Re: Schärfentiefe
Prinzipiell ist die Tiefenschärfe (mit gewissen Einschränkungen) nur vom Abbildungsmaßstab und der Blende abhängig.
Hängt die Schärfentiefe denn gar nicht vom Objektiv ab?
In erster Näherung – nein.
Die maßgeblichen Parameter sind:
- Aufnahmeformat – und an dieses direkt gekoppelt: der per Konvention festgelegte maximal zulässige Streukreisdurchmesser
- Entfernung
- Brennweite
- Blende
Diese Parameter sind unabhängig vom konkreten Objektiv und werden in den gängigen Schärfetiefe-Rechnern berücksichtigt.
In zweiter (genauerer) Näherung aber spielt auch noch der Pupillenmaßstab eine Rolle, also das Verhältnis der Durchmesser von Austritts- zu Eintrittspupille. Retrofokus-Weitwinkelobjektive haben Pupillenmaßstäbe größer als eins, echte Teleobjektive solche kleiner als eins. Bei mehr oder weniger symmetrisch aufgebauten Objektiven liegt er nahe bei eins. Ein größerer Pupillenmaßstab führt zu kleinerer Schärfentiefe ... aber – nur im Nahbereich. Im Fernbereich ist der Effekt vernachlässigbar klein und bei unendlich sogar gleich null.
Der Pupillenmaßstab ist eine Eigenschaft der Objektivkonstruktion. Dem Benutzer sind die genauen Werte seiner Objektive in der Regel unbekannt, daher können sie auch nicht in Schärfentieferechnern berücksichtigt werden. In der Regel ist das auch gar nicht weiter wichtig, außer im Makrobereich.
In dritter (noch genauerer) Näherung haben weitere objektivspezifische Details ebenfalls einen – manchmal überraschend großen – Einfluß auf die Schärfentiefe, und das in allen möglichen Entfernungsbereichen. Dazu gehören insbesondere Form und Ausmaß der sphärischen Restaberrationen, und möglicherweise noch einige andere Faktoren, von denen keiner von uns irgendeinen blassen Schimmer hat. Diese Zusammenhänge sind komplex und können nicht einfach in einer geschlossenen Schärfentiefe-Formel erfaßt werden.
Tatsache ist jedenfalls, daß zwei verschiedene Objektive bei gleicher Brennweite, gleicher Blende und gleicher Entfernungseinstellung an derselben Kamera deutlich sichtbar unterschiedliche Schärfentiefen aufweisen können. Es gibt keine Chance, solche Unterschiede mit Schärfentieferechnern vorab zu bestimmen ... deren Resultate sollten also immer nur als Näherungswerte aufgefaßt werden.