Gast_48373
Guest
Es gibt einen Grund, warum mit abnehmender Brennweite der Autofokus Probleme bekommt. Wer die technischen Details nicht wissen möchte, kann die folgenden beiden Abschnitt überspringen.
Bei dem AF heutiger DSLRs handelt es sich um einen Phasen-AF.
Dieser nutzt eine optische Konstruktion, um nicht nur wie ein Kontrast-AF den Schärfegrad (maximale Ortsfrequenzen der Fourieranalyse) zu diagnostizieren, sondern auch zurückzumelden, ob näher oder weiter fokussiert werden muss und (relativ) wieviel. Mit dieser Rückmeldung kann man sich per Newtonschem Iterationsverfahren der optimalen Schärfe nähern: meldet der AF einen starken Fehlfokus, wird stark in die entgegengesetzte Richtung korrigiert; bei leichtem Fehlfokus entsprechend weniger. Die Iteration sorgt dabei dafür, dass man ein Ergebnis erhält unabhängig davon, welche Brennweite bzw. welcher Abbildungsmaßstab am Objektiv eingestellt ist. Mehr dazu weiter unten.
Wie funktioniert nun der Phasen-AF genau?
Die von einem Objektiv eintreffenden Lichtstrahlen werden (bei korrekter Fokussierung) durch das Objektiv in der Bildebene gebündelt, sind also hinter dem Objektiv nicht mehr parallel und würden ohne den Sensor hinter der Bildebene wieder auseinanderlaufen. An genau dieser Stelle setzt der AF an: Von dem Licht, was durch den Spiegel in das Sucherprisma umgelenkt wird, wird durch einen teildurchlässigen 2. Spiegel einer kleiner Bruchteil so zum AF umgelenkt, dass die optische Weglänge jener zur Bildebene (Image Focus Screen) entspricht, d.h. die Lichtstrahlen bei korrekter Fokussierung auch dort zusammenlaufen. Allerdings treffen sie dort nicht auf einen Sensor, sondern laufen nach dem "Eingang" des AF wirklich wieder auseinander.
Der AF selbst enthält nun zunächst eine Kondensorlinse, welche der Anpassung der eintreffenden Lichtwinkel an die AF-Maße dient. Dahinter befinden sich in einiger Entfernung 2 oder 4 Blenden (Linien- oder Kreuzsensor), hinter denen direkt jeweils eine Separatorlinse sitzt. Die Linsen sind dabei so dimensioniert, dass sie das eintreffende Licht genau dann in 2 bzw. 4 Sensoren bündeln, wenn die in die AF-Einheit eintretenden Lichtstrahlen am Image Focus Screen gebündelt sind (also richtig fokussiert ist). Siehe dazu das obige Bild.
Ist nun aber zu weit fokussiert, wandert der Brennpunkt der Separatorlinsen zunächst hinter den Sensor (vgl. Weitsichtigkeit beim menschlichen Auge). Dadurch, dass die Lichtbündel zwischen Kondensorlinse und Separatorlinsen schon nicht mehr parallel waren, wandert das aus letzteren austretende Licht aber auch weiter weg von der optischen Achse der Kondensorlinse (der "Mitte" der Sensoren). In der Skizze ist das vielleicht nicht so gut zu sehen, sehr wohl aber an der zugehörigen Signalkurve:
Ist dagegen zu nah fokussiert, verlagert sich der Brennpunkt der Separatorlinsen vor die Sensoren (vgl. Kurzsichtigkeit beim menschlichen Auge). Da sich das Bild am Brennpunkt dann aber um 180° dreht, rücken die von der Separatorlinse kommenden Lichtstrahlen in diesem Fall zur optischen Achse der Kondensorlinse (der "Mitte" der Sensoren) hin. Siehe auch hier wieder die Signalkurve unten links in der Skizze:
Die 3 Bilder sind (c) Olympus, zu finden unter http://6mpixel.org/?p=320, wo der Sachverhalt übrigens auch sehr schön erläutert wird.
Warum gibt es nun Fokusprobleme bei kurzen Brennweiten?
