AW: Olympus kommt: langsam, aber gewaltig...
Mir geht es so, das ich zwar einerseits ein bisschen die interessanten Diskussionen im Olympus-Unterforum vermisse, aber gerade auch durch den dort oft herrschenden aggressiven, rechthaberischen, unhöflichen und auf andere Weise unangenehmen Ton sowohl ein bisschen aus den Olympus-Gruppen als auch generell aus dem DSLR-Forum "vertrieben" worden bin. Ich habe Alternativen gefunden, wo der Umgangston deutlich zivilisierter ist und und die Themen mehr Substanz haben.
Lange Zeit aber war dieses Forum und Olympus der Grund, hier mitzulesen und manchmal zu posten.
Ob Olympus noch gewaltig kommt, darüber bin ich mir nicht sicher. Ich hatte schon einige Oly-DSLRs und habe noch die E-30 mit einigen Objektiven, die ich nach wie vor sehr gerne mag, und für die ich bei den anderen Marken bisher keinen Ersatz gesehen hätte, der diese Kombination aus den für mich richtigen Features vorzuweisen hätte. Die einzige DSLR, die ich mir derzeit als Ersatz dafür denken könnte, wäre die E-5...
Auch das µFT-Format habe ich angeschafft und fand die E-P2 lange Zeit sehr gut und habe sie sehr viel benutzt. Mittlerweile liegt sie meist hier herum und das ist auch einer der Gründe, warum ich so ein paar Zweifel habe, ob Olympus da noch groß kommt.
Ich gehöre nicht zu den Apokalyptikern, die Olympus' Untergang prophezeien. Aber ich habe den Eindruck, dass die teilweise genialen Ingenieure, die es bei Olympus offenbar gibt, durch ein katastrophal schlechtes Marketing und absurde Produktstrategie-Entscheidungen mehr als überkompensiert werden.
Die E-P2 war eine geniale Designstudie, hat mit dem ersten Wurf eine neue Kamera-Kategorie etabliert; mir geht Apple und das iPad durch den Kopf: ein Gerät, dass es im Prinzip schon vorher gab, aber sie haben es als erstes "richtig" gemacht, so dass ein Markt draus wurde. Ebenso Olympus mit den digitalen Systemkameras mit EVF. Leider ist das ganze nur so ein bisschen halbgar und nachdem ich einige altmodische Alternativen probiert habe, bin ich verblüfft, dass einerseits ein offenbar so gutes Konzept hinter µFT steht, das ganze dann aber in so komische, für mich fehlgeleitete Bahnen sich entwickelt. Das Bedienkonzept der E-P2 ist meiner Ansicht nach ein sehr schlechtes Design, weil mir die Kamera meist mehr im Weg steht, als dass sie mich unterstützt. Neben der lausigen Ergonomie stehen noch einige technische Unzulänglichkeiten im Raum, für die es eigentlich nur marketingtechnische Gründe geben kann. Die Techniker bei Olympus hätten es drauf...
Nicht Olympus' Schuld, sondern ein grundlegendes Problem der kompakten Systemkameras mit EVF ist, dass bei aller Begeisterung über diese beeindruckenden Sucher, sie doch einige Schwächen haben, die für mich und vermutlich manch anderen ihre Vorteile zunichte machen. An dieser Stelle könnte der Sucher der X100 von Fuji ein erster Schritt in die richtige Richtung sein, der aber auch prinzipielle Grenzen hat.
Bei Olympus ist das Problem, dass sie ja nun die DSLR-Reihe einstellen wollen. Da ist aber noch ein weiter Weg zu gehen, und ich bin mir unsicher, ob die Brückenzeit nicht zu viele Nutzer zur Konkurrenz treibt und Olympus' Marketing dann irgendwann entscheidet, dass sich Innovation in diesem Teilbereich nicht mehr lohnt.
Der EVF von Olympus, bzw. die Software dahinter, hat derzeit z.B. das Problem, dass man in ihm so gut wie nicht die Effekte eines Polfilters auf Himmel oder Farben erkennen kann, verschwindene Spiegelungen gehen allerdings. Dennoch ist der Einsatz eines Polfilters mit dem EVF zum Glücksspiel geworden. Weiterhin stört die Bildqualität bei schlechtem Umgebungslicht.
