Hallo Borgefjell,
wir widersprechen uns ja nicht mal, wir reden nur mit unterschiedlichen Begriffen aneinander vorbei.
Angesichts der Tatsache, dass Kondensation in Abhängigkeit von (> 100%) rel. Luftfeuchte auftritt, macht es natürlich Sinn, so wie Du von der rel. LF zu sprechen. Da diese aber temperaturabhängig ist, während die gelöste Wassermenge konstant ist, finde ich es anschaulicher, nicht von der steigenden rel. LF zu reden, sondern lieber von der sinkenden Aufnahmekapazität der Luft. Ich habe also über die abs. LF (bzw. H2O-Menge) gesprochen, das nur evtl. nicht deutlich genug klar gemacht.
Auch dass bei gleicher abs. LF in- und außerhalb der Station draußen die rel. LF höher ist, sehe ich wie Du. Aber wie Du selbst schreibst, ist ja in der Station (selbst wenn es dort weder Luftbefeuchter noch Wasserkocher o.ä. gäbe) die abs. LF durch die H2O-Abatmung jederzeit höher als draußen und steigt auch solange weiter an, wie nicht gelüftet wird oder eine zu hohe rel. LF das Atmen erschwert. Da der Mensch sich bei etwa 60% rel. LF behaglich fühlt (darunter wird das Ein-, darüber das Ausatmen schwer) und gleichzeitig die höhere Temperatur einen (überproportional) ansteigenden Sättigungsgrad ermöglicht, liegt die absolute LF innerhalb der Station also um ein mehrfaches (!) über der außerhalb.
Warum Du trotzdem keine Kondensation in der Kamera hattest kann verschiedene Ursachen haben:
- die Unterkünfte waren nicht so warm oder sehr gut gelüftet
- die Luft draußen war zwar vielleicht gefühlt sehr kalt, aber reell nicht so sehr durch hohen Windchill
- ein hoher Windchill-Faktor würde gleichzeitig einen Feuchtigkeitsausgleich zwischen Kamerainnerem und draußen beschleunigen, da die Objektive ja oft nicht 100% dicht sind
- Pumpen beim Hin- und Herzoomen hat den Luftaustausch ggf. begünstigt
- du warst nicht lang genug draußen oder die Kamera war durch Körpernähe oder Abdeckung so gut geschützt, dass sie sich ausreichend langsam abgekühlt hat
- der Objektivtubus war aus Plastik statt aus schnell die Restwärme abgebendem Metall
- Kondensation auf inneren Linsen sieht man nicht immer sofort
- der Temperaturunterschied zwischen draußen und drinnen lag mehr im Minus- als im Plusbereich
Zu letzterem passen nämlich auch meine Erfahrungen:
Brocken im Winter (nur dann nicht vernebelt), Alpen im Winter - alles kein Problem, Außentemperaturen bis -15, Auto aber auch selten wärmer als +15 °C: nie Kondensation bemerkt.
Dagegen im Herbst in Bremerhaven: 4:30 keine Kondensation, 5:30 plötzlich massiv.
Warum? Eben weil die Sättigungsmenge überproportional ansteigt, macht ein Unterschied 20 zu 10°C deutlich mehr aus als z.B. 10 zu 0°C.
Genau deswegen habe ich letzten Samstag auf Usedom eine tolle Nebelwiese erwischt und lieben die Astronomen den Winter.
Und für Hunnenhorst findet die Kondensation auch primär nur bis vielleicht -10°C Außentemperatur statt, d.h. die -70°C machen den Unterschied gegenüber z.B. -10°C tatsächlich erst dadurch, dass das größere DeltaT die Kamera schneller abkühlen lässt und so weniger H2O durch Luftaustausch statt Kondensation abgegeben werden kann.
Die Kamera waermt die Grenzschicht, was dort fuer eine sehr niedrige relative Luftfeuchte sorgt, dementsprechend findet sofort eine Verdunstung statt. Kondens im Objektiv ist bei mir bisher nur aufgetreten, wenn due Kamera vom kalten ins warme gekommen ist (dein Beispiel vom Brillengeschaeft), da dort das gleich umgekehrt passiert, die Grenzschicht kuehlt ab und die Luftfeuchte faellt als Kondens aus.
Das ist es ja gerade (nicht). Die eingeschlossene Luft hält ihre Temperatur sehr gut, während der Objektivtubus sehr schnell die Umgebungstemperatur annimmt - das einzige, was an der Kamera warm wird, sind die Baugruppen ab Sensor und dahinter. Entsprechend verdunstet da im Objektiv nichts, sondern im Gegenteil fällt die hohe (abs.) LF an den abgekühlten Glas- und Tubusinnenflächen aus.
Das Hinausgehen mit der Kamera ist also eher mit einem warmen Auto im kalten Winter zu vergleichen - da beschlagen die Scheiben auch innen.
Beim Hineingehen mit der Kamera ist es dann wie mit einer Brille: das kalte Objekt lässt die warme Luft im Raum kondensieren. D.h. das Objektiv beschlägt, diesmal aber nicht wie von Dir beschrieben innen, sondern außen. Denn die Luft im Objektiv tauscht sich i.d.R. langsamer aus bzw. nimmt langsamer H2O aus der Umgebung auf, die kondensieren könnte, als die Linsen die Raumtemperatur annehmen.
Ausnahme wäre natürlich, wenn Du mit dem Objektiv nach dem Betreten der Station ordentlich "pumpst". Dann kannst Du u.U. tatsächlich auch erneut Innenbeschlag bekommen.
Liebe Grüße,
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