Was ist "fotografisch relevant"?
Ja, genau das ist doch die wichtige Frage. Niemand wird bestreiten, dass das KB-System eine bessere BQ und einen größeren technischen Spielraum bieten wird. Nur - wie wichtig ist der für das Foto?
Natürlich kann man sagen, das liegt immer im Auge des Betrachters. Ganz so einfach ist es ja aber nicht. Es gibt über den Pixelpeeper ein Publikum, was wertet. Es wertet eben "Boah - wie geil!" Oder "Was für ein tolles Foto!" oder "Du kannst aber toll fotografieren!". Andere Kreise sagen vielleicht: "Deine Bilder haben was, du sagst was aus.". Ich vermute mal, für die meisten Fotografen ist das das Ziel. Für die Profis sowieso, denn es ist die Geschäftsgrundlage, und für den Amateur ist es Balsam auf die Seele, der Preis für sein Bemühen.
Jetzt stellt sich die Frage, unabhängig von den eigenen Fertigkeiten: Krieg ich das mit dem System x hin, oder brauche ich System y, weil, ohne geht es einfach nicht, oder nur sehr schwer.
Beispiel: Ich habe eine alte Olympus E-3 (FT), die wollen wir vergleichen mit einer Nikon D700 (FX). Meine E-3 fängt an bei schlechtem Licht bei ISO800 ganz fürchterlich an zu rauschen mit einem ekligen Banding. Das sieht echt kacke aus und ist ein deutlicher Show-Stopper für den gesuchten Wow-Effekt. Das kann die D700 viel besser. Nun sagt der FT-User: „Aber meine E-3 ist mit den Zuikos viel schärfer in den Ecken als du mit den Nikkoren!" "Stimmt", sagt der Mann mit der Nikon, "aber - wen aus meinem Publikum interessieren denn die blöden Ecken? Für den Wow-Effekt?"
Nun gingen die Jahre ins Land, die Sensor-Entwickler waren fleißig. Das glücklose FT-System wurde eingestampft und ersetzt durch mFT mit einem ganz anderen Formfaktor.
Und wieder vergleichen wir zwei Top-Modelle dieser Marken. Die Pen F, die letzte und wertigste Kamera aus der Pen-Reihe, wir erinnern uns, damit war Olympus ins mFT-System eingestiegen und lange Zeit auch geblieben. Und die Nikon D810, wohl die würdige Nachfolgerin der D700.
Der D810-Fotograf sagt: "Ich sehe Grundrauschen schon bei Basis-Iso bei der Pen." Der Pen-Fotograf sagt: "Ja, bei 100% auf guten Bildschirmen, das stört keinen Menschen außer Pixielpeepern." Der unbefangene Betrachter, also der, bei dem der Wow-Effekt provoziert werden soll, sagt: "Häh? Wat?".
Der D810-Fotograf sagt: Bei Iso 3200 sieht aber die Pen gruselig aus. Der Pen-Mensch antwortet: "Ja, das stimmt, ab der Iso wird es grenzwertig, geht aber noch." Der aus dem Publikum sagt: "Wo? Ah, da, ja - wenn man ganz genau hinschaut..."
Der D810-Fotograf zeigt stolz, wie sehr er noch die Schatten hochziehen kann. "Seht her, wie viel dort noch zu sehen ist an Zeichnung!" Der Pen-Mann schiebt das Histogramm zusammen, so dass das Foto knackiger aussieht, damit der unabhängige Betrachter "Geil!" sagt. Der hört auch gar nicht mehr zu, wenn der D810er einwirft: "Aber aber aber die Schatten sind doch abgesoffen, und die Lichter..." Die sind ihm total Schnuppe, denn das Pen-Foddo sieht genauso aus wie die letzte Einstellung von Game of Thrones. Da, wo die Schiffe von der Drachenkönigin im Sonnenuntergang gen Westeros segeln. Dieses Bild hatte ihn seinerzeit so beeindruckt, das ihm die Tränen gekommen sind. Also fast.
Zum guten Schluss lässt der eine seine Pen lässig in die Manteltasche gleiten - und macht eine Stunde später den Schuss seines Lebens. Der andere nicht, denn die Fototasche mit der dicken Nikon steht zu hause. Bereit, "wenn man mal auf Fototour geht."