Durch die E-P2, bin ich letztendlich zu Alternativen gekommen, die auch nicht perfekt sind. Z.B. meine R-D1, eine hoffnungslos veraltete 6MP digitale Messucherkamera, ist mittlerweile zu meinem Liebling geworden. Das Konzept der E-P2 ging ein bisschen in die Richtung Messucher, aber das Handling ist einfach gruselig gegen eine solche Kamera. Der Sucher der E-P2 ist trotz all seiner Raffinessen kein Vergleich zu einem ordentlichen Messucher in dem Bereich, in dem zumindest ich so eine Kamera einsetze. Dazu kommen noch viele andere technische Unzulänglichkeiten, die mich einfach stören. Die R-D1 und ein paar andere analoge Messsucher-Kameras, die ich habe, haben offenbar eine sehr lange Design-Evolution hinter sich, so dass sie an einem Punkt angekommen waren, bei dem einem die Kamera nicht mehr im Weg steht, sondern ein unauffälliges und effektives Werkzeug wird. Dort ist µFT noch sehr lange nicht... Es gibt ein geniales Buch zu dem grundlegenden Thema, "The design of everyday things", das ich den für das Bedienkonzept der E-P2 Verantwortlichen zu gern als Pflichtlektüre auf den Nachttisch legen würde...
Eine DSLR kann die Kamera aus diversen anderen Gründen nicht ersetzen - und bisher soll sie es auch nicht. Aber Olympus hat sich zum Ziel gesetzt, das zu erreichen, ich bin gespannt, ob sie das hinbekommen, aber meine Zweifel mehren sich, je länger ich die Nicht-Fortentwicklung bei Olympus sehe. Die Bildqualität der Oly-DSLRs und auch der E-P2 sind für mich immer hervorragend gewesen, aber ich stelle fest, dass auch andere Hersteller das mittlerweile gut hinbekommen oder schon hinbekommen haben: mit den Farben und dem Rauschverhalten der 8 oder 9 Jahre alten R-D1 bin ich vollkommen zufrieden. Die nächste Stufe wäre derzeit eine M9 oder mögliche M10, sollte es die schon geben, bis ich so viel Geld zusammen habe...
Es ist irgendwie tragisch. Bei Olympus gibt es offenbar so viel technisches und innovatives Potential, aber dafür ein derart desolates Marketing, dass ich einfach nicht begreife, wie das zusammengeht.
Innerlich verabschiede ich mich immer weiter von µFT, was ich irgendwie bedaure. Die E-30 wird aber wohl noch ein paar Jahre halten, da ich hier einfach keine Alternative sehe im Moment. Und leider verabschiedet sich Olympus offenbar von FT, so dass hier nicht mehr viel kommen wird.
"Das waren noch Zeiten..." - ist ehrlich gesagt eine Aussage, die ich nicht mehr unterstützen kann. Anfangs war ich begeistert von den Oly-Unterforen, aber ich glaube, das lag sehr am System und was es geboten hat. Der Ton war aber schon immer sehr unschön dort und eine Zeit lang hatte ich den Eindruck, dass dort vieles ziemlich eskaliert ist. Vieles ist da kaputt gegangen und man muss abwarten, ob sich das mit den noch vorhandenen Olympus-Usern, die dort posten, wieder erholen kann. Da aber bei Olympus die meiner Ansicht nach richtigen Innovationen fehlen und die Produktpolitik den Eindruck macht, als würde sie von heimlichen Agenten der Konkurrenz gemacht, bin ich da skeptisch.
Tja, nichtsdestotrotz, an den Untergang glaube ich nicht. Nur meine Begeisterung für das System ist irgendwie durch die ganzen Umstände verloren gegangen, und wenn man bei einem Hobby (und ich verdiene mein Geld nicht mit Fotos, daher zähle ich mich zu den Hobbyisten und Liebhabern) die Begeisterung langsam verliert, stirbt das ganze in einem einen langsamen Tod... Bei mir und Olympus hat dieser Prozess offenbar eingesetzt, bei der Fotografie an sich nicht, ganz im Gegenteil.