Hm, ohje... wo fang ich an. Am besten beim letzten Wochenende.
Ich war mit meiner Freundin in einem Korn und einem Weizenfeld. Nebst den üblichen Blicken (wobei die wohl eher mir und meiner Freundin als Person galten) weil wir in einem Weizenfeld stehen (non-destruktiv nur auf den Traktorspuren

), gab's auch ettliche böse Kommentare, weil einige nicht gesehen haben, dass wir in den Traktorspuren stehen.
Daneben gab's einige Kinder, die ihre Eltern gefragt haben, was der Mann da mit dem schwarzen Ding in dem Feld macht, andere die sich Kommentare zugeworfen haben à la 'Schau mal da macht ein Fotograf Bilder im Feld' und ja, dann noch einige verlegene Versuche einen Smalltalk zu starten, wobei die Versuche eher absolut skurril waren.
Meine Freundin steht vor der Linse, und eine Dame ruft in's Feld, dass sie bis gerade eben doch tatsächlich gedacht hätte, ich würde meinen Golden Retriever fotografieren (hab keinen Hund ô0) und ob ich sowas öfter mache.
Gehen wir drei Wochen weiter zurück, silberne Hochzeit. Was hatte ich dabei - imho nicht viel. Meine D90 + 2 Objektive + Stativ + Graufilter.
Ich hatte die Kamera keine 5 Minuten in der Hand, kamen die ersten Leute fragend auf mich zu, ob ich das beruflich machen würde und tralali. Spätestens als ich das Stativ für 'ne Langzeitbelichtung der Tanzfläche aufgestellt hatte, waren mir krumme Blicke sicher. Gut, die breite Masse kann nicht deuten, was ich da anstelle, aber das Bildresultat fanden dann viele wieder ganz nett. Nur einer kam her und hat mich gezielt drauf angesprochen, von wegen... na, Langzeitbelichtung gemacht, blabla. Hab mich dann auch nett mit ihm unterhalten, hat soweit auch alles gepasst

Ein etwas älterer Gast wurde mir dann gegen Mitte bis Ende der Veranstaltung etwas aufdringlich irgendwie, als er mir erklären wollte, dass er früher viel analog fotografiert hat (soweit interessant), nun aber auf digital umgeschwenkt sei und überhaupt nicht verstehe, warum ich noch so eine große Kamera wie damals rumschleppe. Mit seiner kleinen (Kompakt) hat er einen super Zoom und super Qualität und was weiß ich nicht alles. Ich hab möglichst einfach und verständlich versucht zu erklären, warum ich mit einer Spiegelreflex trotz der Größe sehr gerne fotografiere. Nach 2 Minuten Bekehrungsversuche seitens des betagten Herren hab ich die Ohren auf Durchzug geschaltet und alles nur noch freundlich abgenickt. Dass er mir für den Rest des Abends dann "gefolgt" ist, fand ich irgendwie auch nicht so toll. Ich positioniere mich irgendwo bei einem Spiel oder kurzen Theaterstück, um nette Bilder zu kriegen, dieser Herr steht ca 30 Sekunden später neben mir und knipst sich die Finger wund, egal wo ich gestanden hab. Was das sollte hab ich auch nicht so wirklich verstanden, ich hoffe allerdings, dass er dennoch ansehnliche Bilder eingefangen hat.
Vor 5 Wochen hab ich 'nen Halbmarathon fotografiert. Die Resonanz hier war fast durchweg positiv. Es gab einige wenige der zig tausend Läufer, die wirklich sehr offensichtlich weg geschaut haben. Dort hab ich dann auch sofort die Kamera aus deren Richtung gebracht. Von sehr vieleln Läufern gab's Daumen hoch, ein freundliches Lächeln direkt in die Kamera, sonstige Gesten. Eine Gruppe von 5 Läufern in Engelskostümen hat sogar extra direkt vor mir pausiert, damit ich ein gutes Foto kriege. Naja, so gut wurde es dann nicht, weil meine FB zu lang war, um sie sauber drauf zu kriegen

