Wieso habe ich erwartet, dass hier wieder ein dämlicher Kleinkrieg losgetreten wird und gewisse Schlauberger ihre "in die Jahre gekommene Kamera" frenetisch gegen alles modernere verteidigen müssen und Halbwahrheiten als der Weisheit letzen Schluss präsentieren?
Vielleicht hilft dies ein wenig, die Wogen zu glätten:
Vorneweg, für alle, die es noch nicht wissen: Ich arbeite professionell als Bildjournalist. Meine Hauptbrötchengeber sind eine bundesweit erscheinende Tageszeitung mit (Sonnabends) fast 400.000 Auflage sowie eine Fotoagentur.
Ich habe früher unter anderem eine 1D MkII, eine 40D und
sogar eine 400D beruflich eingesetzt (Ja, auch eine 400D ist für einen Profi ein gutes Arbeitsgerät,
wenn man sie richtig nutzt). Derzeit arbeite ich mit den Modellen 7D und 40D. Die 7D nutze ich, seit sie auf dem Markt erschienen ist. Mein Fazit nach nun knapp sechs Monaten täglicher Arbeit mit der 7er:
Die Kamera genügt
völlig den Ansprüchen eines jeden seriösen Profifotografen. Wer mit dieser Kamera keine vernünftigen Fotos hinbekommt, der sollte den Fehler hierfür in seinem Spiegelbild suchen und notfalls den Job an den Nagel hängen. (Wer mit einer 7er keine guten Bilder hinbekommt, bekommt mit einer 1D auch keine gescheiten Bilder - das gilt auch und erst recht für Hobbyfotografen).
Für Sportaufnahmen ist die Kamera, in Kombination mit guten Optiken, absolut brauchbar. Dass nach oben beim AF, der Serienbildgeschwindigkeit und ein paar anderen Kleinigkeiten noch etwas Luft ist (sprich 1D, D3s), ist gut und völlig normal. Aber: Nur weil es eine 1D gibt, bedeutet dies nicht, dass die 7D sich irgendwie verstecken muss. Die Tracking-Fähigkeiten der 7er sind sehr, sehr gut, die Serienbildgeschwindigkeit ist Tadellos, es gibt eigentlich nichts an der Kamera auszusetzen.
Und warum nutzen dann die Profifotografen bei Olympia und beim Fußball die 1er?
Weil sie vom Arbeitgeber (Agentur) gestellt wird. Punkt, aus, schluss. Das hat nichts mit der Qualität einer 1er oder 7er zu tun sondern einfach mit Verträgen und dem Marketing, welches Canon betreibt. (Bei Nikon ist's nicht anders) Was gibt es besseres, um einen Hobbyfotografen eine 1er mit weißen Tüten schmackhaft zu machen? Pflanze dutzende davon direkt vor seine Nase im Stadion bzw. zeige sie andauernd im TV. Gratis-Werbung für teures Equipment, das 99% der Hobbyfotografen nicht braucht und super parallel zum Porsche Cayenne oder Audi Q7 als Ego-Ersatz dient.
Abseits des Sport ist die 7D ein toller Allrounder. Der Weißabgleich ist auch in Innenräumen bereits überraschend gut (da waren die Canons früher doch merklich schlechter), das Rauschverhalten - sofern man die Kamera richtig konfiguriert - auch bei Innenräumen bis ISO 6400 tiptop. Die EBV-Abteilung des Verlags hat niemals gemeckert, wenn in einer düsteren Kirche im Winter ein jpg-Foto bei ISO 6400 geliefert wurde. Auch im Print sah es nachher alles sehr, sehr ordentlich aus.
Die jpg-Engine der 7er stufe ich als gelungen ein. Die Ergebnisse sind meist so gut, dass ich den RAW-Modus so gut wie nie benötige. (Habe ihn, glaube ich, erst dreimal gebraucht).
Die 1DIII ist natürlich weiterhin eine prima Kamera, aber die Bildergebnisse sind bei ISO 6400 kaum von denen einer 7er zu unterscheiden. Und auch die 5er, so gut sie ist, ist nicht um Welten besser. Die Rauschunterschiede sind zwischen den drei Kameras meiner Erfahrung nach recht marginal. Und mit gescheiten Optiken liefern alle drei Kameras beeindruckende Bilder.
Der einzige Punkt, wo ein echter Unterschied besteht, ist das Freistellungspotenzial. Da wirkt ein 1,6er Crop anders als ein 1,3er Crop, der wiederum anders wirkt als ein KB-Format. Tja, und was bringt mir das nun? Nichts. Freistellen kann ich mit allen drei Formaten. Und wie oft brauche ich Blende 1,2 als echte 1,2? Diese Einsatzszenarien sind
in der Pressefotografie/im Fotojournalismus wirklich selten. Für meinen Geschmack ist Blende 1,8 am Crop bereits mehr als genug an Freistellung, meist reicht auch f2,8 oder f4, um sauber freizustellen.
Das einzige, was ich an der 7er vermisse, ist ein abgedichtetes 17-55er f2.8 Objektiv. Alles andere ist prima.
So, wenn ich nun also wählen muss, ob 1D IV, 7D oder 5D II, ich muss sagen, es käme ganz drauf an, was ich machen will. Brauche ich den 1er AF? Dann kaufe ich die 1er. Brauche ich das Freistellungspotenzial der 5er? Dann kaufe ich sie. Brauche ich einen guten Allrounder, der nicht die Welt kostet (obwohl: 1650 Euro, die ich damals hingelegt habe, zahlt auch ein Profi nicht mal eben aus der Protokasse - ich jedenfalls nicht), dann greife ich zur 7er.
Nutzen, was man braucht, das ist die devise. Prassen zum protzen, wie es hier so einige betreiben, finde ich einfach nur peinlich - vor allem, wenn dieses pubertäre prassen und protzen dann auch noch mit fanatischem Eifer immer und überall betrieben wird.
Und für alle, die meinen, man braucht als Profi neben einer 1D auch unbedingt L-Objektive, habe ich auch noch was parat: Ich habe auch
Tamron und
Sigma-Objektive im Köcher und verdiene damit bestens meine Brötchen...
Jehova!
PS: Krohmie, ich habe jetzt so lange geschrieben, dass ich nicht weiß, was du alles rausgelöscht hast. Hoffe aber, dass ich dadurch nicht OT geworden bin.
