Mir fallen zu diesem Thema ein paar Punkte ein:
- Wieso gehen hier eigentlich (fast) alle davon aus, dass die einzige Möglichkeit, mit kreativer Arbeit Geld zu verdienen, darin besteht, die Nutzungsrechte am Ergebnis zu verkaufen? Man kann doch einfach für die Arbeit als solche bezahlt werden - und zwar nicht nur als Angestellter, sondern auch als Firma.
Aus dieser Annahme wird dann in Bezug auf das viel zitierte Beispiel OpenSource (eigentlich gemeint ist
Freie Software) gefolgert, dass alle damit befassten Programmierer umsonst arbeiten müssen, da ja schließlich der Code und die Rechte daran "verschenkt" werden. Das ist schlicht falsch. Wenn jemand ein zusätzliches Feature in einem Programm braucht, engagiert er Programmierer, die das für ihn implementieren. Dass es sich um ein ein Projekt etwa unter der GPL handelt und somit auch der neue Code am Ende freigegeben wird, bedeutet doch nicht, dass er die Programmierer - oder ihre Firma - nicht für ihre Arbeit bezahlen muss.
Dieses Denkweise, dass nur durch Einschränken von Rechten, Blockieren von Möglichkeiten (DRM, Herausgabe nur niedriger Auflösung oder gar keiner digitaler Daten usw.) und Geheimhalten von Code, Details etc. Geld verdient werden kann, hat sich irgendwie erstaunlich festgesetzt.
- Wenn man meint, man muss für alles immer und sofort eine Gegenleistung haben: OK - aber warum muss das Geld sein? Ich sehe es so: Mit etwas, das ich beruflich tue, muss ich Geld verdienen, denn ich muss meine Brötchen bezahlen. Umgekehrt formuliert: Beruflich muss ich etwas tun, womit ich Geld verdiene.
Bei einem Hobby ist das doch nicht der Fall. Was ich da eigentlich als "Gegenleistung" für Arbeit habe möchte, ist Anerkennung. Und das einzige, was dazu sichergestellt sein muss, ist die Tatsache, dass meine Arbeit auch mit mir in Verbindung gebracht werden kann => Namensnennung. Natürlich ist eine Bezahlung oftmals auch eine Form der Anerkennung. aber bei Weitem nicht die einzige - und auch nicht immer: Ich kann jemandem, von dem ich nunmal etwas bestimmtes unbedingt brauche, zähneknirschend Scheine auf den Tisch knallen, ohne so etwas wie Respekt oder Anerkennung für ihn zu empfinden. Warum ist Geld da also so wichtig?
Wenn denn Hobbyfotografen einfach stolz sind, dass ihre "Werke" offenbar gut genug sind, um in professioneller Umgebung verwendet zu werden, heißt es hier oft sehr abschätzig: "Die drängen anderen ihre Sachen ja sogar umsonst auf, weil sie bloß geil auf Veröffentlichung sind." Ja. Und? Wo ist das Problem?
- Vielleicht bin ich da aus dem wissenschaftlichen Bereich vorbelastet. Da ist es eigentlich selbstverständlich, dass man veröffentlichte Arbeiten anderer nutzen und darauf aufbauen kann, solange man korrekt zitiert. Der Autor eines von mir verwendeten Papers bekommt kein Geld von mir, aber ich zitiere ihn. Es gibt im Netz Ranglisten, wer wie häufig zitiert wurde. Ein hoher Platz hier ist mit einem gewissen Renommee verbunden.
Als "geklaut" würde ich ein Werk dann betrachten, wenn jemand anderes als der Urheber es als sein eigenes ausgibt. Denn dann bringt er den echten Urheber um seine verdiente Anerkennung.
- Die Tatsache, dass andere mit der eigenen Arbeit Geld verdienen könnten, scheint hier für einige der "worst case", selbsterklärendermaßen und völlig selbstverständlich eine Katastrophe zu sein. Wieso?
Je nach Umständen kann mich doch die Tatsache, dass andere mit meinen Ergebnissen viel Geld verdienen können, stolz machen und mir die gewünschte Anerkennung bringen.
Ein Verlag hat vor einiger Zeit angefragt, ob er eine (schriftliche) Arbeit von mir als Buch herausbringen kann. Konditionen: Er verdient damit Geld, ich bekomme so gut wie nichts ab (ein paar Prozent, falls mindestens soundsoviele Exemplare pro Jahr verkauft werden, was nie erreicht werden wird). Ich habe den Text nochmal überarbeitet, mich um einige Details gekümmert und die Sachen hingeschickt. Jetzt gibt es ein Buch mit meinem Namen drauf. Geld bekomme ich nicht dafür, aber wer nach meinem Namen googelt, findet unter anderem heraus, dass ich anscheinend von einem bestimmt Gebiet etwas Ahnung habe. Das schließt natürlich potentielle zukünftige Arbeitgeber ein, sodass auch der Werbeeffekt nicht zu unterschätzen ist. Also: Wieso muss es immer Geld sein?
- Die Tatsache, dass ein entsprechend allgemein freigegebenes Werk in unerwünschten Zusammenhängen genutzt werden kann (das hier ausgewalzte Beispiel NPD) ist natürlich ein nicht zu vernachlässigender Nachteil. Andererseits ist dieser auch in gewisser Weise der geringen Verbreitung der entsprechenden Lizenzen geschuldet: Wären sie ganz normal und allgemein bekannt, würde niemand auf die Idee kommen, ich würde etwa mit dem Verein sympathisieren, nur weil ein Foto mit meinem Namen als Urheber auf deren Seite auftaucht.
- Ich denke, man sollte das Urheberrecht so einsetzen, wie es - meiner Meinung nach - ursprünglich gedacht war, nämlich als eine Art Persönlichkeitsrecht, nicht als gewerbliches Schutzrecht: Wenn ich wirklich ein Kunstwerk schaffe, an dem sozusagen "mein Herzblut" hängt, das meine Persönlichkeit widerspiegelt usw., dann sollte ich die Nutzung so einschränken, dass niemand etwas damit anstellen kann, das mir nicht zusagt. Verkaufen würde ich es dann aber eher auch nicht, man verkauft ja nicht seine Persönlichkeit.
Mache ich hingegen eher handwerkliche Fotos, was habe ich davon, die Nutzungsrechte beliebig stark einzuschränken? Bezahlen lassen würde ich mir da auch höchstens meine Arbeit als solche (irgendwo zum Fotografieren auftauchen) - aber auch das eher nicht, da das Verpflichtungen mit sich bringt und Erwartungen weckt, die ich bei einem Hobby nicht erfüllen müssen möchte.
Ich gestehe, zu den hier viel Gescholtenen zu gehören, bei denen die Faszination der Technik einen wesentlichen Teil des Interesses an Fotografie ausmacht. Ich habe daher den Ehrgeiz, auch in schwierigen Situationen technisch gute und inhaltlich immer noch annehmbare Fotos zu machen. "Kunstwerke" werden das allerdings nicht wirklich. Also warum auf dem Urheberrecht herumreiten?