Die Idee ist, dass auch Licht nach links / rechts / oben / unten
abgestrahlt wird, und so über Boden , Decke und Wände wieder
zum Motiv reflektiert wird. Man produziert dann quasi ein
Füll-Licht für den Raum.
Das ist keine Idee, das ist eine Behauptung - eine haltlose.
Ich zitiere mich mal selbst, der entsprechende Artikel ist
momentan wegen Website-Umbau offline:
Diese Partybilder mit einfachem Aufsteckblitz werden zu
Recht als "hart" empfunden, und der Wunsch nach
"weicherem" Licht stellt sich schnell ein.
Jetzt schlägt die Stunde des Vereins zur Verarschung geistig
Minderbemittelter, der ....... äh, das gehört hier nicht hin.
Nein, die wohlmeinende Fotozubehörindustrie springt helfend
ein und offeriert zwar keine Lösungen, aber dafür eine Menge
verschiedener Produkte zu teilweise stolzen Preisen.
Alle versprechen sie das Licht weicher zu machen und zu besseren
Bildern zu verhelfen. Guckt man näher hin, stellt man fest, dass
sich offensichtlich jeder mal versprechen kann....
All diese Produkte verändern in der Tat das Bild, aber keines tut das
was versprochen wird, die Auswirkungen der Produkte auf das Bild
sind schlichte Kollateralschäden durch Nebenwirkungen.
Wir kommen gleich noch zu der genauen Erklärung dessen was die
Produkte im Einzelnen tun und warum und wie man das einfacher
haben kann ohne etwas zu kaufen.
Aber zunächst erklären wir mal ein paar eigentlich einfache Grundlagen,
die für das weitere Verständnis unbedingt nötig sind, anscheinend
aber kaum bekannt sind oder nicht verstanden werden.
1: Das Licht nimmt mit dem Quadrat der Entfernung ab.
Denken wir uns eine punktförmige Lichtquelle, die eine feste Menge
Licht abstrahlt. Sie strahlt das so aus, dass in einem Meter Abstand
ein Quadrat von 1 x 1 Meter genau ausgeleuchtet wird. Stellen wir diese
Lampe bei unverändertem Abstrahlwinkel und unverändertem Lichtstrom
nun zwei Meter von einer Wand weg, deckt das Licht bereits eine Fläche
von 2 x 2 Metern ab. In drei Metern Entfernung ist das bereits eine
Fläche von 3 x 3 Metern, in 4 Metern eine Fläche von 4 x 4 Metern.
Schauen wir uns das mal an einem Muster an:
Hier habe ich einen Metz 45 CT3 Stabblitz auf reduzierter Leistung die Wand entlangstrahlen lassen.
Ich habe die korrekte Blende in 50/70/100/140/200/300/400/500/600/700/800 Zentimetern Entfernung
vom Blitz mit einem Gossen Variosix F für 100 ISO gemessen.
In zwei Metern Abstand muss ich also für eine Fläche von 4 Quadratmetern
mit dem gleichen Licht auskommen das vorher für nur einen Quadratmeter
gereicht hat. In drei Metern teilt sich das Licht bereits auf 9 Quadratmeter auf.
Die Fläche auf die sich das Licht aufteilt ist genau das Quadrat der Entfernung.
Im Vergleich von einem zu zwei Metern Abstand landet auf einem
Quadratmeter beleuchteter Fläche bei zwei Metern nur ein Viertel des
Lichts, das bei einem Meter auf einen Quadratmeter wirkt.
Das sind zwei Blenden weniger. Auf vier Meter sind es schon vier
Blenden weniger. Das sind physikalische Gesetzmässigkeiten, die kein
Fotoprodukt ausser Kraft setzen kann.
2: Was ist weiches Licht?
Ob ein Licht weich oder hart ist wird durch die Grösse der lichtabstrahlenden
Fläche relativ zum Objekt in Verbindung mit der Entfernung zum Objekt
bestimmt. Eine Leuchtfläche die kleiner als das Objekt ist ergibt ein hartes
Licht, eine Leuchtfläche die grösser als das Objekt ist ergibt ein weiches Licht.
Für eine Playmobilfigur aus wenigen Zentimetern Entfernung ist bereits ein
einfacher Systemblitz ein vergleichsweise weiches Licht. Für einen Menschen
in zwei Metern Entfernung braucht man schon eine Softbox von einem Meter
Durchmesser für das gleiche Ergebnis wie mit dem Playmobilmännchen.
Je weiter man die Leuchtfläche vom Objekt entfernt aufstellt, umso grösser
muss man sie machen um den gleichen Effekt zu erzielen. Und natürlich muss
man die Leistung dramatisch erhöhen.
