Der Perfektionismus ist ein garstiger Gesell, dem es nie genug sein kann. Ich kenne ihn auch. Und habe auch schon erlebt, daß er Entscheidungsprozesse so schwer machen kann, daß man sich in immer kleineren Details verfranzt und am Ende den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht. Das, um deutlich zu machen, daß ich diesen Post ernst meine. Ob ich damit Deine Situation treffe, weiß ich nicht.
Wenn Du fragst, was ich machen würde, dann folgendes: Zunächst für die Nebentätigkeit ganz pragmatisch aus Profiperspektive überlegen, wieviele Hochzeiten oder andere Aufträge ich fotografieren müßte, um die beabsichtigte Investition wieder reinzubekommen. Vielleicht hilft allein das ja schon, die eigenen Ansprüche etwas zu relativieren. Klar ist, hier brauchst Du Ausrüstung, die gut und zuverlässig ist, und mit der Du sicher umgehen kannst. Konkrete Objektive kann und will ich nicht empfehlen, da ich wohl eher auf Zooms setzen würde, aber nicht weiß, warum Du sie nicht magst.
Dann ist natürlich auch noch die Frage, welche Qualität die Ausrüstung liefern soll. Oder vielmehr, wieviel Perfektion meine Kunden wirklich verlangen. Solche, die meine Fotos unterm Mikroskop betrachten wollen, würde ich schlicht nicht als meine Zielgruppe betrachten. Oder ich würde sie für diese Premium-Dienstleistung einen satten Premium-Aufschlag zahlen lassen.
Das Hobby betrachtet man nicht unbedingt betriebswirtschaftlich, deshalb würde ich mir hier einen abgegrenzten Bereich heraussuchen, wo ich meinen Perfektionismus hemmungslos ausleben kann (für Dich wäre das vielleicht die Vogelfotografie). Dann läßt nämlich dessen Unerbittlichkeit locker, so daß ich für die anderen Bereiche und überhaupt den Alltagsgebrauch den Ball ganz flach halten kann. Mehr noch: In die Gegenrichtung (sozusagen "antizyklisch") agieren. Ich habe es eher zufällig entdeckt: Seit ich große, teure, lichtstarke Objektive ausgesondert habe und auf 100D mit ein paar STMs umgestiegen bin, macht mir das Hobby mehr Spaß denn je. Keine Luxusprobleme mehr mit den winzigen Unzulänglichkeiten der hochgezüchteten Technik, keine enttäuschten Erwartungen, keine Sorgen mehr um Front- oder Backfocus. Und da sie kaum noch belastet, ist die Kamera nun im Alltag viel öfter dabei, und es entstehen Fotos mitten aus dem Leben, die nie entstanden wären, wenn ich zu viel hätte mitschleppen müssen.
Klar, ein roter Ring oder über den ganzen Zoombereich konstante Lichtstärke hat was. Aber ausgerechnet ein Downgrade war der größte Gewinn in meinem schon so viele Jahrzehnte währenden Fotohobby. Mit dem Zweit- oder Drittbesten macht's einfach mehr Spaß, ohne daß die Qualität nennenswert leidet. Das würde ich wieder so machen, und es wäre deshalb auch meine Empfehlung in eine Situation der Unzufriedenheit hinein, wenn Du mich fragst, auch wenn Du das eigentlich nicht hören wolltest. Du mußt ja dafür nicht alle Deine Schätze aussondern. Wenn mir mal so richtig satt nach Schärfe zumute ist, dann habe ich ja auch noch das aus anspruchsvolleren Zeiten übriggebliebene 135/2 L. Und das gebe ich nicht her!