Hallo zusammen,
zunächst möchte ich voranschicken, dass ich hauptsächlich Leser in diesem Forum bin.
Nach meiner Selbsteinschätzung nutze ich nicht mehr als 10% der Fähigkeiten einer modernen Kamera, ich bin Amateur ohne (Semi-) Profi-Ansprüche, mit Faszination für moderne Technik.
Meine Foto-"Karriere" führte mich über diverse Minolta und Nikon Kleinbild-Analog-SLR über die erste Digitalkamera (Nikon Coolpix 995, in ihrer Zeit ein geniales Teil) im Jahr 2007 wieder zur SLR, dann aber digital. Zum damaligen Zeitpunkt war Vollformat für mich persönlich schlichtweg zu teuer, so dass ich beim APS-C Format eingestiegen bin. Verbunden damit war der Wechsel von Nikon zu Canon - zum damaligen Zeitpunkt machte mir das Canon-System in Gänze einen stimmigeren Eindruck, bei tendenziell attraktiveren Preisen.
Mit dem Ziel, irgendwann einmal auf einen Body mit Vollformatsensor umzuschwenken, habe ich mir nach und nach entsprechende VF-taugliche EF Objektive zugelegt (Start mit 24-105 4L IS, es folgten 70-200 4L IS, 17-40 4L).
Als Body wurde seinerzeit die EOS 40D angeschafft.
Meine bevorzugten Motive sind:
- Pferde / Tiere
- Reise, auch (aber nicht Hauptanwendung) Landschaft
- Fahrzeuge
- Motorsport
Ich mag nicht gerne mit Blitz fotografieren, irgendwie bin ich dafür zu doof.
Seit ein paar Wochen habe ich nunmehr die 6D II in meinem Besitz. Die 6D hatte ich bei ihrem Erscheinen auch in Erwägung gezogen, fand jedoch bereits damals den AF als keinen Fortschritt bietend, ferner erschien mir die Serienbildgeschwindigkeit ebenso als Rückschritt.
Vorab ganz kurz zusammengefasst, aus welchen Gründen ich grundsätzlich eine Kamera mit VF-Sensor haben wollte:
1. der typische "Kleinbild-Look" hinsichtlich der Bildwirkung (insbesondere das Spielen mit Schärfe-Ebenen
2. weniger Bildrauschen - vor allem in Innenräumen und bei Aufnahmen im Dunkeln.
Ich möchte ganz gern einfach ein paar meiner ersten Eindrücke mit der 6D Mark II wiedergeben, ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Gehäuse:
Wenn man eine (doch schon 10 Jahre alte!) 40D bedienen kann, fühlt man sich bei der 6D II sofort wohl, die fasst sich alles in allem doch sehr ähnlich an. Wie gehabt ist Canon alles zusammengenommen sehr routiniert im Entwurf einer bedienergerechten Hard- und Software-Benutzungsschnittstelle.
Ein Rückschritt ist für mich der Multicontroller. Das war bei der 40D deutlich griffiger gelöst. Ein Joystick* für die AF-Feldauswahl - wie bei den 5D Modellen (und auch bei der 40D!) - wäre wirklich toll.
Ansonsten teilt sich das Gehäuse Pros und Cons mit der "Alten": relativ kompakt und leicht, Griffigkeit ok. Aber - für meine Hände - liegt eine 5DIII doch noch wesentlich besser in der Hand. Diese vermittelt haptisch insgesamt sehr viel mehr die Anmutung eines hochwertigen "Werkzeugs", das nie kaputtzugehen scheint.
Aber: Für einen Amateur wie ich einer bin ist das, was die 6DII bietet, wohl hinreichend, denke ich.
Sucher, Display:
Ehrlich gesagt stört mich nicht, dass der optische Sucher nicht 100% abbildet. Auffallend im Vgl. zu APS-C (ich weiß, das ist auch bei anderen VF-Kameras so!) ist, wie schön hell der Sucher an der 6DII ist. Das ist schon ein genialer Fortschritt und eine andere Welt! Hat aber nix Spezifisches mit der 6DII zu tun.
Das Display an der Rückseite ist natürlich wie der Umstieg vom Feature Phone Nokia 8310 auf ein iPhone. Das hat Canon komplett schlichtweg hervorragend gelöst, mechanisch kenne ich bzgl. Drehen und Klappen keine stimmigere Lösung als die von Canon gewählte. Wenn man dagegen das filigrane Gedönse an den Fujis sieht...
GPS:
Ein wesentlicher Kaufgrund für mich war, dass die Kamera auch GPS haben sollte. Die Fummelei mit "myTracks" auf dem iPhone und Anreichern der EXIF/IPTC Daten vor LR-Import fand ich immer lästig, das wollte ich beim Nachfolger für die 40D nicht mehr haben.
Allzu begeistert bin ich jedoch von der Implementierung in der 6D II nicht:
Zunächst braucht sie recht lang bis zum GPS-Fix, nicht vergleichbar mit den A-GPS Systemen in Smartphones, die mehr oder weniger sofort bei freiem Himmel eine Position ermitteln.
Des weiteren scheint die Funktion ein echter Akkufresser zu sein: Ich hatte die Kamera rd. 1 Tag auf Standby im Schrank, mit GPS in Mode 2 aktiviert. Als ich die Kamera in die Hand nahm, erhielt ich eine Akkustandswarnung.
Autofokus-System:
Da merkt man schon deutlich den Unterschied, der AF bei der 40D war ähnlich spartanisch wie bei der 6D I ausgelegt.
