Du
brauchst aber so eine "große" Kamera.
Denn eine Kamera für Leute, die sich wirklich mit Fotografie beschäftigen wollen, sollte viele direkte Kontrollelemente aufweisen, damit man tatsächlich den fotografischen Prozess im Detail kontrollieren kann.
Die vier Parameter jeder Aufnahme sind:
1. Die
Blende, geschrieben als Brennweite über Pupillendurchmesser, oder f/<n>. Dies kontrolliert wieviel Licht für die Aufnahme zur Verfügung steht und wie eng der Schärfebereich ausfällt. Größere Blenden haben kleinere <n> zur Folge. Typische Werte für <n> sind 1.4, 2, 2.8, 4, 5.6 und 8. Jeder dieser Zahlen bedeutet halb so viel Licht wie die Zahl davor. Es gibt natürlich auch noch Zwischenwerte. 1.4 und 2 begegnen einem fast nur bei Festbrennweiten.
Bei Video wird stattdessen die Lichttranspararenz verwendet, dann T/<n>. Bei Video ist es wichtig, das man das Objektiv wechseln kann aber die Menge Licht gleich bleibt. Die T-Zahl eines Objektivs ist immer größer als die f-Zahl, denn Glas ist nie perfekt transparent; ein Teil des Lichts geht verloren.
2. Die
Aufnahmezeit. Diese kann in sehr großem Rahmen variieren. Man kann Objektive auch gezielt abdunkeln, um gezielt sehr lange Aufnahmezeiten zu erzeugen. Für Video hingegen ist die Aufnahmezeit praktisch immer konstant - 1/60 sec für 24, 25 oder 30Hz Film, oder 1/125 sec für 50 oder 60 Hz Film. Das führt zu einer besonders gefälligen, natürliche Darstellung bei Video, d.h. die einzelnen Fotos enthalten eine gewisse Bewegungsunschärfe. Benutzt man hingegen höhere Verschlußzeiten, wirkt das Video seltsam nervös und ruckelig. Diese Effekte sind bei 60Hz Video natürlich nicht so stark wie bei 24Hz Video.
3. Die
Empfindlichkeit / Geschwindigkeit des Filmes, bzw die Verstärkung des Digitalsensors. Digitalsensoren haben eine fixe Empfindlichkeit, typischerweise ISO 100. Hat man zuwenig Licht, kann man den Verstärker in dem Sensor anstellen und z.B. bei ISO 200 aufnehmen. Je höher die Verstärkung, desto mehr Rauschen. Auch bei sehr langen Aufzeichnungszeiten tritt bei Digitalsensoren Rauschen auf. Film hingegen ist die Aufzeichnungszeit völlig egal.
4. Die
Fokusebene. Für Kameras mit kleinen Sensoren, wie z.B. Smartphones, ist diese relativ egal, weil praktisch alles immer im Fokus ist. Aber bei großen Sensoren werden die Bereiche, in denen die Kamera im Fokus ist, immer enger, und der exakt gesetzte Fokus wird immer wichtiger.
Hinzu kommen noch externe Faktoren wie insbesondere den Blitz oder die Blitze, den oder die man auch noch kontrollieren will.
Alle diese vier Parameter und die dazugehörigen Automatiken möchte man direkt kontrollieren können, wenn man sich wirklich mit Fotografie beschäftigen möchte, daher braucht man eine ziemliche Menge Kontrollelemente. Kameras, die genügend Kontrollelemente aufweisen, um das im Wesentlichen alles direkt zu kontrollieren, tituliert man als "semiprofessionell" oder die noch höhere Stufe als "professionell".
Bei den sogenannten Einsteiger-DSLR hingegen sind deutlich weniger Kontrollelemente verbaut. Hier gestaltet sich die Bedienung je nach Situation umständlicher und erfordert "Menüsurfing", also das Verstellen von Optionen in den Menüs. Ganz ohne Menüsurfing kommt man bei den höheren Modellen btw auch nicht immer aus, um obskurere Parameter einzustellen, wie z.B. die Anzahl der Bilder, die man beim Selbstauslöser aufnehmen möchte, aber es passiert doch sehr viel seltener als bei den Einsteiger-DSLRs.
Das gewählte Budget ist extrem eng. Es reicht eventuell z.B. für eine Nikon D90 plus 18-55mm Kitobjektiv vom Gebrauchtmarkt. Das war btw geschichtlich die erste DSLR überhaupt mit Video, aber sie ist tatsächlich aus der Klasse der semiprofessionellen Kameras und eignet sich damit zum Lernen von "richtiger" Fotografie.
Profis fokussieren btw Filme immer manuell, weil das die einzige absolut zuverlässige Methode ist. Wenn man da wasweißich einen Millionenstar wie George Clooney hat und Kameras für Hunderttausende von Dollar, will man sich nicht mit Fokussierungsproblemen herumschlagen. Das sogenannte Fokuspeaking erlaubt manuelles Fokussieren auch bei Kameras, aber DSLRs haben diese Feature bisher fast nie (nur die brandneue Nikon D850 für fast 4000€ hat das jetzt erstmals bei Nikon), da bekommt man es nur bei der Benutzung von externen Aufnahmegeräten. Canon hat in neueren DSLR die sogenante Dualpixel-Technologie verbaut, mit der Video-Autofokus recht gut funktioniert (zumindest deutlich besser als ohne); Fokuspeaking haben die bisher soweit ich das mitbekommen habe nicht.
Bei Spiegellosen ist Fokuspeaking allerdings seit längerem weitverbreitet. Mit 300€ kommt man da erst recht nicht weit - Spiegellose existieren einfach noch nicht so lange, ergo gibts da auch keinen Gebrauchtmarkt.
Heißt das, dass ich direkt ein Objektiv mit kaufen sollte? Wenn ja, welches denn ?
LOL
Du solltest bei einem Auto auch einen Motor mitkaufen.
(Eigentlich würde das Beispiel mit Reifen mehr Sinn machen - aber das Objektiv ist wirklich der wichtigste Teil einer Kamera. Ohne Motor kein Fahren und ohne Objektiv kein Bild)