Unabhängig von der rechtlichen Bewertung der Sache muss man sich doch mal die Frage nach der moralischen Bewertung stellen bzw. wie wir eigentlich miteinander leben und umgehen:
Die fotografierte Läuferin sieht sich anscheinend in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt, weil sie auf diesen Fotos beim Laufen zu sehen ist. Sie muss damit rechnen, dass sie bei einem öffentlichen Lauf fotografiert wird von privaten wie auch vielleicht von kommerziellen Fotografen. Und sie muss damit rechnen, dass diese Bilder ins Internet gelangen können, auf Flickr, auf die Homepage des veranstaltenden Vereines, auf die Webseite der lokalen Zeitung etc. Wenn sie damit nicht klar kommt und es ihr anscheinend peinlich ist, wenn sie beim Laufen zu sehen ist, dann soll sie bei so einem Lauf nicht mit machen. Der TO hat sich absolut kooperativ verhalten und ist ihrem Wunsch zur Wahrung ihres Persönlichkeitsrechtes sofort nachgekommen. Es hätte völlig gereicht, eine weitere Email zu schreiben mit: "Vielen Dank bisher, ich bin noch auf den Fotos 2, 6 und 9 im Hintergrund zu sehen, bitte auch noch wegmachen". Dann wären die Fotos auch noch verschwunden und die Sache wäre gegessen gewesen. Deswegen aber gleich zum Anwalt zu rennen und irgendwelche Unterlassungserklärungen zu verschicken, finde ich völlig daneben, zumal der "Beklagte" sich kooperativ verhalten hat. Daraus kann man schon schließen, dass es ihr möglicherweise weniger um ihre Persönlichkeitsrechte geht, sondern mehr darum, in irgendeiner Form finanziell von den Fotos zu profitieren.
Wenn mein Nachbar eine Party feiert und ich beschwere mich bei ihm über die Ruhestörung und bitte ihn, leise zu sein und er kommt dieser Aufforderung nach, dann renne ich doch auch nicht am nächsten Tag zum Anwalt und lasse meinem Nachbarn eine Unterlassungserklärung schicken, dass er nie wieder meine Ruhe stört.
Sind wir in der Gesellschaft wirklich schon so weit, dass wir wegen jeder Kleinigkeit sofort zum Anwalt rennen müssen und demjenigen, von dem wir uns ungerecht behandelt fühlen, einen möglichst großen finanziellen Schaden zufügen wollen, der in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Streitwert steht? Nur weil man im Recht ist, muss man es doch nicht mit allen Mitteln durchsetzen.
Die juristischen Mittel sollten die letzte Option sein, falls man sich nicht gütlich einigen kann, aber sie anzuwenden, obwohl man sich einigen konnte und kein Schaden entstanden ist, halte ich für verwerflich.
Aber inzwischen ist es ja schon so weit gekommen, dass irgendwelche windigen Anwälte auch schon die Privathomepages irgendwelcher Leute abmahnen, weil im Impressum irgendein Pups fehlt oder ein Markenname einer Firma genannt wird. Das hat mit Recht und Gerechtigkeit nichts mehr zu tun.
Und diejenigen, die jetzt hier etwas großspurig schreiben "Der TO hat selber Schuld, Abmahnung und Strafe völlig berechtigt, hätte sich halt vorher informieren müssen" etc. möchte ich mal sehen, ob sie noch genauso locker sind, wenn sie wegen einer Lappalie abgemahnt werden und 1000€ zahlen sollen.