Jenseits aller Polemik, die sich ja schnell mal einschleicht, ist natürlich festzustellen, dass ISO3200 beim TriX unterbelichtet ist. Der Film hat eine nominelle Empfindlichkeit von max. ISO400. Was machen wir, wenn das Licht nicht ausreicht (wie bei den Beispielen von vonheune) und wir trotzdem ein Foto haben wollen? Wir versuchen es halt einfach. Mach ich auch so und die Geschmacksfrage stelle ich mir, wenn ich das Bild sehe. Und wie versuche ich es?
1. Wenn ich unterbelichte, dann bekommen die Schattenpartien zuwenig Licht und erhalten keine Zeichnung. Wo keine Zeichnung ist, kann ich auch durch den Entwicklungsprozeß keine hineinzaubern.
2. Wenn ich den unterbelichteten Film normal entwickele, bekomme ich am Ende ein dunkelgraues, kontratsarmes Positiv, weil nicht nur die Schatten keine Zeichnung haben, sondern auch die Lichter (im Negativ schwarz!), die sich nicht entwickeln konnten.
3. Deshalb verlängere ich die Entwicklung. Dann wird also aus der Unterbelichtung das sog. pushen. So sorge ich dafür, dass sich die im Negativ schwarzen Partien auch tatsächlich schwärzen können und ich dann im Positiv halbwegs ordentliche Lichter bekomme. Der Nebeneffekt ist, dass das der Kontrast steigt (weil die Mitten durch die längere Belichtung auch absaufen) und das Korn betont wird.
Die 3 Beispiele vom TO und vonHeune würde ich fototechnisch gesehen so interpretieren. Beim Bild vom TO sind zu viele Schattenpartien ohne Zeichnung drin. Der Wald hat einfach zuwenig Licht bekommen. Der helle Wegfleck sieht ja gar nicht so übel aus. Beim 1. Bild von vonheune ist der Anteil der Lichterpartien größer, deshalb wirkt es insgesamt ausgeglichener auf mich. Aber auch hier ist zu sehen, das die Schattenpartien keine Zeichnung mehr haben. Das 3 .Bild ähnelt in seiner Verteilung eher dem Waldfoto. Der Kontrast ist sehr hoch. Das Gesicht bräuchte nach meinem Geschmack etwas mehr Licht. Ob dadurch mehr Zeichnung hinkommt, bezweifele ich und dann können die Lichter ja auch leicht ausfressen. Ein schwieriges Motiv (nur vom Licht her betrachtet

).
Ob Rodinal der geeignete Entwickler für so etwas ist, weiss ich nicht. Ich würde auch eher Xtol oder Emofin nehmen. Zum Pushen finde ich auch A49 brauchbar, der mir aber sonst nicht gefällt. Aber der Rodinal-look ist natürlich auch was besonderes. Die Aussage, das Rodinal nach 20 Min. sozusagen chemisch tot ist, kenne ich auch von einem Chemiker. Praktische Erfahrungen kann ich zur Standentwicklung aber nicht beisteuern.
Ich habe hier versucht ein wenig Licht ins Dunkel des Push-Prozesses, so wie ich es verstanden habe, zu bringen und möchte das bitte ohne Wertung verstanden wissen. Ich finde grundsätzlich, man möge alles einfach mal ausprobieren und manches wird man einfach mögen, obwohl andere es unmöglich finden. Das ist dann Geschmackssache. Aber aushebeln lassen sich die Materialien eben auch nicht und von ISO3200 oder 6400 kann man eben nicht zuviel erwarten. Auch bei einer modernen Digitalkamera, die ja bei High-ISO neue Massstäbe setzen, sinkt der Dynamikumfang deutlich je höher ich die ISO-Einstellung schraube.