Guten Tag, ich habe hier seit einiger Zeit mitgelesen und möchte mich für die zahlreichen Anregungen bedanken. Ich stand vor derselben Frage, nämlich ob ich mir eine X10 kaufe oder eventuell sogar eine X100. Ich fotografiere seit 2006 digital, zunächst mit einer EOS 350D, dann mit einer EOS 30D und seit einiger Zeit mit einer EOS 5D Mk II. Praktisch alle Fotos, die ich ausdrucken lasse oder selbst ausdrucke, bearbeite ich nach – ursprünglich mit der mitgelieferten Canon-Software, später mit Photoshop Elements und neuerdings mit Lightroom –, auch wenn es häufig nur Korrekturen der Belichtung und des Ausschnitts sind. Das beste Ausgangsmaterial dafür bieten RAW-Dateien.
Die Vorrede ist wichtig, denn mein Eindruck ist, daß die, die hier bis jetzt geschrieben haben, teilweise von sehr unterschiedlichen Vorstellungen und Erwartungen ausgehen. Diese sind aber entscheidend für die Beantwortung der Frage nach der „X10“ oder der „X100“. Ich bin auf die Kameras aufmerksam geworden, weil ich gelesen habe, daß man damit annähernd in der Qualität fotografieren kann, die mit Spiegelreflexkameras möglich ist. Aber man braucht nicht soviel Zeugs mit sich herumzuschleppen. Außerdem gefällt mir das Design. Die Bildqualität der X100 wurde im Juni in einer Fotozeitschrift mit „80 %“, die der X10 mit „77 %“ bewertet. Die Differenz von drei Prozentpunkten erschien mir kaum relevant, der Preisunterschied im Verhältnis dazu dagegen schon: Also entschied ich mich für die X10.
In zweierlei Hinsicht bin ich bitter enttäuscht worden; beide Punkte habe ich so pointiert hier in der Diskussion beim ersten Durchlesen nicht wahrgenommen: Erstens rauschen die RAW-Bilder der X10 bereits bei ISO 100 in Lightroom gewaltig. Man kann das mit der Detailkorrektur verbessern, aber dann werden die Bilder weicher gezeichnet. Das ist für mich keine akzeptable Alternative zur DSLR, auch nicht für die sogenannten Schnappschüsse, denn auch bei „Schnappschüssen“ ist immer wieder einmal einer dabei, bei dem alles stimmt bis hin zum besonderen Lächeln eines Modells. Wenn ich dann entscheiden muß, ob ich den Schnee oder den Matsch ertrage, lohnt sich meines Erachtens der Aufwand nicht, auch nicht mit einer so kleinen Kamera. (Das ist dezidiert meine persönliche Meinung.)
Die zweite Enttäuschung war der Sucher. Das hätte ich allerdings besser wissen können, wenn ich die Datenblätter gründlicher studiert hätte. Es ist zwar ein optischer Sucher, aber Zeit, Blende, Fokusfeld und so weiter können nicht eingeblendet werden. Das heißt, daß man die Kamera letztlich doch 30 Zentimeter vor seine Augen hält und versucht, das Display aus der Entfernung zu beurteilen – das mag ich (wiederum persönlich) nicht.
Angesichts dessen habe ich den Vollautomatikmodus ausprobiert. Mit diesen Vollautomatiken habe ich praktisch keine Erfahrung – ich fotografiere meistens mit Zeitautomatik. Was dabei herauskam, hat mich dann aber durchaus positiv verblüfft. Besonders von den Farben war ich beeindruckt. Offenbar kann man damit nicht viel falsch machen – aber man kann eben auch nichts anders machen, als es die Automatik vorgibt, man hat keine Gestaltungsmöglichkeiten.
Das wollte ich (persönlich) letztlich auch nicht. Ich habe mit mir gerungen, ob ich die X10 zurückgebe, als sich eine – jedenfalls nicht nachteilhafte – Möglichkeit ergab, auch die X100 auszuprobieren. Und das ist es nun: Die Qualität der RAW-Bilder ist als Alternative zur DSLR-Qualität akzeptabel (obwohl die geringste Empfindlichkeit ISO 200 ist, nicht ISO 100). Daß der Qualitätsunterschied zwischen X10- und X100-Bildern nur 3 Prozentpunkte betragen soll, verstehe ich nicht. Der Sucher der X100 mit allen eingeblendeten Informationen gefällt mir ganz ausgezeichnet. Die Bedienung über die mechanischen Ringe, Knöpfe und Tasten ist quasi intuitiv gelöst. Die Kamera ist klein und handlich, man kann sie einfach einstecken und mitnehmen. Das ist genau das, was ich persönlich wollte.
Fazit: Wer „von unten“ kommt und weiter vollautomatische JPEG-Aufnahmen machen möchte, bekommt mit der X10 bestimmt eine tolle Kamera. Wer sich dagegen „von oben“ nach unten orientiert, kann mit der X10 meines Erachtens nicht glücklich werden, sondern sollte sofort die X100 kaufen. Schließlich gibt es natürlich noch die Möglichkeit, vor allem für Sammler, beide Apparate anzuschaffen. Das hat oben schon einmal jemand geschrieben. Ich habe es für Ironie gehalten, gelacht, es aber nicht weiter bedacht. Aber so abwegig ist der Vorschlag gar nicht, denn die beiden Kameras sind nicht, wie ich erwartet hatte, zwei ähnliche Modelle mit einem gewissen Qualitätsunterschied, sondern es sind zwei grundverschiedene Konzepte – wenn auch in ähnlichem Design –, die sich bei dem einen oder anderen vielleicht tatsächlich ergänzen können.
Ob man mit der 35-mm-Kleinbild-Festbrennweite der X100 auskommt ist eine ganz andere Frage.
Beste Grüße!