Bislang habe ich kein Einbeinstativ - interessant fände ich aber, eines zu haben, wenn man damit die folgende Aufgabe meistern kann: Man ist unterwegs auf einem Städtetrip und entweder weil man (a) keine Lust hat, den ganzen Tag ein großes Dreibein mit sich herumzutragen, oder weil es (b) dort verboten ist, ein Stativ zu verwenden, kann man in einer ziemlich dunklen Kirche kein Dreibein für eine Innenaufnahme verwenden. Aber ein leichtes, kompaktes Einbein könnte man ja problemlos mit sich herumtragen und könnte es evtl. auch für eine Aufnahme in einer Kirche schmuggeln.
Was ich mir jetzt aber nicht vorstellen kann, ist, mit einem Einbein in einer solchen Situation eine Langzeitaufnahme von evtl. zwei oder drei Sekunden zu machen oder gar eine Belichtungsreihe für ein HDR. Machen Sie sowas auch mit 'nem Einbein - also: Geht das? Wenn ja: Wie? Ich kann's mir nämlich nicht recht vorstellen.
Ach, weil ich nicht in den Verdacht geraten will, den Thread eines Moderators zu kidnappen: Vielleicht könnten Sie ja in einem separaten Thread "Tipps und Tricks zum Gebrauch eines Einbeins" geben?
Moderator Riesbeck hat als Threadersteller selbstverständlich Vorfahrt, klar!
Darf ich ?
Also, in der besagten dunklen Kirche lehne ich das Einbein an eine Kirchenbank an und kann dann beliebig lange belichten. Als kniend betender Besucher merkt niemand, dass ich fotografiere... Anlehnen am besten am oberen Ende des Stativs, etwa am Kugelkopf. Auslösen selbstverständlich nach Spiegelvorauslösung und mit elektrischem Fernauslöser.
Für kürzere Brennweiten reicht sogar die Kniebank als Anlehnpunkt! Auch Borsteinkanten habe ich schon dafür "missbraucht". Man glaubt kaum, welch niedrige und unscheinbare Anlehnpunkte für ein Einbein taugen!
Ich habe allerdings in einer aktiven Klosterkirche, in der das Fotografieren verboten war, nicht ein Einbein, sondern ein Tischstativ unter dem Mantel an die Kamera montiert und in einem von den Patres unbeobachteten Moment blitzschnell auf die Besucherbank gestellt und abgedrückt...
Als Anlehnpunkte eignen sich genauso Mauerecken und Kerzenständer oder die steinerne Kommunionbank. Ebenso Orgelemporen oder das Treppengeländer zur Orgel hinauf. All das habe ich bereits gemacht, sogar mit Telebrennweiten bis über 400 mm. Sehr praktisch ist dabei ein Winkelsucher, falls die Kamera an einer Wand angelehnt wird, aber auch zum exakten Fokussieren mit der 2x-Lupe (ich habe keinen AF!).
Solche Sachen funktionieren auch in sehr dunklen Kreuzgängen oder Unterkirchen. Da sollte man immer eine starke LED-Taschenlampe zum Fokussieren dabei haben. Ebenso für sehr dunkle Kirchengemälde. Unter meinen drei LED-Lampen von LedLenser, HokusFokus und Lohenstein ist die Lohenstein am stärksten.
Wenn das Stativ auf einem Holzboden steht, darf man sich während der Belichtung nicht bewegen. Denn der Boden bewegt sich garantiert und lässt die Langzeitbelichtung verwackelt werden. Es darf auch niemand ans Geländer fassen oder sich auf die Anlehnbank setzen. Im Museum muss ich fast jedesmal Kinder anhalten, das Geländer mal einen kurzen Moment nicht zu berühren.
In dunklen Museen und nächtlichen Cafes schnappe ich auch mal einen umstehenden Stuhl und lehne das Einbein in Höhe der Rückenlehne an. Überhaupt sind lose und feste Stühle drinnen wie draußen beste Anlehnpunkte! In einer großen Neubauhalle für Messen und Aufführungen gab es nichts besseres als das neue ansteigende Gestühl! Ganz oben zwischen zwei Plätzen das Einbein an den (Rücken-)Lehnen eingeklemmt kann man ganz toll fotografieren. Das Geiche bei einer Freilichtribüne ganz oben mit 400 mm... Damit habe ich in Südfrankreich Stierkämpfe fotografiert, ohne die Nachbarn im Geringsten zu stören!
Das funktioniert sogar während der Aufführung! Das Einbein einfach mit in die Sitzplatzreihe nehmen! Den Nachbarn stört es nicht, der Vordermann merkt es nicht!
Ich habe es mir zur Angewohnheit gemacht, während einer Langzeitbelichtung den Atem anzuhalten und nicht zu bewegen. Das zahlt sich besonders dann aus, wenn man noch irgendwie in mechanischer Berührung mit dem Equipment ist. Gerade Telebrennweiten quittieren die geringsten Bewegungen mit Verwacklungsunschärfen.
In meinen wirklich jahrelangen, jahrzehntelangen, Bemühungen um scharfe, unverwackelte Aufnahmen bei Langzeitbelichtungen mit Einbeinstativen habe ich noch nie ein Dreibein vermisst! Selbst ohne Zooms, nur mit Festbrennweiten, findet man immer Anlehnpunkte für die gewünschte Perspektive. Dabei darf man ruhig auch mal improvisieren und sich eben mal eine Cafestuhl ausleihen (und wieder zurückstellen). So eines Nachts mit dem Einbein auf dem Goslarer Marktplatz...
