Ich habe anhand meiner Recherchen jetzt verstanden, dass ich Fotografieren durch Zeit und Blende steuere.
Nicht ganz. Du hast neben Zeit und Blende mit der ISO-Lichtempfindlichkeit eine dritte Komponente, mit der Du das Fotografieren steuerst.
Nimm z.B. Deine Flügelbewegung. Wenn Du Deine Gartenvögel im Flug wie gewünscht erwischen willst, würde ich mal eine Belichtungszeit von 1/4000 Sekunden schätzen. Das kommt auch ein wenig auf die Brennweite und Entfernung an. Weiter angenommen, Du hättest ein günstiges 70-300 als Teleobjektiv, hast Du in der Regel eine Blende von 5.6 oder noch weniger am langen Ende. Um ein Bild mit ISO 100, Blende 5.6 und 1/4000 Sekunden aufzunehmen, muss es schon relativ hell am Tag sein. Stark bewölkt, schattig oder gar im Wald ist das schon viel zu Dunkel. Da Du die Zeit wegen der Bewegungsunschärfe nicht verlängern kannst und das Objektiv keine größere Blende zulässt, bleibt Dir bei schlechten Lichtbedingungen nur der Weg, die ISO zu erhöhen. Glücklicherweise ist das bei den moderneren Sensoren ja auch möglich.
Ich verstehe nicht z.B. wie die Objektive oder Cropfaktoren dieses Rauschverhalten beeinflussen und wie sich Rauschen auf die Schärfe auswirkt.
Direkt hat das Objektiv keine Auswirkung aufs Rauschverhalten. Indirekt, wie im obigen Beispiel erklärt, aber doch, da bei kleiner Blende schlechte Lichtverhältnisse mit höherer ISO ausgeglichen werden muss, wenn man die Belichtungszeit nicht verlängern kann.
Der Cropfaktor hat keine Auswirkung aufs Rauschverhalten.
Das Rauschen ist als eine Vielzahl von Störpixeln im Bild erkennbar, die nicht korrekt aufgenommen worden sind. Je mehr Störpixel Du im Bild hast, desto weniger Details hast Du und desto unschärfer wird es. D.h. Ziel ist es, die Aufnahmeparameter so zu setzen, um mit möglichst geringer ISO arbeiten zu können.
Also mal zu den einzelnen Punkten:
Für Gartenvögel im Flug benötigst Du eine relativ große Telebrennweite. Ich würde mal 400mm KB als erforderlich ansehen. Lichtstarke Objektive in diesem Brennweitenbereich liegen utopisch weit über dem Budget. Daher kämen hier eher die lichtschwachen günstigeren 70-300er in Frage.
Für einzelne gelben Blumen freigestellt vor cremigem Hintergrund benötigst Du ein Makroobjektiv. Makroobjektive sind, was Schärfe und Abbildungsleistung angeht allesamt sehr gut. Ein Tamron 60/2 hätte z.B. den Vorteil, dass es mit seiner Lichtstärke auch ein recht gutes Portraitobjektiv ist. Aber auch die diversen Tamron 90, Canon 100, Sigma 105 oder Nikon 85 oder 105 sind allesamt auch sehr gut.
Wenn Du wirklich detailreiche Panoramen erstellen willst, macht man das mit einer etwas höheren Brennweite ab ca 50mm KB oder noch länger. Am Besten noch hochkant und mit mehreren Einzelbildern je nach Größe des Panoramas. Wenns wirklich optimal werden soll, nimmt man ein gutes Stativ mit L-Winkel und Nodalpunktadapter.
Du siehst, mit dem Budget von 600 Euro plus späteren 200-300 Euro wirst Du nicht ganz hinkommen.
Als Beispielrechnung mal eine Zusammenstellung von Gebrauchtpreisen
Nikon D7100 gebraucht mit einem 18-105er Kit für die meisten Standardanwendungen ca 600 Euro
Nikon 35/1.8 für Dämmerung, Sonnenuntergänge, detailreiche Panoramen ca 100-150 Euro
Tamron 60/2 Makro ca 200 Euro
Nikon oder Tamron 70-300 für die Gartenvögel 200-300 Euro
Gutes Stativ mit L-Schiene und Nodalpunktadapter > 200 Euro
Beim Body könntest Du ein wenig sparen, wenn Du statt der D7100 eine kleinere D5x00 oder D3300 nimmst. Diese haben die gleiche hohe Bildqualität wie die große D7100, sind aber etwas anders ausgestattet. Kleinerer Sucher, kleineres Autofokussystem, keinen internen Fokusmotor zur Verwendung alter, aber recht guter und günstiger Nikon-Objektive ohne eigenen Fokusmotor.
Bei dem gesetzten Budget von rund 700 € kommt da eigentlich nur die Canon EOS 70D in Frage, die ist mit Kitobjektiv gebraucht in dieser Preislage zu bekommen.
Warum kommt nur diese Canon in Frage?
Das frage ich mich auch. Was kann diese von den Anforderungen besonders gut, was andere Kameras im Preisrahmen nicht können sollten? Die Anforderungen hören sich beim ersten Lesen recht ambitioniert an, aber was sollte z.B. eine Panasonic FZ1000 oder die Einstiegs-DSLR Nikon D3300 davon nicht auch leisten können?
ist die Canon so viel besser als z.B. Nikon. Oder ist sie schlechter aber viel günstiger?
Bei den älteren Canon-Modellen wie der 70d oder den älteren dreistelligen 700d und älter liegst Du in der reinen Sensorleistung, was Rauschen und Dynamik anbelangt, hinter den Nikon zurück. Erst die neueren Canon ab 750d oder 80d haben diesen Rückstand fast aufgeholt. Canon hat bei den alten Modellen andere Vorzüge wie die große Verfügbarkeit und einen großen Gebrauchtmarkt. Auch ein Klappdisplay mit Touchfunktion war bei Canon sehr viel früher im Einsatz.
In alten Beratungen war auch von Bridgekameras die Rede.
Eine Panasonic FZ1000 wäre bestimmt auch ein geeigneter Kandidat. Nachteil ist der etwas kleinere Sensor, so dass die ISO-Leistung etwas zurücksteht. Einiges wird aber durch das verbaute Objektiv wieder rausgerissen. Da hättest Du ja ein 400/4 am langen Ende anstelle der 5.6.
Welche technische Daten muss ich anschauen: Megapixel? ISO? Zoom-Faktor? Crop-Faktor? Bilder pro Sekunde? Blende?
Keine davon. Einzig für Vögel im Flug ist eine höhere Serienbildrate von Vorteil, aber da steckt vor allem sehr viel Übung mit drin.
Ich würde eher auf so Sachen schauen, wie groß der Sucher ist. Reicht mir z.B. der kleinere Sucher einer D3300 gegenüber der D7100. Brauche ich ein Klappdisplay oder kann ich darauf verzichten? Das ist für Makros oft mal nicht schlecht. Ich hab selber auch keines und mach dann halt oft mal ein paar Blindversuche mehr, bevor ich mich allzusehr verrenke.