Ich zitier mal Andreas Feininger: "Fotografen-Idioten, von denen es so viele gibt, sagen: 'Ach hätte ich doch nur eine Nikon oder Leica, dann könnte ich tolle Fotos machen.' Das ist das Dämlichste, was ich in meinem Leben gehört habe."
Und er begründet das auch. Und unter diesem Aspekt finde ich manche Debatten über meßtechnische Unterschiede bestimmter Objektive oder Kameras reichlich theoretisch.
Ich wollte Feiningers Begründung lesen und habe dazu dies hier gefunden:
http://www.jh-foto.de/rockwell3.html
Dort stehen auch noch andere Beispiele, die ins selbe Horn blasen. Für mich ist das pure Blasphemie und Arroganz. Das ist genau das gleiche, als wenn Reiche sagen "Geld macht nicht glücklich" oder "Das Volk hat kein Brot, soll es doch Kuchen essen."
Feininger sagt u.a. "Jeder weiß, dass Autos nicht von selbst fahren, Schreibmaschinen nicht von selbst Romane schreiben und Rembrandts Pinsel nicht von selbst gemalt haben. Wieso also glauben ansonsten intelligente Menschen, Kameras wären eine Ausnahme und fotografierten ganz von alleine?"
Ja. Das stimmt und klingt so unglaublich weise und logisch. Fakt ist aber, dass es unglaublich dumme, widerliche Sponti-Sprüche sind. Der Herr müsste es besser wissen, beschreibt aber nicht das Ganze, sondern argumentiert mit Ausnahmen bzw. Teilstücken.
Ich widerlege diesen (sorry) ******* deshalb mal:
· Auto: Ja, isoliert betrachtet stimmt das, aber: Mit einem VW-Käfer (Hinterradantrieb, nur 34PS) komme ich im Winter nicht jede Steigung hoch und nicht an jedes Ziel. (Dass es mittlerweile sogar autonom fahrende Autos gibt ist sogar irrelevant)
· Schreibmaschine: Ja, isoliert betrachtet klingt das richtig. Aber: Kreative Gedanken, die man mühevoll in eine mechanische Schreibmaschine eintippen muss, verflüchtigen sich auch schnell bevor sie komplett niedergeschrieben sind. Eine elektrische Schreibmaschine oder eine gute Cherry-Blau oder IBM-Knickfeder Tastatur können dagegen den Schreibfluss eines Kreativen dermassen beschleunigen, dass viele komplexe, flüchtige Gedanken auf Papier manifestiert werden können, bevor sie verblassen. Und jetzt kein Contra bitte, jeder(!) kennt das, dass man sich beim Aufwachen noch ganz genau an seinen Traum erinnern konnte, aber eine kleine Störung wie "Willst du ein Brötchen" (PLOPP) alles(!!) verschwinden läßt!
· Pinsel: Ja, das klingt ja so lustig und richtig.. Aber hat Rembrandt nicht mit einer ganzen Palette aus verschieden dicken Rosshaarpinseln gearbeitet? Hat nicht jeder große Meister mit verschiedensten Pinseln und Farben aus unterschiedlichster Herstellung experimentiert?
Ich finde es wirklich erstaunlich, wie lange sich dumme Gerüchte und Halbwahrheiten halten!
Um 1900 dachte mal jemand darüber nach, dass es für süß, sauer, bitter usw. auf der Zunge verschiedene Zuständigkeitsbereiche geben könnte und hat die Idee aber selbst abgetan. Dümmere haben dann die "Zungenkarte" etabliert, die sich bis in die 1970er gehalten hat. Dabei kann nachweislich jedes 7-jährige Kind das schon widerlegen.
Die Halbwahrheit "
Man kann mit jeder Kamera* ein gutes Foto machen"** stimmt ja als solches. Aber sie ist eben nur TEIL einer komplexeren Wahrheit. Und es bedeutet im Umkehrschluss ja nicht: "Man kann mit jeder Kamera jedes Foto gut machen"!!! Und selbst wenn man mit einer Kamera ein Foto machen könnte, kann es sein, dass dies nur mit viel Glück möglich ist, mit einer anderen Kamera jedoch quasi garantiert funktioniert. Sportfotografen, die Torszenen festhalten wollen, oder Fouls, werden mir sicher zustimmen, dass mit Dauerfeuer, hohen FPS und viel Speicherplatz ein entsprechendes Bild wesentlich sicherer im Kasten ist, als mit einer 36 Bild KB-Kamera ohne Winder.
* Darüber hinaus gibts andererseits auch wirklich so schlechte Kameras.... also wenn ich
diese hier jemanden in die Hand drücke, wird er Feininger wohl kaum noch weiter verteidigen wollen..
** Es stimmt z.B. nur dann, wenn entweder ein Laie einen Glückstreffer/Schnappschuss landet, oder wenn ein guter Fotograf die Limits der jeweiligen Kamera kennt und ein Motiv + Situation sucht, bei denen diese Limitationen bzw. Handicaps egal sind.
Hinzu kommt vor allem: Solche "absoluten" Aussagen müssen sich an mathematischen Prinzipien (so nenne ich es mal) messen lassen. Eine mathematische Formel ist nicht richtig, weil sie in bestimmten Fällen funktioniert. Sie ist im Gegenteil sofort widerlegt, wenn sie nur in einem einzigen Fall nicht stimmt.
Genau so sehe ich das auch bei solchen "absoluten" Aussagen. Man kann z.B. nicht sagen, der Mond leuchtet immer weiß. Denn es gibt auch den Blutmond. Die Aussage "weiß" ist also falsch.
Pfu.. so.. das war jetzt ne Menge Text. Kann ich das irgendwo als Doktorarbeit einreichen?
![Smile :) :)](data:image/gif;base64,R0lGODlhAQABAIAAAAAAAP///yH5BAEAAAAALAAAAAABAAEAAAIBRAA7)