Hat mich auf jeden Fall gefreut.
Dann muss ich glaub ich so ca 2-3 Monate zurück. War zum einen eine für mich krasse Erfahrung und eine etwas später beeindruckende dazu.
War auf einer Graufilter Tour. Also Stativ + Cam dabei. Hatte meine Locations in relativer örtlicher Nähe, also maximal 100 - 400 Meter zwischen den einzelnen Orten an denen ich mich aufstellen wollte. Ich hatte auf dem Weg zur ersten Örtlichkeit bereits meine Kamera um den Hals hängen, weil ich noch paar Blümchen geknipst hatte am Straßenrand. Da hab ich auf der Wegstrecke von 600 Meter so viele verdutzte und teils abwertende Blicke kassiert wie nie zuvor.
War halt behangen mit der Stativtasche + Camtasche + Cam vorne. Warum die Leute da teils so finster und böse geschaut haben weiß ich echt nicht. Ich habe keine Personen fotografiert, wollte von keiner Menschenseele was. An einem Flussufer an welchem ich mich positioniert hatte, sind einige Leute in gesichterter Distanz stehen geblieben, allerdings mit Unterhaltung in einer Lautstärke, dass ich es nicht überhören konnte. Von wegen was der da macht und wieso der da schon seit Minuten steht und sei doch schwachsinnig so viele Fotos von derselben Stelle und bei dem Wetter und Licht braucht man doch kein Stativ, blablubb. Weiter geht's, von LZB hat die breite Bevölkerung halt noch nichts gehört geschweigedenn gesehen. Für die entstandenen Bilder hab ich auch von ca der Hälfte der Menschen denen ich die Bilder später fertig gezeigt habe absolut negative Resonanz bekommen. Von wegen es bilde die Landschaft nicht ab, so glattes Wasser sei völlig unreal und mit einer Kompaktkamera hätte man schönere Bilder bekommen. Die andere Hälfte fand die Bilder 'anders' als das was man für gewöhnlich als 'Bild' bezeichnet, aber dennoch schön anzusehen.
Ja, am selben Tag dann die sehr beeindruckende Erfahrung. Ich stand auf einer schmalen Brücke, hab böse Sprüche von Fahrradfahrern kassiert, welche sich zu fein waren abzusteigen und bei mir dann bremsen mussten (ausdrücklich - Fußgängerbrücke). Von einer Gruppe Jugendlicher, welche irgendwo vor der Brücke rumgehangen hatte, löste sich einer und ging recht zielstrebig auf mich zu. Ich sollte dazu sagen, dass diese Gruppe nicht wirklich aus Sonnenschein-Kindern bestand. Ich wäre offen gestanden keinem einzigen aus der Gruppe gerne alleine Nachts auf der Straße begegnet und dem, der auf mich zukam schon 3x nicht. Kam eben her, hat gefragt was ich mit meinem Foto da mache und warum ich da so lange rumstehe. Hab ihm dann erklärt was ich mache, ihm ein paar Bilder der bisherigen Graufiltertour auf dem Display gezeigt. Hat sich daraus ein nettes Gespräch entwickelt in dem mir mitgeteilt wurde, dass das echt cool sei und dass er sowas auch gerne können würde, ob ich das kommerziell oder einfach nur so mache, usw. Hat sich dann nett verabschiedet, mir noch viel Spaß und Erfolg für den heutigen Tag gewünsch und ist zurück zu der Gruppe.
War für mich insofern beeindruckend, weil das so ziemlich die einzig nette Reaktion auf mein Treiben an dem Tag war, und das von jemandem, von dem ich sowas never ever erwartet hätte. Hätte erwartet, dass er mich verkloppt und mir das Equip klaut, aber ein so nettes Gespräch definitiv nicht...
Naja, ich hab noch mehr komische Erfahrungen gemacht, aber was solls.
Man wird letztlich nie herausfinden können, warum der Einzelne so schaut oder reagiert, wie er es tut. Einige werden aus blankem Unverständnis so reagieren, andere möglicherweise aus Neid, andere einfach aus mangelndem Einschätzungsvermögen im Bezug auf das verwendete Equipement (manche denken ich renne mit 5.000 Euro Ausrüstung rum, selbst wenn es nur der Body + das Kitobjektiv ist), wobei das wieder Richtung Neid geht.
Die negativen Erfahrungen die man auf öffentlichen Plätzen macht, hat möglicherweise auch mit den Ängsten der Leute zu tun. Warum steht man mit einer so großen Kamera und einem so großen Objektiv irgendwo rum? Selbst wenn man mit dem Rücken zur betreffenden Person mit ihrem Kind steht, wird nachgefragt ob das sein muss, dass man hier mit so einem großen Teil rumrennt. Angst wovor? Angst dass möglicherweise die eigenen Kinder für dubiose Zwecke fotografiert werden, selbst wenn die Linse wirklich in eine komplett andere Richtung zeigt. Angst davor selbst irgendwie irgendwo im Internet zu landen und zur Schau gestellt zu werden. Man stelle sich den typischen Deutschen vor... Halbhohe Strümpfe mit Sandalen und kurzer Hose im Zoo. Der Mann wird fotografiert, findet sich dann wie durch Zufall im Internet wieder unter der Überschrift "Wie geschmacklos sich manche doch im Zoo kleiden!".
Meiner Meinung nach gibt es in den Meisten Fällen keinerlei Anlass für derartige Befürchtungen, aber dennoch scheint sich ein nicht unerheblicher Teil wirklich davor zu fürchten. Wie sonst käme es wie hier im Thread geschildert so oft dazu, dass man mahnend gefragt wird, sobald man in der Nähe von Kindern fotografiert?
Tja, Fragen über Fragen ohne klare Antwort. Ich hab teilweise verständnis für die Reaktionen, teilweise dann doch nicht. Hängt immer stark von der Situation hab.
Tut mir entsetzlich leid, wenn der Beitrag etwas lang geworden ist...