Genau das ist es, was ich meine: Auf alten Portraits wirken die Leute oft ernst, emotionslos und angespannt. Das ist/war wohl eben nicht immer authentisch.
Gefällt mir kein bisschen besser, als die erzwungenen "cheese!"-Portraits.
Das mag sicher für eine Vielzahl von alten Bildern gelten, aber bitte wie sieht man denn deiner Meinung nach zur Kriegs-Weihnacht 1940 authentisch aus? Wie etwa, wenn man - wie mein Opa - bereits im Ersten Weltkrieg war und verwundet wurde? Oder wenn man gerade gute Freunde, nur weil sie Juden waren, verloren hatte, die erst nach Belgien, dann nach Südafrika geflohen sind?
Du irrst!
Bei (ziemlich unhandlichen) Plattenkameras auf dem Stativ stand der Fotograf nicht hinter dem Objektiv, sondern meist neben der Kamera. Nur ganz zu Beginn verschwand der Fotograf hinter dem Tuch, um auf der Mattscheibe scharfzustellen und wechselte danach mit dem Balgauslöser neben die Kamera. Und die portraitierten Personen sahen eher zum Fotografen als zum Objektiv der Kamera. Was heute auf dich, der du hauptsächlich DSLR- bzw. DSLM-Fotografie kennst, als "nicht auf den Fotografen blicken" deutest.
Ja okay, sicher stand der Fotograf nicht hinter der Kamera. Vielleicht habe ich mich ungeschickt ausgedrückt, aber auch schon 1940 hätte ein Fotograf dafür sorgen können, wo die Leute hingucken. So viele Blicke seitwärts, die ich gescannt habe, lassen mich schließen: Man guckte wohl nicht zum "Betrachter". Dass die Portraitierten in die Kamera gucken, hätte der Fotograf genauso inszenieren können, aber es scheint nicht gewollt oder gewünscht oder Stil des Fotografenstudios gewesen zu sein. Außerdem finde ich es gar nicht sicher, dass sie auf dem Weihnachtsfoto zum Fotografen gucken. Meine Oma scheint wirklich etwas oder jemanden anzugucken, aber der Blick meines Großvaters geht viel eher ins Leere, bei Mama bin ich nicht sicher.
Bereits als 2-Jährige guckt meine Mutter zur Seite:
Auch in den 50-er Jahren war das noch so, hier die Kusine meiner Mutter, Hollywood-Studio-Style-like, aber Blick wiederum nach rechts (vom Betrachter aus gesehen) aus dem Bild heraus:
Das ging aber auch anders: Hier zwei Portraits des Opas, einmal von ca. 1920, förmlich-feierlich, ernst, aus dem Studio, aber mit Blick zum Betrachter, und von ca. 1930 eine Privataufnahme, komplett ungezwungen:
