflösung lässt sich in der Praxis kaum sichtbar umsetzen. Leider gibt es noch keine Objektivtest zu V2 und V3.
Bei der V1 schneidet das 6.7-13 am besten ab. Ein heißer Kandidat, wenn ich SWW brauchen sollte. Aber mich interessiert zunächst mehr der Telebereich. Und hier erwarte ich vor allem eine besser AF Funktion des 70-300 im Vergleich zu den FX Linsen (immer nur AF-S).
7. Ein Vergleich mit FX Systemen ist obsolet. Ergibt sich von selbst, dass eine D800 u. a. hier das CX System an die Wand nageln. Zu den DX System (D3300 mit 18-55) sind die Unterschiede nicht mehr so gravierend.
8. Die AF-Funktion ist wirklich schnell. Spricht unbedingt für das Nikon 1 System.
9. Mit dem AF-S 85/1.8 gelingen sehr gute Auflösungen. Top-Linsen zeigen, was aus dem CX-Chip herauszuholen ist. Siehe Anlage Crop 1zu1 von von einem 5er, entwickelt unter VieNX, ohne Bearbeitung, keine Schärfung oder Kontrastbearbeitung, PictCtrl: neutral, Schärfung auf 2, freihändig, Iso 100, 1/500, F5,6, -0,3LW)
10. Die aus meiner Sicht besten Ergebnisse (in den meisten Fällen) erreiche ich mit der Einstellung -0,7LW, ISo 100, Blende zwischen F2.8 und 5.6, als möglichst weit offen. Daher arbeite ich häufig mit der Zeitautomatik (A-Modus) und alles in NEF/RAW abspeichern.
11. Als Taschencam ist das System ungeeignet. Wenn überhaupt, dann nur mit einem 10mm Pencake. Selbst das 10-30 nervt. Aber im Vergleich zu meinem FX-System ist es eine reine Wohltat mit wenig Gewicht gute Fotos zu erhalten.
12. Was ich bei der V1 vermisse sind die Cropreserven (wenn die Brennweite nicht ausreicht) und der sichtbar geringere Dynamikumfang im Vergleich zur D800/810.
Insgesamt, wie eingangs erwähnt, habe ich interessante und zum Teil zwiespältige Eindrücke der V1 gesammelt. Allerdings ist das Gesamtpaket für den von mir zugedachten Zweck sehr gut. Es wird mein FX System nie ersetzen können. Aber im oberen Tele-Bereich sehe ich für mich eine echte Alternative, wenn das 70-300 da ist. Denn aus gesundheitlichen Gründen kommen für mich Traglasten > 2 kg nicht mehr in Frage.
Zum Abschluss noch ein Schmankerl. Bei DxO Mark verglich in die V1 mit der D2H, mit der ich von 2004-2005 viel fotografierte. Ergebnis bezgl. Sensor: praktisch gleichwertig. Gehäusetechnisch ist die D2H natürlich eine andere Liga. Und bezüglich Rauschen im höheren ISO-Bereich tun sich beide auch nicht viel. Selbst die D2X ist hier nicht absolut überlegen. Das Nikon CX Format kommt insofern der Abbildungsqualität der D2 Generation sehr nahe bzw. ist gleichauf, oder sogar etwas besser - messtechnisch.
Mit dem Nikon 1 System hat Nikon ein interessantes optisches Werkzeug im Angebot, dass nur noch bezüglich der Bildqualität im Vergleich zu anderen spiegellosen Systemkameras aufholen muss. Und könnte das "neue" Patent bezüglich "Wabensensor" (Fuji S5 läßt grüßen) ein Weg dahin sein.
Wer in das Nikon 1 System einsteigen möchte darf getrost zu einer V1 greifen. Sie ist immer noch schnell genug und der V2 und V3 bildqualitativ sicherlich in der Praxis kaum unterlegen (bezogen auf DxoMark Messwerte).
Nachtrag/Ergänzung 2.12.14
Mittlerweile habe ich mir die Mühe gemacht und mir ein paar Fotos meiner alten Dx2 aus 2007 angesehen. Die Abb.quali der D2X ist sichtbar besser (abgesehen von eine rleicht höhren Auflösung). Ein direkter Vergleich unter gleichen Aufnahmenbedingungen ist mir nicht möglich.
Nachtrag 4.12.14
Heute Abend das 70-300 erhalten und erste Pics bei Kunstlicht und 800asa gemacht, bei 1/25 bis 1/125 zwischen 70 und 300mm. Wow. Wie mag das erst bei Tageslicht sein?