Dazu ein paar Beispielfotos:
Foto
Foto
Foto
Foto
Foto
So, und jetzt kommen wir zum esoterischen Blitzzubehör.
Alle versprechen das Licht weicher zu machen. Wie weiches Licht funktioniert
haben wir oben gesehen. Schauen wir uns nun einige der Produkte an.
Snake Oil - was die verschiedenen Blitzvorsätze tun.
Je nachdem wie der Lichtformer befestigt wird, ändert sich die
Höhe der Lichtaustrittsfläche über der optischen Achse, und
dabei wird der Nasenschatten länger oder kürzer.
Ausserdem benötigt man je nach Lichtformer mehr Leistung für
die gleiche Blende, damit fängt man sich gleichzeitig reduzierte
Akkustandzeit und erhöhte Nachladezeiten ein.
Ob ein Licht weich oder hart ist hängt von seiner Grösse relativ
zum Objekt in Verbindung mit dem Abstand zum Objekt ab.
Guck mal aus Objektsicht auf den Lichtformer: Wenn der im
Vergleich zum nackten Blitz deutlich grösser ist, dann hast Du
vermutlich weicheres Licht. Mit einem Stofen hast Du genau das
nicht, denn der ist nicht grösser.
Der streut Licht nur in alle Richtungen. Dein Motiv ist aber
nicht in allen Richtungen. Wichtig ist allein was auf dem Motiv
ankommt. Das was ankommt, kommt direkt oder indirekt an.
Das indirekte Licht ist das was den angeblichen Effekt der
ganzen Bouncer ausmacht. Das muss aber gegen das direkt
abgestrahlte Licht konkurrieren. Oben kann man gut sehen wie
das Licht mit dem Quadrat der Entfernung abnimmt.
Wer jetzt einmal gedanklich nachvollzieht wie lang der Weg von
Blitz zu Decke oder/und Wand und von da zum Motiv im Vergleich
zur direkten Strecke vom Blitz zum Motiv ist, der kommt schnell
darauf dass allein die deutlich verlängerte Strecke schon soviel
Leistung kostet dass der indirekte Lichtanteil im Vergleich zum
direkten Lichtanteil bedeutungslos ist. Rechnet man noch hinzu
dass die Reflektion von Wand oder/und Decke ja keineswegs verlustfrei
abläuft, dem wird schnell klar, dass die Versprechen auf Streuung
durch Reflektion schon auf Basis der Physik glatt gelogen sind.
Was tun die Teile also?
Sie kosten erst mal Geld. Sie schlucken enorme Mengen Licht, die
Blitzreichweite nimmt dadurch dramatisch ab. Gleichzeitig verlängert
sich die Nachladezeit zwischen den Blitzen, weil die Geräte meist
Vollgas liefern müssen. Man läuft also Gefahr was zu verpassen, weil
der Blitz noch nicht wieder fertig ist und die Batterien schnell erschöpft sind.
Sie sind manchmal ein wenig grösser als der nackte Blitzreflektor, aber
das ist je nach Motivgrösse schon in 1,5m Entfernung bedeutungslos.
Siehe oben: Das Licht wird weicher wenn der Lichtformer in Relation
zum Motiv unter Berücksichtigung des Abstands deutlich vergrössert
wird.
Viele Geräte werden hochgeklappt verwendet, das stellt die Lichtquelle
höher. Dadurch werden bei Portraits die Nasenschatten länger und der
Schatten des Kopfes wandert tiefer und wird meist von Kopf und Körper
verdeckt. Das Licht wird dabei nicht weicher, aber das kann ein untrainierter
Betrachter selten unterscheiden.
Der wesentliche Punkt jedoch ist dass diese Geräte meist von Leuten
verwendet werden, die nur rudimentäre Kenntnisse der Zusammenhänge
von Blitzbelichtung und Raumlicht haben. Sie verwenden Automatiken
und hatten vor dem Einsatz der Dinger die üblichen Ergebnisse: Totgeblitzte
Gesichter vor dunklem Hintergrund.
Mit dem Teil hat der Blitz nicht mehr genug Leistung um den Hintergrund
totzublitzen, die Kamera muss ggf die Empfindlichkeit hochsetzen, die
Verschlusszeit verlängern oder/und die Blende öffnen. Damit nähert sich die
Blitzbelichtung näher an das Raumlicht an - eine Technik die ein versierter
Fotograf selbst wählen wird - und der ahnungslose Amateur klopft sich auf
die Schulter, weil er einen höheren Anteil des vorhandenen Lichts nicht von
einem weicheren Blitzlicht unterscheiden kann.
Tja. That's life.