Ohne dich jetzt missionieren zu wollen ein paar Anmerkungen zu deinen Bedenken gegen EVIL-Kameras:
Keine Angst, ich habe keine allgemeine Abneigung gegen EVIL-Kameras, ich sehe sie nur einfach noch lange nicht als so ausgereift und sicher an, als dass ich mich als Berufsfotograf bereits jetzt einem EVF anvertrauen würde. Sonys kleine alpha7R ist jedenfalls schon interessant vom Konzept, ebenfalls Fujis XE-1/2. Nur sind sie noch längst nicht ausgereift. (Mal abgesehen von den mickrigen Akku-Leistungen)
1. Ein optischer Sucher funktioniert immer, solange der Spiegel nicht hängt. Auch das kann passieren.
Sicher kann ein Spiegel hängen. Nur: Der Spiegelmechanismus ist ein ausgereiftes Produkt, dass 150.000+ Auslösungen normalerweise locker mitmacht. Die Langzeiterfahrungen mit EVF fehlen noch, daher bin ich erstmal skeptisch. Für micht geht es um Geld und daher benötige ich Verlässlichkeit, Experimente sind da nicht so mein Ding, denn ich habe keine Lust, dem Auftraggeber zu sagen: Ja, tut mir leid, ich habe eine unausgegorene Hard-/Software genutzt, die Bilder sind nichts geworden. Den Kunden bin ich dann los.
2. Ein elektronischer Sucher ist auch nicht feuchtigkeitsempfindlicher, als die sonstigen elektronischen Bauteile einer Kamera.
Die Frage ist: Wird der EVF entsprechend angedichtet? Dazu habe ich noch keine klare Aussage bei irgendeinem Anbieter gelesen.
3. Ein elektronischer Sucher hat massive Probleme mit der halbwegs ruckelfreien Darstellung und ist bei schlechtem Licht weniger gut zu gebrauchen - wenn du die Technik in Fotoapparaten von vor zwei bis drei Jahren betrachtest!
Nein, auch jetzt noch. Ich habe die Geräte getestet und bei allem guten Willen, bei schlechtem Licht, etwa in Konferenzsäälen, kommen die Dinger einfach nicht hinterher. Das ruckelt heftigst, egal, ob Sony, Fuji oder Oly. Die Bildkomposition ist so im Bruchteil von Sekunden nicht in der Praxis machbar.
Und Bereichen wie der Fotografie unter schlechten Lichtbedingungen sind die EVF deutlich besser zu gebrauchen, als jeder DSLR-Sucher. Sie zeigen noch ein Bild, wenn du bei einem optischen Sucher schon lange nichts mehr siehst.
Unsinn. Ich habe mit meinen KB-Kameras bislang noch immer etwas auch bei tiefschwarzer Nacht erkannt. Denn irgendwo ist immer etwas Licht, das ich zum fotografieren brauche. Fotografie heißt nicht umsonst Licht zeichnen.
4. Ein elektronischer Sucher verzögert. Ja, das tut er - aktuell um ca. 5 Hundertstel Sekunden! Da mag für manche eine Umstellung bedeuten, aber man kann sich daransehr schnell gewöhnen.
Entschuldige, aber diese Verzögerung ist ausreichend, um ein Bild nicht zu haben. Und die Mehrzahl der EVF-Kameras hat diese oder noch längere Verzögerungen zusätzlich zu einem im Vgl. zu einer professionellen DSLR langen Auslöseverzögerung. Für meinen Job ist das derzeit einfach noch nicht ausgereift.
5. Die Ausflösung aktueller EVF ist schon so gut, dass man auch professionell damit arbeiten kann.
Schließe bitte nicht von dir auf die Allgemeinheit.
Aber hier wird es in Zukunft sicher noch Fortschritte geben.
Hoffentlich!
6. Der EVF ist nicht farbtreu. Hm. Meinst du, imVergleich zur Realität oder im Vergleich zum realisierten Foto?
Im vgl. zu Realität. Das irritiert bei der Arbeit ungemein, wenn du Minutenlang durch den Sucher schauen musst. Hab's schon ausprobiert. Die ganze Zeit denkst du: Da stimmt irgenwie was nicht mit dem Bild. Es lenkt dich immens ab, du konzentrierst dich somit weniger auf deine Arbeit, als auf den EVF.
Die Vorteile eines EVF gerade in der Reportagefotografie sind allerdings:
1. Du siehst, was du kriegt. Entweder durch das eingeblendeteHistogramm oder - noch bessser einfach durch dasSucherbild siehst du genau, wie dein Bild belichtet wird und ob der Weißbgleich stimmt. Mit keiner DSLR ist es so leicht, auf die Lichter zu belichten, wie mit einer EVIL.
Mit Verlaub: Wenn ich mein Handwerk beherrsche, dann weiß ich auch bei einem optischen Sucher, wie die Belichtung ist und was ich haben will. Und einen 100% Sucher habe ich bereits. Danke, keine Vorteile durch EVF im Berufsalltag.
2. Du den Fokus perfekt beherrschen. In den meisten Fällen funktioniert ja der AF ausreichend gut, aber es gibt schließlich immer noch Fälle, wo man manuell fokussieren oder auch nur den Fokus vor der Aufnahme prüfen will.
Wenn du eine EOS 1, 7 oder 5 nimmst (oder die Nikon-pendants), dann sitzt der Fokus. Ein besseres, felxibleres, schnelleres und Fokussicheres AF-System auch unter schwierigsten Bedingungen gibt es derzeit nicht. Da kann eine EVIL derzeit in der Praxis noch nicht einmal annähernd mithalten. Und mit einer Sucherlupe arbeiten - Sorry, was soll das für eine Pressefotografie sein, in der du die Zeit dafür hast? So wie sich das liest, scheint es, als wenn du hast keine Ahnung vom Tempo hast, in dem sich im Presse- und Reportagebereich das meiste abspielt. (Ist jetzt kein Vorwurf, nur eine Anmerkung meinerseits)
3. Du hast einen verlässlichen und schnellen S-AF. Gerade im Reportagebereich erreicht man mit einem S-AF mit funktionierender Gesichtserkennung. Fokussiergeschwindigkeiten, die alle DSLR in den Schatten stellen.
Komisch... warum werden denn dann noch D4, D800, 1Dx, 5DIII und 7D genutzt und nicht massenhaft eine z.B. Olympus OM-D? Deiner Argumentation zufolge wären ja alle schön blöd, weil sie das schlechtere AF-System nutzen würden. Glaub' ich jetzt mal eher nicht. Und mit Verlaub: Gesichtserkennung ist für meinen Job unnützer Kokolores, der dir eher das Bild versaut, als dass es dir hilft.
Es gibt keine dejustierten Objektive mehr
Schon mal was von Microadjustment der professionellen DSLRs gehört? Gibt's seit Jahren.
Für mich jedenfalls hat ein EVF mit aktueller Technik einen so deutlichen Vorsprung gegenüber einem Pentaprismensucher, dass ich mir nicht mehr vorstellen möchte, mit so etwas arbeiten zu müssen.
Na dann viel Spaß damit.

Jedem das seine.