Mein Spezialgebiet. Bei diesem Thema hab ich (leidvolle) Erfahrung.
Es ist durchaus möglich auch heute noch AIS-Objektive aufzutreiben, die "wie neu" sind. Selbst die Schmierung der Schneckengänge ist oftmals in gutem Zustand. Es ist aber tatsächlich kaum möglich den Komplettzustand (optisch/funktional) bei Internetanzeigen zu beurteilen. Ich hab noch ca. 15 neuwertige AIS-Objektive, es war allerdings wirklich eine Tortur diese Aufzutreiben.
Vor allem die angebotenen Objektive aus Japan sehen häufig komplett unbenutzt aus, meine Erfahrungen damit sind aber durchweg schlecht. Obwohl sie optisch neuwertig waren ließen sich bspw. bei einem 85 1.4 und einem 135 2.0 die Fokusringe kaum bzw. überhaupt nicht drehen. Die Reparatur kostet beim Nikon-Service ca. 100€, was ich auch für die Reinigung deines Objektivs taxieren würde (Stand vor ca. 5 Jahren). Das Zurückfordern der Zollgebühren bei Retoure nach Japan ist ein Aufwand den man nicht mehrfach betreiben möchte. Ein wenig Geld bleibt trotzdem immer auf der Strecke (Servicegebühr des Versanddienstleisters und Wechselgebühren der Bank).
Am besten man schaut hier in Deutschland (Ebay/Kleinanzeigen) evtl. noch Österreich (willhaben.at) nach den Teilen, da sich der Aufwand für eine eventuelle Retoure (nicht nur gewerblich sondern auch bei fehlerhaften Angaben privat) deutlich in Grenzen hält.
Idealerweise sucht man nach den letztproduzierten Objektiven (was recht einfach an der Seriennummer erkennbar ist:
Rolands Nikon Page). Das Alter kann man (unabhängig von der Seriennummer, die neu aufgelegten AIS, ab ca. 2005 beginnen jeweils mit einer höheren vorgestellten Zahl) auch an der Vergütung (SIC ab ca. 2000 - gelbliche Reflektionen, NIC bis ca. 2000 - lila Reflektionen) und dem Fokusgummi feststellen (die neueren AIS, ab ca. 2005 haben auch eine weniger eckige Struktur der Erhöhungen). Bei den Objektiven die nur bis 2005 produziert wurden haben die Letzten nochmals einen anderen Fokusgummi, der wirkt eher gräulich und ist härter als die anderen.
Häufige Schäden an AiS-Objektiven sind:
- Der Fokusring lässt sich nicht geschmeidig/ungleichmäßig drehen. Meiner Erfahrung nach kann man diese Objektive vergessen. Es gibt zwar den Tipp dass man die leicht im Backofen/der Sonne erwärmen soll, aber das wird in der Regel nix. Man müsste neu schmieren und das kostet in der Regel zu viel Geld.
- Vor allem beim 35 1.4 AiS ist die Ablösung der inneren schwarzen Beschichtung im Objektiv häufig. Eigentlich irreparabel, wobei nur in Extremsituation problematisch.
- Ausgeleiherter Blendenring. Macht es halt schwierigere die Blende einzustellen, sonst funktional kein Problem.
- Öl auf Linsen/Blende. Macht auch wieder einen enormen Kostenaufwand, da da Objektiv komplett zerlegt werden muss. Wenn die Blende verölt ist kann es sein, dass sie nicht mehr korrekt schließt und fehlbelichtet wird.
- Blende fährt nicht ganz ein. Hatte ich bei einem anderen 85 1.4. Die Blendelamellen waren auch auf Einstellung 1.4 immer sichtbar (bei manchen Objektiven ist das normal, beim 85 1.4 in dem Maße nicht).
- Filterring verbogen/angeschlagen. Muss man nicht erklären.
- Verfärbungen der eingravierten Beschriftung deutet auf falsche Lagerung hin. Entweder waren sie dann Schmutz ausgesetzt oder z. B. UV-Licht (bspw. durch langfristige Sonneneinstrahlung).
- Glaspilz hatte ich tatsächlich gar nicht so oft. Muss man auch nicht viel zu sagen.
- Trübung/Vernebelung wie hier beschrieben.
(EDIT) - Kratzer auf den Blendenlamellen (meistens symmetrisch auf allen) entweder rückseitig durch die Hinterlinse gesehen oder vorderseitig durch die Vorderlinse sind auch keine Seltenheit. Natürlich auch irreparabel, die Objektive funktionieren in der Regel aber normal.
- Staub im Inneren ist normal und kann beim Durchleuchten mit Taschenlampe mamchmal gruslig aussehen. Ist aber unvermeidbar und in Maßen nicht so problematisch. Es gibt aber Objektive die so zugestaubt sind, dass eine Reinigung unvermeidbar ist.
Weiterführende Informationen gibt es hier:
https://richardhaw.com/***********-articles/
Mein Tipp beim Kauf solcher Objektive ist:
1. Nur Objektive kaufen bei denen der Bajonettanschluss komplett neu aussieht. Schwarze Verfärbung darf vorhanden sein, aber wenn Abrieb feststellbar ist besser die Finger davon lassen.
2. Keinesfalls Objektive kaufen an denen die Schrauben (wenn vorhanden am silberner Ring, dem Tubus oder Bajonett) ausgeleihert sind (wenn auch nur minimal). Das deutet eindeutig darauf hin, dass das Objektiv unprofessionell geöffnet wurde.
3. Nur optisch neuwertige Objektive kaufen. Auch wenn oft behauptet wird Nichtgebrauch sei schlecht fürs Objektiv (was sein mag) ist es meiner Meinung nach wohl eher eine Mischung aus Nichtgebrauch und Lagerbedingungen. Die Objektive wurden (mit ein paar Ausnahmen) in so großer Stückzahl hergestellt, dass da noch sehr viele kaum Benutzte im Umlauf sind. Wenn diese gut gelagert wurden sind diese auch heute noch problemlos verwendbar.
4. Die Objektive die von 2005 bis 2020 weiter hergestellt wurden (20 2.8, 24 2.8, 28 2.8, 35 1.4, 45 2.8, 50 1.2, 50 1.4, 55 2.8 Micro, 105 2.8 Micro) kann man (bei Beachtung der oberen Punkte) in der Regel problemlos kaufen. Dann aber auch wirklich auf die Seriennummer achten.