Aber: keine Höhen ohne Tiefen. Die ziemlich mittenlastige Verteilung der AF Felder ist wirklich nicht schön, bei einer Kamera der 2.000 EUR Klasse dürfte man heutzutage eigentlich mehr erwarten. Zumal Spiegellose da mit ganz anderen Werten (sowohl was die Anzahl als auch räumliche Ausdehnung der AF-Punkte anbelangt) die SLR mittlerweile überflügeln.
Ich habe früher quasi nur den mittleren AF Punkt genutzt, derzeit spiele ich noch mit den anderen Modi an der 6DII herum, bin aber nicht allzu glücklich.
Ich habe aktuell den Auslöser zum reinen Auslöser umkonfiguriert und auf die AF-On Taste die Fokussierung gelegt. Ich werde mal probieren, ob ich mir das dauerhaft eingewöhnen kann. Damit kann man offenbar sehr gut für die Komposition verschwenken und gleichzeitig auch bewegte Objekte fotografieren (mit AI Servo). Dann kann man evtl. das AF-Feld-Auswahlprozedere umschiffen.
Live View, Schwenkdisplay:
Ist schon toll, was damit möglich ist. Insbesondere mit dem schwenkbaren Display denke ich, werde ich wieder Dinge machen können wie mit der seligen Nikon 995.
Noch ein paar Beobachtungen:
• Die Schärfentiefe-Taste / bzw. -Funktion ist immer noch recht "old fashioned". Ist natürlich prinzipbedingt so, aber die Mirrorless-Kameras haben da durchaus einen klaren Vorzug: man sieht im Display bzw. EVF ohne Tricks genau das, was man aufnimmt...
• Gut gefällt mir die (neue?) AF-Bereich-Wahltaste vorn links neben dem Auslöser, über die man die AF-Modi umschalten kann.
• WLAN: ich denke, das ist wirklich mehr als eine nette Spielerei. Da kann man den Fernauslöser mal gleich zu Hause lassen. Und das unproblematische Runterladen von Bildern auf das Smartphone ist etwas, das mir bisher - wenn ich mit "leichtem" Gepäck reiste - fehlte. Das geht jetzt wirklich recht einfach.
Nun zum Wichtigsten, der Bildqualität bzw. Bildeindruck der Aufnahmen:
Das Bildrauschen bei hohen ISO Werten ist wirklich erstaunlich gering. Die 40D fing bei ISO 800 deutlich wahrnehmbar zu rauschen an, ISO darüber waren eigentlich kaum nutzbar. Ich habe einige Innenaufnahmen in einer Kirche mit der 6DII gemacht, die mit ISO1250 oder mehr super aussehen.* Selbst Aufnahmen mit ISO8000 sehen vertretbar aus. Klar, wenn man mit der Lupe reinzoomt, sieht man Körnung. Aber der Bildeindruck ist schon prima.
Und Tiefen hochziehen klappt auch, ohne gleich "Augenkrebs" zu bekommen.
Beim AF habe ich eine ganze Reihe Fehlfokussierungen gehabt, habe bis dato mit der Mehrfeld-AF Wahl (9 Felder) gearbeitet. S.o., evtl. sollte ich wieder auf Einzelfeldwahl gehen (zentraler AF-Punkt).
Farben: Ich fotografiere in RAW und importiere die Bilder in Lightroom 6. Die Farbreproduktion ist mir persönlich etwas "fad" (aber wohl sehr realitätsnah), wahrscheinlich müsste ich mir da ein Preset nach meinem Gusto einrichten.
Grundsätzlich muss ich üben, mit den Möglichkeiten des KB Sensors klarzukommen, die enger umrissenen Schärfentiefe-Ebenen müssen auch erstmal wieder eintrainiert werden. APS-C ist da tatsächlich "gnädiger". Aber darin liegt ja auch ein gewisser Reiz.
Mein derzeitiges Zwischenfazit:
Die Fortschritte, die die Technik in 10 Jahren gemacht hat, sind schon beachtlich, wenn auch nicht wirklich verwunderlich.
Ich muss zugeben, ich bin nicht so übermäßig begeistert, wie ich es gedacht hätte.
Insofern sind die Testurteile renommierter Tester, die die 6DII primär als Backup-Body empfehlen, nachvollziehbar.
Hätte ich nicht einige Objektive, die nicht ganz billig waren, wäre ein Systemwechsel hin zu einer guten Spiegellosen für mich durchaus sehr vorstellbar (diese Fummelei mit Adaptern, um Canon Linsen an einer Sony zu verwenden, halte ich nicht für sonderlich zielführend).
Ich bin noch am Wanken, ob ich die 6DII behalte oder tausche: Ich stelle mir die Frage, ob die 6DII das Aufgeld gegen Alternativen "wert" ist.
Optionen für mich persönlich wären
• 80D bzw. 7DII (erstere hat eigentlich das gleiche gute Display-Konzept und wohl bessere ISO Fähigkeiten als letztere, die wiederum GPS* und ein Super AF-System mitbringt, aber ansonsten auch schon ein wenig angegraut scheint).
• 5DIII - die scheint es aber nicht mehr neu zu geben für sie sprechen besserer AF und Ansteuerung der Felder, robusteres Gehäuse, dagegen sprechen einige moderne Features und das doch schon tolle Display an der 6DII;
• 5DIV? Da hört für mich der Spaß auf - ich verdiene ja nicht meine Brötchen mit der Fotografie.
Alles andere wäre ein kompletter Bruch, und hier habe ich eigentlich noch nichts ganz Überzeugendes gefunden.