Ein Kumpel/Freund/Bekannter kommt zu mir und sagt hey du hast ja ne tolle Kamera und fotografierst, kannst du mir nicht beim Kamera kauf helfen. Dann nimmt das Gespräch meistens folgende Wendung:
Ich: Nimm am besten Kamera A,B oder C, weil die haben ein klasse Handling sind benutzerfreundlich etc.
Er: Hey aber schau mal Kamera D hat dieses tolle Feature XY
Ich: Ja aber vll solltest du nicht auf Fotoqualität verzichten, damit du am Ende ein Feature XY (meist irgendwas wie interne HDR-Verarbeitung oder ein GPS) hast.
Wenig später steht die andere Person mit Kamera D da, weil die doch das tolle Feature XY hat, wofür kein erfahrener Fotograf auf Handling oder einen großen Sucher verzichten würde.
Geht euch das eigentlich genauso. Meistens rege ich mich dann innerlich ziemlich auf und frage mich, warum ich eigentlich die Leute nicht gleich zu einem Berater irgendeiner großen Elektrokette schicke.
Lasst mal hören ob ihr ähnliche Erfahrungen mit Beratungsresistenz gemacht habt.
Also nein, ich habe keine private Kameraberatung laufen.
Aber mir fällt in Deinem Post auf, dass Du aus Deiner Sicht, aus Sicht des "erfahrenen Fotografen" berätst,
obwohl der Ratsuchende explizit Wert auf Aspekte legt,
die Dir als erfahrenem Fotografen unwichtig sind.
Vielleicht wäre der Ratsuchende total glücklich mit einer Kamera, die Dir zu teuer wäre (für die gebotene Leistung) oder zu wenig Möglichkeiten bieten würde, aber die eben diesen Aspekt hat, auf den er sehr viel Wert legt.
Das war bei meinen ersten beiden Kameras unter anderem eine Möglkeit der kamerainternen Bildbearbeitung, die sicher wenige andere zur Kaufentscheidung heranzogen.
Und ich habe mich darüber gefreut und das auch genutzt.
Gegenfrage:
Wenn jemand also unbedingt eine Vollformatkamera haben will, ist der dann auch beratungsresisten, wenn er nicht bei APS-C bleibt,
obwohl sie für ihn völlig ausreichend wäre?
Hier wird sehr oft mit "Habenwollen" argumentiert und das wird auch von den Ratgebern akzeptiert (als Kaufargument) nämlich oft mit der Erklärung "Kauf es dir, wenn du es wirklich habe willst, ohne es zu brauchen, ärgerst Du Dich später nur und kaufst es doch noch!"
Als Ratsuchender möchte man auch gar nicht unbedingt ein besitmmtes Modell empfohlen bekommen (und schon gar nicht "zwangsweise" kaufen, weil man ja gefragt hat

), sondern eher an die Hand genommen werden bei der Orientierung.
Vielleicht reicht auch vielen die BQ der "einfacheren" Kameras. Vor allem, weil sie wenig Vergleiche haben oder sich nicht mit dem Gedanken der verbesserten BQ rumgeschlagen haben.
Die Frage der Ratsuchenden ist "werde ich damit glücklich oder enttäuscht" - gerade bei teuren Produkten, die man sich noch nie oder lange nicht gekauft hat.
Man hat Angst vor dem kompletten Fehlkauf, davor, dass "es gar nicht funktioniert".
Dann möchte man etwas Orientierung im Produktdschungel, man möchte die Versicherung, keinen absolut unbrauchbaren Müll zu kaufen (was ja in einigen Bereichen durchaus passiert, vor allem Küchengadgets).
Entscheiden möchte man sich aber selbst!
Und wie viele Leute kaufen hier zuerst das Superzoom und später speziellere Objektive?
Auf der anderen Seite: Wie viele kaufen erst die empfohlenen Festbrennweiten und fühlen sich hinterher zu eingeengt/ enttäuscht und geben sie wieder ab?
Wie viele Leute hier kaufen sich gefühlt alle Nasen lang eine neue Kamera?!
Das Wort beratungsresistent lese ich oft in Internetforen (v.a. zum Thema Tierhaltung) und fast immer bedeutet es "mach sofort was ICH sage und frag nicht weiter!"
Selten bedeutet es, "ich habe dir alles gesagt, was für Deine Situation am beste ist, Dir Optionen (und kleine mögliche Schritte) genannt und Dir die Folgen aus meiner Sicht genannt - Du hattest Dich aber am Anfang schon entschieden und wolltest keine Beratung!".
Selbst dann kann der Ratsuchende vielleicht nach Abwägen aller neuen Infos zu dem Schluss gekommen sein, dass er nichts ändern möchte. Beim Thema Tierhaltung ist das natürlich oft folgenreich, wenn etwa ein Halter eines Großpapageien sich nicht traut, dem Tier einen Partner zu gönnen. Man kann nur Einfluss darauf nehmen, wenn man ihn an die Hand nimmt, ihm die Entscheidung so leicht wie möglich macht, ihm zeigt, wie es
bei ihm funktionieren kann und was er gegen seine Ängste unternehmen kann.
Glücklicherweise geht es beim Kamerakauf nicht um Lebewesen, sondern maximal um Geldverschwendung.

Nicht-Befolgen der Empfehlung ist also nur bei Ratsuchenden mit extrem begrenztem Budget relevant (die nach Enttäuschung über den Fehlkauf lange keine neue Kamera kaufen können).
Schließlich aber weiß man nie, ob die Kamera, die man als Ratgeber fürchterlich fände die Traumkamera des Ratsuchenden ist! Der könnte ja ganz andere Kriterien haben als man selbst (oder auch Forenleser, die mehr als das Kitobjektiv besitzen und benutzen, während der Durchschnitts-Neukäufer wohl erst mal länger mit dem Kitobjektiv fotografiert - vor allem der ausschließliche Urlaubsfotograf!).
LG
Frederica