Cullmann Magnesit 519M - Erfahrungen
Denn lege ich mal los:
Beim Magnesit 519 handelt es sich um den derzeit kleinsten der fünf Brüder aus der Reihe dreibeinigen der Cullmann-Stative (es gibt auch zwei Monostative). Sie unterscheiden sich vor allem in Gewicht, Höhe und Belastbarkeit; die Ausstattung ist dabei sehr ähnlich.
Zuerst der Lieferumfang und die nackten technischen Daten des Magnesit 519.
Gewichte (ausgewogen):
Stativ: 1250g
Kopf (3 Wege mit zuätzlichem abschraubbarem Griff, Schnellwechselplatte):430g
Separate Kurzmittelsäule (in separatem Beutel): 90g
Längen (ausgemessen, geringste Spreizung):
Maximale Höhe: 147 cm auf ausgefahrener Normalsäule ohne Kopf, 156 cm auf dem mitgelieferten Kopf (auch ich mit 1,89m muss mich da kaum noch bücken).
Höhe auf eingefahrener Normalsäule 125 cm, auf dem mitgelieferten Kopf 134 cm
Länge der Normalsäule 35,5 cm, Kurzmittelsäule 13,5 cm.
Minimales Packmass 55 cm, mit Kopf 64 cm. Als Mindesthöhe werden 26 cm angegeben, aber man kann die Kamera auch gefühlte 2 cm über dem Boden postieren ;-)
Belastbarkeit maximal 4 kg, Haken an Mittelsäule Belastbarkeit bis 8 kg. Diese Werte stehen bisher auf dem Papier, ich habe das aber nicht ausgetestet.
Im Stativ ist eine einfache, aber für die meisten Anwendungen ausreichende Wasserwaage integriert. Die Höhenverstellung erfolgt über eine Flügelschraube, nicht per Kurbel. Eine Tasche oder Gurt zählen dagegen nicht zum Lieferumfang. Es gibt im Ring oben eine Öse zum Einhaken kleinerer Karabiner wie den an der Tasche, in der sich die Kurzmittelsäule befindet.
Soweit die Werte, nach dem Auspacken der erste kritische Blick auf Optik, Benutzbarkeit und Verarbeitung. Optik und Haptik sind recht ansprechend, das oberste Drittel der Beine ist mit Moosgummi umkleidet. Die beiden zusätzlichen Auszüge holt man mit verstellbaren Schnellverschlüssen durch Umklappen heraus. Wie stramm diese eingestellt sein sollen, kann man mittels Inbusschrauben selbst bestimmen; der dafür erforderliche Schlüssel ist im Lieferumfang, war aber in der Mittelsäulentasche etwas versteckt. Für mich persönlich waren fünf der sechs Verschlüsse in Ordnung, den sechsten habe ich etwas gelockert. Die Spreizung wird ebenfalls durch Schnellverschlüsse eingestellt, jedoch in drei Stufen. Man kann auch Zwischenstellungen wählen, jedoch dürfte das unter Last nicht wirklich stabil sein. Witzig fand ich, dass man die Beine komplett um 180 Grad umdrehen kann, so dass der Kopf nach unten zeigt. Das macht nicht wirklich Sinn, denn die Mittelsäule ist ja extra dafür umkehrbar.
Der mitgelieferte Drei-Wege-Kopf wird per beim Kippen per drehbarer, 13 cm langer Griffe gesteuert. Der eine (Neiger vor/zurück) ist normalerweise fix, den Zweiten (90 Grad seitlich kippen) kann man abschrauben und in den ersten Griff zu Verlängerung drehen. Der dadurch entstehende, über 20 cm lange Griff erlaubt ein feineres Einstellen der Neigung. Das Arretieren des Drehgelenkes erfolgt über eine Flügelschraube. Auch die mitgelieferte Schnellverschlussplatte enthält ein nettes Detail. Im Gegensatz zu den meisten Konstruktionen benötigt man keine Münze o.ä., weil die Befestigungsschraube für die Kamera mit einem herausklappbaren Drehflügel aus Metall ausgestattet ist.