Das hat im Wesentlichen 3 Gründe:
1.) Bei kurzen Brennweiten erfasst die Kamera einen größeren Bildwinkel, d.h. auch der AF-Sensor muss einen größeren Bildwinkel abdecken. Da der Sensor nun nicht aus tausenden Mikosensoren besteht, erfasst er nur die mittlere Helligkeit des von ihm abgedeckten Bildwinkels, wodurch scharfe Kontraste insbesondere feiner Details zunehmend "verwaschen" werden. Nur extreme oder großflächigere Kontraste können dann noch zuverlässig erkannt werden. Beispielhaft kann man einmal ein Blatt Millimeterpapier in 20 m Entfernung aufhängen und dann mit 20 und 200 mm Brennweite schauen, wieviel Details man jeweils noch erkennt. Bekannter ist der Effekt unter dem Namen Aliasing, wobei es sich dabei um eine Folge des Nyquist-Shannon-Abtasttheorems handelt.
2.) Bei kurzen Brennweiten ist wegen Blendendurchmesser d = Brennweite f / Blendenzahl F die Schärfentiefe höher. Physikalisch äußert sich das so, dass mit kleineren Blenden die auf den AF-Sensor fallenden Strahlen immer paralleler werden. Die Schärfeiteration beginnt also bereits mit kleineren Differenzwerten des AF-Sensors, die aber auf relativ größere Fokusentfernungen umgesetzt werden müssen. Ist die Messgenauigkeit (schneller als bei höheren Brennweiten) erreicht, hört die Schärfesuche eben auf.
3.) (Ultra-) Weitwinkel sind i.d.R. auch nicht besonders lichtstark, d.h. beginnen erst mit höheren Blendenzahlen wie z.B. 3.5. Wegen d=f/F verstärkt auch das das Problem aus 2.
"Quick & dirty AF"?
Macht man die Sensoren des Autofokus größer, können sie nicht nur mehr Licht aufnehmen, sondern sie erfassen auch über einen weiteren Bereich Unschärfen, die Iterationsschritte sind größer. Dadurch hat man schneller ein Ergebnis - dieses ist aber auch ungenauer. Vergleichen kann man das in etwa damit, ob man eine Badewanne mit mehreren Bällen gleichzeitig oder einzeln nacheinander füllt. Im ersten Fall geht es schneller, dafür kann man nicht mehr genau sagen, welcher sie irgendwann zum Überlaufen gebracht hat. Zwischen diesen beiden Extremen müssen die Kamerabauer also einen optimalen Kompromiß finden. Ob man jetzt aber pauschal sagen kann "Canon = quick & dirty, Nikon = slow & clean", würde ich nicht unterschreiben. Das hängt vermutlich eher von jedem einzelnen Modell und der angedachten Zielgruppe ab.
*****
Bei dem AF heutiger DSLRs handelt es sich um einen Phasen-AF.
Dieser nutzt eine optische Konstruktion, um nicht nur wie ein Kontrast-AF den Schärfegrad (maximale Ortsfrequenzen der Fourieranalyse) zu diagnostizieren, sondern auch zurückzumelden, ob näher oder weiter fokussiert werden muss und (relativ) wieviel. Mit dieser Rückmeldung kann man sich per Newtonschem Iterationsverfahren der optimalen Schärfe nähern: meldet der AF einen starken Fehlfokus, wird stark in die entgegengesetzte Richtung korrigiert; bei leichtem Fehlfokus entsprechend weniger. Die Iteration sorgt dabei dafür, dass man ein Ergebnis erhält unabhängig davon, welche Brennweite bzw. welcher Abbildungsmaßstab am Objektiv eingestellt ist. Mehr dazu weiter unten.
Wie funktioniert nun der Phasen-AF genau?
Die von einem Objektiv eintreffenden Lichtstrahlen werden (bei korrekter Fokussierung) durch das Objektiv in der Bildebene gebündelt, sind also hinter dem Objektiv nicht mehr parallel und würden ohne den Sensor hinter der Bildebene wieder auseinanderlaufen. An genau dieser Stelle setzt der AF an: Von dem Licht, was durch den Spiegel in das Sucherprisma umgelenkt wird, wird durch einen teildurchlässigen 2. Spiegel einer kleiner Bruchteil so zum AF umgelenkt, dass die optische Weglänge jener zur Bildebene (Image Focus Screen) entspricht, d.h. die Lichtstrahlen bei korrekter Fokussierung auch dort zusammenlaufen. Allerdings treffen sie dort nicht auf einen Sensor, sondern laufen nach dem "Eingang" des AF wirklich wieder auseinander.

Der AF selbst enthält nun zunächst eine Kondensorlinse, welche der Anpassung der eintreffenden Lichtwinkel an die AF-Maße dient. Dahinter befinden sich in einiger Entfernung 2 oder 4 Blenden (Linien- oder Kreuzsensor), hinter denen direkt jeweils eine Separatorlinse sitzt. Die Linsen sind dabei so dimensioniert, dass sie das eintreffende Licht genau dann in 2 bzw. 4 Sensoren bündeln, wenn die in die AF-Einheit eintretenden Lichtstrahlen am Image Focus Screen gebündelt sind (also richtig fokussiert ist). Siehe dazu das obige Bild.
Ist nun aber zu weit fokussiert, wandert der Brennpunkt der Separatorlinsen zunächst hinter den Sensor (vgl. Weitsichtigkeit beim menschlichen Auge). Dadurch, dass die Lichtbündel zwischen Kondensorlinse und Separatorlinsen schon nicht mehr parallel waren, wandert das aus letzteren austretende Licht aber auch weiter weg von der optischen Achse der Kondensorlinse (der "Mitte" der Sensoren). In der Skizze ist das vielleicht nicht so gut zu sehen, sehr wohl aber an der zugehörigen Signalkurve:

Ist dagegen zu nah fokussiert, verlagert sich der Brennpunkt der Separatorlinsen vor die Sensoren (vgl. Kurzsichtigkeit beim menschlichen Auge). Da sich das Bild am Brennpunkt dann aber um 180° dreht, rücken die von der Separatorlinse kommenden Lichtstrahlen in diesem Fall zur optischen Achse der Kondensorlinse (der "Mitte" der Sensoren) hin. Siehe auch hier wieder die Signalkurve unten links in der Skizze:

Die 3 Bilder sind (c) Olympus, zu finden unter http://6mpixel.org/?p=320, wo der Sachverhalt übrigens auch sehr schön erläutert wird.
Warum gibt es nun Fokusprobleme bei kurzen Brennweiten?
Das hat im Wesentlichen 3 Gründe:
1.) Bei kurzen Brennweiten erfasst die Kamera einen größeren Bildwinkel, d.h. auch der AF-Sensor muss einen größeren Bildwinkel abdecken. Da der Sensor nun nicht aus tausenden Mikosensoren besteht, erfasst er nur die mittlere Helligkeit des von ihm abgedeckten Bildwinkels, wodurch scharfe Kontraste insbesondere feiner Details zunehmend "verwaschen" werden. Nur extreme oder großflächigere Kontraste können dann noch zuverlässig erkannt werden. Beispielhaft kann man einmal ein Blatt Millimeterpapier in 20 m Entfernung aufhängen und dann mit 20 und 200 mm Brennweite schauen, wieviel Details man jeweils noch erkennt. Bekannter ist der Effekt unter dem Namen Aliasing, wobei es sich dabei um eine Folge des Nyquist-Shannon-Abtasttheorems handelt.
2.) Bei kurzen Brennweiten ist wegen Blendendurchmesser d = Brennweite f / Blendenzahl F die Schärfentiefe höher. Physikalisch äußert sich das so, dass mit kleineren Blenden die auf den AF-Sensor fallenden Strahlen immer paralleler werden. Die Schärfeiteration beginnt also bereits mit kleineren Differenzwerten des AF-Sensors, die aber auf relativ größere Fokusentfernungen umgesetzt werden müssen. Ist die Messgenauigkeit (schneller als bei höheren Brennweiten) erreicht, hört die Schärfesuche eben auf.
3.) (Ultra-) Weitwinkel sind i.d.R. auch nicht besonders lichtstark, d.h. beginnen erst mit höheren Blendenzahlen wie z.B. 3.5. Wegen d=f/F verstärkt auch das das Problem aus 2.
"Quick & dirty AF"?
Macht man die Sensoren des Autofokus größer, können sie nicht nur mehr Licht aufnehmen, sondern sie erfassen auch über einen weiteren Bereich Unschärfen, die Iterationsschritte sind größer. Dadurch hat man schneller ein Ergebnis - dieses ist aber auch ungenauer. Vergleichen kann man das in etwa damit, ob man eine Badewanne mit mehreren Bällen gleichzeitig oder einzeln nacheinander füllt. Im ersten Fall geht es schneller, dafür kann man nicht mehr genau sagen, welcher sie irgendwann zum Überlaufen gebracht hat. Zwischen diesen beiden Extremen müssen die Kamerabauer also einen optimalen Kompromiß finden. Ob man jetzt aber pauschal sagen kann "Canon = quick & dirty, Nikon = slow & clean", würde ich nicht unterschreiben. Das hängt vermutlich eher von jedem einzelnen Modell und der angedachten Zielgruppe ab.
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