Nun meine Frage: wie wird eigentlich die Backfokus Justierung durchgeführt? Mechanisch oder über Softwareeinstellung?
Es gibt offensichtlich zwei Methoden der Justage, wobei Methode 1 in meinen Augen die einzig sinnvolle und effektive ist.
Methode 1:
Referenzoptik ist ein 135L mit dem zunächst die eigene Kamera justiert wird.
Danach wird das zu justierende Objektiv auf die soeben justierte Kamera geschraubt und bei verschiedenen vorgegebenen Brennweiten, zumindest bei Zooms, Testfotos bei Halogenlicht (wird extra eingeschaltet) geschossen. Diese werden über Cardreader in eine Canon Software eingespielt und ausgewertet.
Daraus ergeben sich bei den jeweiligen Brennweiten unterschiedliche Korrekturwerte, die der Techniker per Mausklick über eine Eingabemaske in der Software eingibt und über eine an den Rechner angeschlossene Übertragungskamera (Referenzkamera - 350D) elektronisch auf das Objektiv aufspielt - hierzu ist das Objektiv natürlich vorher auf diese "Übertragungskamera" zu schrauben.
Wenn es richtig gemacht wird, ist dieser Vorgang solange zu wiederholen, bis das Objektiv auf der eigenen Kamera einwandfreie Bilder abliefert und zwar bei jeder Brennweite. Die Justage der Kamera selbst wird hierbei dann nicht mehr verändert.
Methode 2:
Objektiv wird lediglich auf die Referenzkamera einjustiert, dabei entfällt der lästige Objektivwechsel von der eigenen Kamera auf die Referenzkamera. Diese Methode macht überhaupt nur Sinn, wenn die eigene Kamera vorher schon einmal justiert wurde wie oben beschrieben. Dennoch können sich bei Verwendung des so justierten Objektivs auf der eigenen Kamera andere Fukusbilder bedingt durch Addition bzw Subtraktion von Messtoleranzen ergeben, da Objektiv und eigene Kamera bei der Justage keine Einheit mehr bilden. Das wird bei Methode 1 ausgeschlossen.
Was mich sehr verblüfft hat, war die Demonstration des Fokustests bei unterschiedlichem Licht. Während bei Hallogenlicht der Fokus noch um ca. 5mm bei 200mm Brennweite zu korrigieren war, stimmte dieser bereits bei Neonlicht. Dies ist wohl darin begründet, dass im Halogenlicht ein erheblich höherer Infrarotanteil ist, den der AF zur Einstellung dringend benötigt.
Auf meine Frage, warum Canon ihre Kameras und ihre Objektive nicht gleich gescheit justiert, erfuhr ich, dass bei Canon wohl schon justiert werde, dies aber eher als Grobjustage zu bezeichnen ist. Oben beschriebene Methoden der Justage, insbesondere Methode 1, ist eher als Feinjustage zu bezeichnen.
Auf meine Frage, ob es Sinn macht ein Kamera-Objektiv-Kit zu nehmen, in der Hoffnung, dass Kamera und Objektiv/e dann besser aufeinander abgestimmt wären, erfuhr ich, dass es egal sei ob man Objektiv/e einzeln oder im Kit mit einer Kamera kaufe - man würde immer nur "grob" justierte Teile erhalten. Wer sich dabei auf etwas Glück verlässt, ist glaube ich in der Regel angeschmiert.
An die Justagefetischisten möchte ich noch folgendes mitgeben: Stellt euch einfach mal vor, wie der USM in einem AF-Objektiv bei Fokusierung auf die korrekte Entfernung entsprechend den Gesetzen der Physik beschleunigen und so vor dem AF-Punkt verzögern muss, dass er unter Berücksichtigung von Reibung im Objektiv, Temperaturausdehnung, Spiel usw. genau auf dem AF-Punkt zum stehen kommen muss! Wer glaubt, dass würde eimal einjustiert dann sebstverständlich auch bei jedem anderen Zustand und zu jedem Zeitpunkt zu 100% funktionieren ist glaube ich schief gewickelt.
Aus diesem Grunde denke ich, dass die Feinjustage zwar dringend erforderlich ist, jedoch auch nur eine Momentaufnahme der Gegebenheiten darstellt, die nicht auf alle Zustände (Temperatur, Licht, Reibung, altersbedingte Abnutzung usw.) übertragbar ist.
Gruß Harald