Damit komme ich zu einem genaueren Blick auf die Verarbeitung und den ersten Schattenseiten. Bei Vollauszug und minimaler Spreizung war die Luftblase der Wasserwaage nicht genau mittig. Ein Blick auf die Metallschrauben unter den Gummifüssen zeigte mir, dass eine der drei Schrauben etwas weiter in das Bein gedreht war als die anderen beiden. Und es gelang mir auch nicht, das selbst zu beheben. Kein wirkliches Problem, denn draussen ist der Boden sowieso immer uneben. Und wer ein Stativ nur innen einsetzt, braucht wahrscheinlich sowieso was besseres. Das Entfernen der Sicherung und Umdrehen der Mittelstange erwies sich ebenfalls als problemlos und einfach, auch wenn es hier wieder eine Kleinigkeit gab: im Gewinde der Sicherung war ein kleines Stück herausgebrochen, was aber keinerlei Einfluss auf Sicherheit oder Benutzbarkeit hat. Wirklich genervt hat mich dann allerdings die Kurzmittelstange: sie passt nicht richtig in Halterung. Da ich sie nicht wirklich brauche oder vermisst habe, ist auch dieser Punkt für mich vernachlässigbar, aber trotzdem sorgt die Qualität an dieser Stelle für ein gewisses Stirnrunzeln.
Als nächstes unterzog das Stativ einem Belastungstest. Durchgeführt habe ich ihn
- mit voll ausgezogenem Stativ (156 cm);
- mit einer Canon 450D (572 g mit Gurt) und aufgeschnalltem Sigma 120-400mm (1739 g mit GeLi), mit zusammen über 2,3 kg die bei mir die schwerste Kombination.
Das Ganze macht naturgemäss einen recht kopflastigen Eindruck ;-), schliesslich wiegen Kamera und Objektiv mehr als das Stativ. Dann ging es zum Fotografieren, das Tele eingestellt auf die maximalen 400mm, um Schwankungen leichter erkennen zu können.
Auf einem gefliesten Fussboden drinnen gab es kaum Probleme- ein leichtes Zittern, dass nach 2 Sekunden vorbei war. Bei starker Bewölkung (nachmittags) waren Zeiten von unter 1/10s mit dem Selbstauslöser bei abgeschaltetem IS kein Problem. Als nächstes auf einem Holzfussboden und mit künstlichen Erschütterungen (aber immer noch drinnen), waren die Schwankungen im Sucher schon etwas deutlicher zu sehen. Auch hier waren aber Zeiten unter 1/30s kein Problem. Schliesslich ging es nach draussen. Bei Windstärke 3-4 (was hier in der norddeutschen Tiefebene als laue Brise gilt) ergaben sich zwar keine direkten Stabilitätsprobleme, ein Umfallen war nicht zu befürchten. Aber die Schwankungen machten schon etwas experimentieren mit dem zweistufigen Objektivstabi nötig. In allen Fällen entfällt das Problem, wenn die Stange etwa auf die Hälfte eingefahren wird.
Noch zu testen wäre das Verhalten bei Nachtaufnahmen (und damit wesentlich längeren Belichtungszeiten), aber da erwarte ich keine Probleme. Ich habe nicht vor, dafür das Supertele zu nutzen und die beiden Kitobjektive sind ja wesentlich leichter.
Fazit: alles in allem bin ich ganz zufrieden mit dem, was ich für meine €72 bekommen habe. Lediglich die Sinnhaftigkeit der Kurzmittelstange erschliesst sich mir nicht. Sie hat kein Innengewinde für den Sicherungshaken (weswegen man sie nicht umkehren sollte), bietet gegenüber einer auf halb eingestellten Normalstange kaum Vorteile und passte bei mir nicht in die Führung. Ausserdem werde ich für Panoramaaufnahmen noch über die Anschaffung einer Libelle nachdenken. Davon abgesehen ist das Magnesit 519 eigentlich genau, was ich wollte.