Stargazer hat das Thema auf den Punkt (sic!) gebracht, nämlich den Umstand, dass Linsen das Licht auf Brennpunkte fokussieren. Und mathematisch gesehen ist ein Punkt eine runde Sache, nämlich ein Kreis mit dem Radius Null. Zudem sind Objektive einfacher, praktischer und kostengünstiger herzustellen, wenn sie ebenfalls in runder Form gefertigt werden.
Vor den Ingenieuren hat das auch schon die Evolution erkannt und alle sehenden Wesen mit runden Optiken, vulgo Augen, ausgestattet. Und nahezu jede Technologie wurde irgendwann mal von der Natur abgekupfert; Vorbild für die Kamera war das Auge.
Warum haben sich dann Maler und später Fotografen auf überwiegend querformatige, eckige Bilder als Standard geeinigt? Das hat wohl mit der menschlichen Wahrnehmung und der Neigung zur Abstraktion zu tun. Auch wenn ein einzelnes Auge ein ungefähr rundes Bild erzeugt: wir haben zwei davon und die liegen nebeneinander. Das Gehirn errechnet daraus ein Bild, das breiter als hoch ist und das ist von der Evolution so gewollt. Der Mensch als Jäger einerseits aber auch als Fluchttier andererseits hat von oben oder unten wenig zu erwarten, muss in freier Wildbahn aber "umsichtig" agieren und ist mit einem breiten Gesichtsfeld einfach erfolgreicher. Deshalb haben unsere Augenhöhlen auch seitliche Aussparungen, während Stirn- und Backenknochen für massive Vignettierungen in der weniger wichtigen Senkrechten sorgen. Kurz und bündig: wir sehen naturgewollt ein querformatiges Bild. Das ist zwar nicht richtig eckig, dürfte aber in etwa einem verbeulten Oval entsprechen, das auf der Breitseite liegt.
Dieses verbeulte Oval konnte sich aber nicht als künstlerischer Standard durchsetzen, da der Mensch klare Verhältnisse liebt und deshalb gerne abstrahiert; sprich: aus verbeulten Krummformen ein von geraden Linien eingefasstes Bild idealisiert. Die erste und wichtigste Gerade dieser Einfassung beruht auf unserer Wahrnehmung: es ist die untere Kante. Obwohl wir inzwischen wissen, dass die Erde eine Kugel ist, ist sie wahrnehmungstechnisch und im praktischen Alltagsgebrauch immer noch eine Scheibe. Am sichersten steht man nun mal auf einem ebenen Boden. Und einen solchen soll dann logischerweise auch ein Bild bekommen. Die übrigen Bildkanten sind dann nur noch die logische und rationale Konsequenz, mit der auf der unteren Geraden aufgebaut wird. Und da sich der zivilisierte Mensch seine Welt schon vor vielen Generationen eckig eingerichtet hat, empfindet er das auch als völlig normal.
Von Evolution und Psychologie zurück zur Fertigungstechnik: im Gegensatz zu Objektiven sind eckige Sensoren einfach ungleich kostengünstiger herzustellen als runde, weil deutlich weniger Abfall durch Verschnitt entsteht. Dass die teuren Siliziumrohlinge (=Waver) rund sind, spielt dabei keine Rolle. Wir stanzen ja aus runden Geburtstagstorten auch keine runden Einzelstückchen, sondern verwenden gerade Schnittformen.
Runde Sensoren wären insofern teurer Unfug. Es könnte allerdings Sinn machen, statt rechteckiger Sensoren quadratische einzusetzen. Diese würden den runden Bildkreis des Objektivs besser ausnutzen und der Fotograf könnte (wie in guten alten Rolleiflex-Zeiten) erst bei der Nachbearbeitung entscheiden, ob er nun Hoch- oder Querformat haben will - oder ob er's beim Quadrat belässt.
Gruß
Pixelsammler